Machen wir uns nichts vor – mit dieser Floskel begann Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) ihren Auftritt auf der Digitalkonferenz „re:publica“. Und kündigte im selben Atemzug an, dass es ohne staatliche Regulierung der digitalen Öffentlichkeit nicht mehr gehe, „wenn wir unser liberales, demokratisches System retten wollen“. Ein Satz wie ein Schauder. Nicht wegen seiner Wortwahl. Sondern wegen der Denkrichtung, die er offenbart. Und der Leichtigkeit, mit der das heute in Deutschland gesagt – und beklatscht – werden kann.
Prien, CDU-Ministerin wohlgemerkt, spricht von Rettung und Regulierung wie eine linke Kulturpolitikerin aus dem rot-grünen Milieu. Kein Wunder: Sie war schon immer mehr Feuilleton-Favoritin als Konservative. Eine progressive Kraft, wie es so schön heißt, mit Talkshow-Affinität und Merkel-Verbundenheit. In Schleswig-Holstein hat sie als Bildungsministerin den Schulversuch zum Gendern eingeführt. Jetzt also der nächste Schritt: die große Umerziehung der digitalen Öffentlichkeit.
Dass ausgerechnet sie zur Ministerin auf Bundesebene gemacht wurde – und zwar von Friedrich Merz –, sagt mehr über die CDU als jeder Parteitagsbeschluss. Wer wie Merz solche Personalien verantwortet, braucht sich nicht zu wundern, wenn die letzten Konservativen in der Union die Flucht ergreifen. Prien ist keine Ausnahme. Sie ist das neue Normal: Merkel in glattgebügelt, links gestrickt, koalitionsfähig bis zur Selbstaufgabe.
Und so passt ihre Botschaft perfekt in die politische Großwetterlage: Der Staat weiß, was gut für dich ist. Er schützt die Demokratie – gegen dich, wenn nötig. Er definiert, was Debatte ist. Und was Desinformation. Was erlaubt ist. Und was nicht mehr toleriert werden kann. Natürlich alles nur im Namen der Freiheit.
Die CDU redet von Liberalismus, während sie die autoritären Fantasien von Rot-Grün weiter betreibt. Prien ist dafür die ideale Verpackung: verbindlich, freundlich, gebildet. Aber was sie sagt, ist brandgefährlich. Denn wer das freie Wort unter Kuratel stellt, weil er die Demokratie bewahren will, der hat sie schon verraten. Die liberale Demokratie lebt nicht trotz, sondern wegen unbequemer, falscher, ja sogar gefährlicher Meinungen. Das ist ihr Wesen – und ihre Zumutung. Wer das nicht aushält, sollte nicht in Ministerämtern sitzen, sondern besser in der Moderation einer Parteiversammlung.
Wolfgang Kubicki hat es auf den Punkt gebracht: „Wem zur Rettung der liberalen Demokratie zuerst die Instrumente von Autokraten einfallen, hat sich auf dem Weg zur Rettung der Demokratie schon verlaufen.“ Prien ist diesen Weg nicht nur gegangen. Sie hat ihn freundlich ausgeschildert.
Dass sie das auf der „re:publica“ sagen konnte, ohne Widerspruch, ist fast das Verstörendste an der Szene. Dort, wo einst Netzfreiheit, Meinungsvielfalt und Graswurzel-Journalismus gefeiert wurden, stehen heute Ministerinnen auf der Bühne und fordern staatliche Eingriffe – und niemand ruft: Moment mal. Was ist aus euch geworden?
Vielleicht ist das die eigentliche Pointe dieser Entwicklung: Die autoritäre Versuchung kommt nicht mit Uniform und Megafon. Sondern mit PowerPoint und Gleichstellungspolitik. Und manchmal mit einem CDU-Parteibuch.
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