Der Prozess gegen Manager des Unternehmens könnte demnächst eingestellt werden, nachdem er lange verschleppt wurde. Begründung: Die Taten sind mittlerweile verjährt


Ein kolumbianischer Plantagenarbeiter bereitet den Transport von Bananenstauden vor

Foto: Jan Sochor/dpa


Wieviel Blut klebt an unserer Frühstücks-Banane? So fragte im Vorjahr der Journalist Ignacio Gómez in der New York Times. Seit mehr als 25 Jahren verfolgt er, wie Chiquita in Kolumbien Paramilitärs unter die Arme greift. Die rechten Todesschwadronen haben Hunderte von Gewerkschaftern und Kleinbauern ermordet, und der multinationale Konzern ist verstrickt. In den USA ist er verurteilt worden, in Kolumbien bisher straffrei geblieben.

Chiquita, das ist die Banane mit dem Mädchen auf dem blauen Label. Die Gesellschaft verbucht einen Jahresumsatz von gut drei Milliarden Dollar, sie wurde 1899 als United Fruit Company gegründet und sorgte für das Phänomen der „Bananen-Republiken“, womit kleine Staaten in Mittelamerika gemeint waren, die der Mach

waren, die der Macht der Multis nichts groß entgegensetzen konnten. War es in Kolumbien anders?Die Fakten sind bekannt und werden von Chiquita nicht bestritten. Man hat zwischen 1997 und 2004 an die paramilitärische AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) 1,7 Millionen US-Dollar gezahlt. Das Unternehmen behauptet, dazu erpresst worden zu sein. Belege dafür finden sich nicht. Einiges spricht dafür, dass Chiquita sogar die illegale Einfuhr von Waffen für die „Paras“ nach Kolumbien über eigene Hafenanlagen erlaubte. Die rechten Milizen haben im Gegenzug das getan, was von ihnen erwartet wurde: Kleinbauern von ihrem Land vertrieben, um mehr Platz für Bananenhaine zu haben, oder Gewerkschafter ermordet, damit die Gewinne bei Chiquita stimmten. 2003 galt die Chiquita-Niederlassung in Kolumbien als die profitabelste weltweit.Der 29-jährige Elkin de Jesús Escobar war in der Gewerkschaft Sintrainagro aktiv und in den Augen der Paramilitärs ein „Guerillero“. Auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz hielten Bewaffnete am 22. April 2004 den Bus an und verlangten von allen Insassen, sie sollten aussteigen. Elkin ahnte, was kommen sollte, und versuchte, in eine Bananenplantage zu flüchten. Die tödlichen Schüsse trafen ihn von hinten.In den USA wurde Chiquita erstmals 2007 verurteilt, da das Unternehmen mit den AUC eine Gruppe unterstützt hatte, die auf der „Terrorliste“ der US-Regierung stand. Danach wurden weitere Prozesse in Nordamerika und Kolumbien gegen Chiquita angestrengt, doch die Mühlen der Justiz mahlten extrem langsam. Es dauerte bis Juni 2024, ehe ein Gericht in Florida den Konzern zu einer Entschädigung von 38 Millionen Dollar an acht hinterbliebene Angehörige von Ermordeten verurteilte. Weitere Familien suchten den Klageweg, nachdem Chiquitas Berufung scheiterte.„Warum konnte die US-Justiz gerichtsfest feststellen, dass Chiquita Brands den Paramilitarismus in der Region Urabá finanziert hat?“, fragte im Vorjahr Kolumbiens linker Präsident Gustavo Petro auf X. „Warum konnte unsere Justiz das nicht?“ Eine berechtigte Frage, die die Bewegung in einen lokalen Gerichtsprozess gebracht hat, der seit 2008 (!) läuft. „Im Februar hat ein Gericht in Medellín endlich die Finanzierung paramilitärischer Banden durch Chiquita und lokale Bananenproduzenten bestätigt“, so Carlos Andrés Zapata, Leiter des Volksbildungsinstituts IPC. „Es ist ein Skandal, dass die Verantwortlichen straffrei bleiben – eine Verhöhnung der Opfer.“ Zu erklären ist das mit der Nähe von Paramilitärs zur kolumbianischen Politik.„Man weiß genau, dass sich im April 1997 AUC-Chef Carlos Castaño in Medellín mit Vertretern der Bananenindustrie getroffen und deren finanziellen Beistand vereinbart hat“, empört sich Gerardo Vega, Rechtsanwalt der Stiftung Forjando Futuros. Alle Fakten dazu wurden von einer kolumbianischen Wahrheitskommission detailliert aufgearbeitet. Drei Cent erhielten die Paras fortan für jeden exportierten Bananen-Karton, nicht nur von Chiquita. Das Geld wurde über eine halbstaatliche paramilitärische Gruppe, die Convivir, an die AUC weitergeleitet. Die Bananenunternehmer konnten diese Ausgaben sogar von der Steuer absetzen. Bekanntester Förderer von Convivir war der damalige Provinzgouverneur: Álvaro Uribe Vélez – von 2002 bis 2010 Präsident Kolumbiens.Die großen Bananenproduzenten, deren Manager seit Jahren vor Gericht stehen, bestimmten nicht nur das Geschäft. Sie unterstützten Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Medellín, den Posten des zuständigen Gouverneurs und das Parlament in Bogotá. Kürzlich erfolgte die Grundsteinlegung für einen Hochseehafen in Urabá. Unter den Aktionären des 770-Millionen-Dollar-Projekts sind mit Uniban, Banafrut und CI Tropical drei Exportfirmen, deren ehemalige Manager wegen der Finanzierung von Paramilitärs angeklagt sind.Noch 2020 sprach der gewerkschaftliche Dachverband CUT von einem „Genozid an der Gewerkschaftsbewegung“, wofür auch Chiquita Verantwortung trage. Seitdem gibt es keine Stellungnahme zum Thema mehr, auch nicht von der Agrargewerkschaft Sintrainagro. Ein Grund liegt vermutlich in deren Tarifvertrag, dem einzigen branchenweiten in Lateinamerika mit dem Arbeitgeberverband Augura. Davon sind auch alle Unternehmen erfasst, die seit 2008 wegen der Finanzierung der Paramilitärs unter Anklage stehen. Insofern besteht das Risiko, dass die gerichtlich als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ deklarierten Taten in Kolumbien ungesühnt bleiben. „Die Verteidigung Chiquitas hat Dutzende Zeugen aufgeboten, deren Vernehmung lange dauern wird“, meint Sebastián Escobar von der Menschenrechtsorganisation CAJAR in Bogotá. „Vermutlich wird im September die Verjährung der Taten verkündet. Das wäre eine Schande.“Chiquita hat vor Jahren seine Niederlassung in Kolumbien verkauft, bezieht aber immer noch Bananen von dort. Nach wie vor im Geschäft ist der Bananenmulti in Costa Rica und schert sich wenig um die dortigen Arbeitsbedingungen. „Chiquita ist das Unternehmen mit den meisten Verletzungen von Arbeitsrechten“, urteilt Didier Leyton, Vorsitzender der Gewerkschaft SITRAP in dem mittelamerikanischen Staat. „Es gibt eine regelrechte Kampagne von Chiquita gegen die Gewerkschaften, sie lassen uns nicht in die Betriebe und lehnen jedes Treffen ab.“



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Von Veritatis

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