Der „Investitions-Booster“ des Finanzministers belebt einen Mythos wieder: Niedrige Steuersätze kurbeln die Konjunktur an. Dieser Ansatz hat schon 2001 nicht funktioniert. Aber Klingbeil wird noch aus drei anderen Gründen scheitern


Der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hält an einer alten Illusion fest

Foto: IMAGO / photothek


Dem Doppel-Wumms der gescheiterten Ampel-Koalition folgt durch die Schwarz-Rote-Regierung der radikale Wechsel zum steuerpolitischen Investitionsbooster. Ab dem 1. Juli können bis Ende 2027 die Unternehmen, die nicht in Grund, Boden und Gebäude, sondern in die betrieblichen Produktionsanlagen investieren, die Steuer auf ihre Gewinne über Abschreibungen bis zu 30 Prozent ab dem 1. Juli bis Ende 2027 reduzieren. So will es der erste Gesetzesentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD).

Diese Steuerentlastung für Unternehmen in der Gewinnzone soll ab 2028 durch eine in fünf Schritten geplante Senkung der Steuersätze auf Kapitalgesellschaften von derzeit 15 Prozent auf zehn Prozent vollendet werden. Auch die Gewinne, die im Betrieb für Sachinvestitionen ble

n der Gewinnzone soll ab 2028 durch eine in fünf Schritten geplante Senkung der Steuersätze auf Kapitalgesellschaften von derzeit 15 Prozent auf zehn Prozent vollendet werden. Auch die Gewinne, die im Betrieb für Sachinvestitionen bleiben, werden laut Gesetzentwurf in drei Schritten von 28,5 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. Schließlich gibt es für Betriebe, die Elektroautos anschaffen, einen Sonderbonus per Abschreibungen allein im ersten Jahr mit 75 Prozent der Anschaffungskosten. Diese Hau-Ruck-Bundesregierung glaubt im Streit um das, was gegen die „strukturelle Wachstumsschwäche“ (Friedrich Merz) zu tun ist, eine Lösung gefunden zu haben: Die Steuern der Unternehmen seien zu hoch und deshalb die Investitionsrendite zu niedrig. Doch wird der „Investitions-Booster“ von Klingbeil daran etwas ändern?2001 blieb mit derselben Wirtschaftspolitik der wirtschaftliche Aufschwung ausWiederbelebt wird der Steuermythos: Niedrige Steuersätze für Unternehmen erhöhen über ausgelöste Investitionen und damit steigendes Wirtschaftswachstum die Einnahmen in den staatlichen Kassen. Die Rede ist von Selbstfinanzierung dieser Steuersenkungspolitik für Unternehmen. Ein Blick auf die Erfahrungen mit dieser Steuerillusion hätte die Bundesregierung eines Besseren belehrt. Schon einmal ist mit einer gleichgerichteten Unternehmenssteuersenkung ab 2001 Deutschland der wirtschaftliche Aufschwung ausgeblieben. Die Folge waren eine fiskalische Haushaltsnotlage und schließlich steigende Staatsschulden. Über die Risiken dieses „Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm“ muss bei der Suche nach einem Konzept für eine zukunftsstärkende Wirtschaft im ökologischen Umbau gestritten werden. Dabei stehen folgende drei Risiken im Vordergrund: Übersehen wird oft: Von den Sonderabschreibungen mit 30 Prozent profitieren nur die Unternehmen, die auch Gewinne erzielen und damit durch Abschreibungen diese netto erhöhen können. Gerade die vielen Unternehmen, die sich derzeit unverschuldet wegen der Mehrfachkrise in der Verlustzone bewegen, profitieren nicht von diesem Steuervorteil. Ihnen wird mit dem geplanten Sofortprogramm nicht geholfen. Darüber hinaus ist diese Abschreibungspolitik in der mittleren Frist riskant. Wer heute mehr an Anschaffungskosten abschreibt, der kann in späteren Jahren nur noch weniger für die Steuersenkung beanspruchen. Sollte der Investitionsbooster nicht wirken, wird der Steuervorteil in der nachfolgenden Phase wirtschaftlicher Wachstumsschwäche praktisch verschwinden. Im Gegensatz zur Behauptung von zu hohen Unternehmenssteuern wird die Wirtschaft unter dem Regime der Mehrfachkrise belastet.Unternehmen fehlt planbare Nachfrage in der Binnen- und Exportwirtschaft. Die Exportwirtschaft leidet derzeit weniger an einer zu hohen Steuerlast als unter den Risiken des wachsenden Protektionismus nicht nur in den USA. Insbesondere die energieintensive Wirtschaft ächzt unter den im internationalen Vergleich sehr hohen Energiepreisen. Auch sorgt die neue Bundesregierung bei den Großprojekten für die ökologische Transformation mit ihrer Politik des erkennbaren Stillstands für eine gefährliche Planungsunsicherheit. Die Steuerausfälle bis 2029 belaufen sich auf schlappe 46 Milliarden Euro Die fiskalischen Risiken dieser Steuerpolitik sind über ihre Beteiligung an den gesamten Steuern für den Bund, die Länder und die Gemeinden kaum beherrschbar. Im Entwurf zum Gesetz werden die Steuerausfälle bis 2029 auf 46 Milliarden Euro hochgerechnet. Der Widerstand der Länder zusammen mit den Kommunen ist vorprogrammiert. Die Wirtschaft braucht jetzt ein Sofortprogramm für öffentliche Investitionen mit flankierenden Maßnahmen. Dazu steht das über Kredite zu finanzierende „Sondervermögen Infrastruktur“ mit insgesamt 500 Milliarden Euro prinzipiell zur Verfügung. Deshalb muss das erforderliche Umsetzungsgesetz mit Vorrang verabschiedet werden. Darüber hinaus sollten auch die Investitionsprojekte, die bisher nur noch an der Finanzierung gescheitert sind, umgesetzt werden. Hinzukommen müssen speziell gezielte Sofortmaßnahmen etwa für die energieintensive Industrie sowie ein Klimageld vor allem für die durch den ökologischen Umbau belasteten einkommensschwachen Haushalte.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert