Mit Fritten gegen Freibad-Gewalt: Nordrhein-Westfalen hat eine neue Idee, um die wachsende Zahl an Übergriffen, Beleidigungen und Belästigungen in deutschen Schwimmbädern einzudämmen – Pommes gratis für gutes Benehmen. Kein Aprilscherz, sondern eine offizielle Kampagne mit dem Titel „Respekt-Pommes“, vorgestellt vom Landeskriminalamt und gefördert vom Innenministerium.
Jugendliche, die sich vorbildlich verhalten – etwa indem sie andere ausreden lassen, niemanden schubsen oder dem Bademeister zuhören –, sollen mit einer Tüte Pommes belohnt werden. „Wir setzen auf positive Verstärkung“, heißt es in der begleitenden Pressemitteilung. Partner der Aktion: ein Imbisswagen namens „Pommes Kurve“.
Der Ort des Geschehens ist kein Zufall: Das Pilotprojekt startet ausgerechnet in Düsseldorf – der Stadt, in der es laut Polizei im Sommer 2022 fast jedes Wochenende zu Polizeieinsätzen in Freibädern kam. Die Täter: überwiegend männlich, häufig jung, oft mit Migrationshintergrund. Die Opfer: Bademeister, Badegäste, Familien.
Doch statt über Ursachen zu reden, über Integrationsversagen, Parallelwelten oder kulturelle Konflikte – versucht man es jetzt mit Belohnung. Nach dem Prinzip: Wer sich benimmt, bekommt Fritten.
Innenminister Herbert Reul (CDU), der sich gerne öffentlich als Law-and-Order-Mann inszeniert, verteidigt die Aktion. Sie sei „ein Versuch, mit kreativen Ansätzen junge Menschen für ein respektvolles Miteinander zu gewinnen“. Reul nennt das „niedrigschwellige Intervention“. Kritiker sprechen eher von Ratlosigkeit im Schlemmermantel.
Denn was hier als origineller Ansatz verkauft wird, ist in Wahrheit ein Hilferuf. Ein Staat, der sich nicht mehr traut, klar zu sanktionieren – sondern stattdessen auf Kulinarik als Erziehungsmittel setzt. Ein Staat, der lieber belohnt als bestraft, um niemandem auf die Füße zu treten. Der lieber Pommes verteilt, als Probleme beim Namen zu nennen.
Natürlich wird betont, die Aktion sei kein Ersatz für Polizeipräsenz oder Hausverbote. Doch genau das ist sie de facto: ein Versuch, Gewalt zu „verstehen“, statt ihr entschieden entgegenzutreten. Und das in einer Zeit, in der Freibäder längst zu Brennpunkten geworden sind – nicht nur in Düsseldorf, sondern bundesweit: Tumulte in Berliner Sommerbädern gehören zum Alltag wie früher die Berliner Weiße, Massenschlägereien mit Angriffen auf Bademeister sind in Gelsenkirchen fast schon Tradition wie die Misserfolge von Schalke, und in Dortmund mischten sich Übergriffe und Pfefferspray unter das Planschvergnügen. Die Liste ließe sich lange fortsetzen, doch ich will Ihnen nicht die Freude am Sommer verderben.
Gleichzeitig spricht kaum ein Medium offen über die Hintergründe. In den Polizeiberichten ist oft nur von „Jugendgruppen“ die Rede, Täterbeschreibungen verschwinden aus Rücksicht – oder aus Angst. Und wer es wagt, das Thema anzusprechen, gilt schnell als Hetzer.
Die „Respekt-Pommes“ sind also nicht nur ein skurriles PR-Projekt – sie sind ein Symbol. Für einen Umgang mit der Realität, der sich in Euphemismen und Eventpädagogik flüchtet. Für eine Gesellschaft, die sich an Symptomen abarbeitet, weil sie die Ursachen nicht mehr zu benennen wagt.
Und für einen Staat, der das Gewaltmonopol nicht mehr verteidigt, sondern kompensiert. Mit Alibi-Aktionen, Zuckerbrot – und Fritten.
Denn wenn der Staat zum Streetworker im Schwimmbad wird, wenn der Respekt mit Fritten zurückgekauft werden soll – dann ist das keine Deeskalation. Dann ist das Selbstaufgabe. Mit Mayo.
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