Reisen wird in Deutschland zunehmend zu einem Luxusgut. In den letzten fünf Jahren stiegen die Preise für Inlandsflüge um bis zu 30 Prozent. Und der Staat verdient kräftig mit. Seit 2020 haben sich die Kostenanteile für die Luftverkehrssteuer, Flugsicherungsgebühren und Flugverkehrsabgaben nahezu verdoppelt. Auch bei den CO2-Steuern zahlen Fluggesellschaften Jahr für Jahr im Namen des Klimaschutzes einen höheren Anteil, den sie an die Kunden weiterreichen müssen. Gleichzeitig erschwert eine zunehmende Regulierung des Flughafenbetriebs die Planbarkeit für die Airlines. Die Attraktivität deutscher Flughäfen als Standorte für neue Routen und Investitionen nimmt dadurch spürbar ab. Die Zeit des Wachstums mit interessanten Regionalstandorten scheint Geschichte.

Nun schlägt die Verkehrsministerkonferenz der Länder Alarm. Die exorbitanten Kostensteigerungen setzen vor allem die regionalen Flughafenstandorte wirtschaftlich unter Druck. Zwar verzeichneten die deutschen Flughäfen zuletzt eine leichte Erholung beim Passagieraufkommen – im Jahr 2024 zählten die Hauptverkehrsflughäfen rund 199,5 Millionen Fluggäste, ein Plus von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch liegt das Aufkommen weiterhin um 12 Prozent unter dem Rekordjahr 2019 vor der Corona-Krise.

Besonders dramatisch zeigt sich die Entwicklung bei den Inlandsflügen: Hier beträgt das Minus gegenüber 2019 sogar rund 48,5 Prozent. Damit droht eine nachhaltige Schwächung der innerdeutschen Anbindungen – mit gravierenden Folgen für Wirtschaft, Mittelstand und ländliche Regionen. Standorte wie Weeze, Frankfurt-Hahn oder Baden-Baden sind fest in die regionale Wirtschaftsstruktur integriert.

Die Verkehrsminister der Länder fordern angesichts dieser, vor allem für die Regionalflughäfen dramatisch schlechten Zahlen, entschlossene Maßnahmen von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). Sie sehen die massiv gestiegenen staatlichen Abgaben und Gebühren als Hauptgrund für die nicht endende Krise des Luftverkehrsstandorts Deutschland.

Die Warnung aus den Landeshauptstädten ist deutlich: Ohne einen spürbaren Kurswechsel drohen den Flughäfen weitere Streckenstreichungen und der Verlust zahlreicher Jobs. Nur durch wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen und einen Abbau überbordender Abgaben ließe sich die Anbindung ganzer Regionen an das Flugstreckennetz sichern, so die Ministerkonferenz in ihrer Stellungnahme.

Forderungskatalog der Verkehrsminister

Die Forderungen der Verkehrsminister sehen im Einzelnen vor, die von staatlichen Stellen verursachten Standortkosten für Airlines drastisch zu senken, um die Krise an den deutschen Flughäfen zu entschärfen. Im Zentrum der Handlungsvorschläge steht die Abschaffung der Luftverkehrssteuer, die seit Mai 2024 erneut um rund 25 Prozent gestiegen war und mittlerweile zusammen mit weiteren Abgaben bei einem typischen Mittelstreckenflug einen durchschnittlichen Ticketpreis um rund 30 Euro verteuert. Dies belastet nicht nur Reisende, sondern führt auch dazu, dass Airlines innerdeutsche Verbindungen zugunsten profitabler Auslandsrouten streichen.

Weitere Forderungen der Verkehrsminister betreffen den Abbau von Bürokratie und die Schaffung verlässlicher, wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen für die Standorte. Eine Rücknahme geplanter Gebührenerhöhungen, insbesondere bei Luftsicherheits- und Flugsicherungsgebühren, sowie eine Entlastung von nationalen Alleingängen wie der Beimischungsquote für alternative Kraftstoffe stehen gleichermaßen auf der Wunschliste der Minister.

Ziel ist es, die Attraktivität deutscher Flughäfen im internationalen Vergleich wiederherzustellen und die Standortkosten auf ein konkurrenzfähiges Niveau zu senken. Nur so lassen sich Streckenstreichungen und der Verlust wichtiger Verbindungen nachhaltig verhindern. Darüber hinaus fordern die Ländervertreter eine stärkere Berücksichtigung der Luftfahrt in der nationalen Standortstrategie.

Airlines auf dem Rückzug

Die Folgen der restriktiven und fiskalisch teuren Luftfahrtpolitik sind allerorten deutlich sichtbar: Laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sind bis zu 60.000 Arbeitsplätze in der deutschen Luftfahrtbranche akut bedroht. 

Besonders betroffen sind Flughäfen in strukturschwachen Regionen, wo der Rückzug von Billigfluggesellschaften wie Ryanair immer größere Lücken hinterlässt. Ryanair hat sich in den letzten Monaten aus mehreren deutschen Städten, darunter Leipzig, Dresden und Dortmund, zurückgezogen – ein Schritt, der zur Streichung von 22 Strecken und einer Kürzung des Sitzplatzangebots um 1,8 Millionen Plätze führte.

In vielen Fällen entfällt damit die einzige Direktverbindung zu bedeutenden Wirtschaftszentren, was die Erreichbarkeit ganzer Regionen empfindlich einschränkt. Für Unternehmen, Pendler und Touristen bedeutet dies längere Reisezeiten, höhere Kosten und eine sinkende Standortattraktivität. Ohne politische Kurskorrektur droht die Gefahr, dass der Luftverkehr in Deutschland zunehmend zur Frage des Wohnorts wird – mit klaren Nachteilen für den ländlichen Raum.





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Von Veritatis

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