Ein kritischer Blick auf die Instrumentalisierung von Kriegen und die Entwertung menschlichen Leids durch mediale Voreingenommenheit: Die einseitige Propaganda und teilweise sogar unverhohlene Kriegsbegeisterung werfen ethische Fragen auf. Wo eine neutrale Berichterstattung fehlt, ist eine Aufklärung durch alternative, freie Medien unerlässlich.

Ein Kommentar von Heinz Steiner

In einer Welt, in der Bilder mehr wiegen als Tatsachen und Narrative wichtiger sind als Analysen, erscheint es fast selbstverständlich, dass Russland und Israel zu den permanenten Sündenböcken westlicher Berichterstattung geworden sind. Während ihre Handlungen pauschal verurteilt und dämonisiert werden, bleiben andere – weitaus tödlichere – Konflikte fast völlig unbeachtet. Der Westen empört sich selektiv – und opfert dabei nicht nur die Wahrheit, sondern auch das Leid unzähliger Menschen, deren Leben offenbar weniger zählt.

Wenn der Feind feststeht, wird jede Differenzierung zur Gefahr

Russland ist seit 2014 zur geopolitischen Zielscheibe westlicher Medien geworden. Die NATO-Osterweiterung, das Versagen der Minsker Abkommen und die ethnischen Spannungen im Donbass werden systematisch ausgeblendet. Der russische Einmarsch in die Ukraine wird – völlig zu Recht – kritisiert. Doch er wird zugleich isoliert betrachtet, als wäre er aus einem politischen Vakuum heraus erfolgt. Historische, kulturelle und sicherheitspolitische Kontexte gelten nichts mehr – Russland ist der Aggressor, Punkt. Das erklärt, warum westliche Waffenlieferungen als „Hilfe“ erscheinen und jede diplomatische Initiative reflexhaft als „Putin-Nähe“ gebrandmarkt wird.

Israel wiederum steht seit Jahrzehnten im Fokus emotionalisierter Kritik. Der Protest gegen zivile Opfer im Gazastreifen (wobei der Großteil der Menschen dort die Hamas-Ziele zur Auslöschung Israels offen unterstützt) weicht in vielen westlichen Medien einer antizionistischen und teilweise sogar offen antisemitischen Rhetorik, die komplexe Realitäten ignoriert. Die Existenzbedrohung durch den politischen Islam, das wiederholte Scheitern jeglicher Friedensverhandlungen aufgrund von Gewalt von Seiten der Hamas, die Instrumentalisierung palästinensischen Leids durch islamistische Gruppierungen – all das wird aus dem Diskurs gedrängt. Stattdessen gilt Israel oft als „Apartheidstaat“, während seine demokratische Struktur, seine Menschenrechte und sein Umgang mit innergesellschaftlicher Kritik kaum gewürdigt werden.

Die anderen Kriege – wo der Westen lieber wegsieht

Während Russland und Israel rund um die Uhr von Journalisten seziert werden, sterben in Syrien, Jemen, Äthiopien, Nigeria oder Sudan hunderttausende Menschen – und kaum jemand berichtet. Der jemenitische Bürgerkrieg, maßgeblich durch saudische Luftangriffe verschärft (unterstützt mit westlicher Militärtechnik), hat über 370.000 Menschen das Leben gekostet. Die UNO spricht von der größten humanitären Katastrophe der Gegenwart – doch sie findet kaum Eingang in westliche Leitmedien. Warum? Weil Saudi-Arabien ein strategischer Partner ist.

Ähnlich verhält es sich mit Äthiopien, wo im Tigray-Konflikt über 400.000 Menschen starben – viele durch systematisch herbeigeführte Hungersnöte. Oder Nigeria, wo Boko Haram seit Jahren mordet und Dörfer auslöscht. Solche Konflikte sind geopolitisch „wertlos“. Es gibt keine Sanktionsrhetorik, keine Resolutionen, keine Empörungswellen auf westlichen Titelseiten. Tote im globalen Süden zählen offenbar weniger. In den Redaktionen der Mainstreammedien interessiert man sich kaum für Afrikaner oder Araber, die andere Afrikaner oder Araber abschlachten.

Die mediale Asymmetrie der Empörung

Was zählt, ist nicht das Leid, sondern ob es sich medienwirksam verwerten lässt. In der Ukraine und in Gaza wird das Leid selektiv dargestellt, dramatisiert und oft verzerrt – nicht aus Mitgefühl, sondern aus politischem Kalkül. Im Gazastreifen steht Israel stets im Fokus, nicht jedoch die Hamas als Ursache der Eskalation. In der Ukraine geht es selten um die Zivilisten im Donbass, die jahrelang unter Beschuss standen und mit “Entrussifizierungsversuchen” konfrontiert waren – sie hatten die falschen Verbündeten.

Medien sind längst nicht mehr Beobachter, sondern Akteure. Sie definieren Freund und Feind – und die Realität wird dieser Einteilung untergeordnet. Die Begriffe „Angriffskrieg“, „Kriegsverbrechen“, „Völkerrechtsbruch“ werden nicht etwa nach neutralen Kriterien vergeben, sondern danach, ob die Betroffenen auf der „richtigen“ Seite der wertewestlichen Ordnung stehen.

Russland und Israel: Zwei Staaten, zwei Dämonisierungen

Russland ist nicht nur die Projektionsfläche westlicher Schuldabwehr, sondern auch Symbol der Angst vor einer multipolaren Weltordnung. Dass Russland sich dem Zugriff westlicher Finanzinstitutionen und geopolitischer Kontrolle entzieht, wird nicht toleriert – sondern bekämpft. Israels Umgang mit existenzieller Bedrohung wird nicht als Schutz, sondern als Aggression dargestellt. Verteidigung wird als Besatzung interpretiert, Selbstschutz als Brutalität.

In beiden Fällen wird nicht analysiert, sondern verurteilt. Der Westen braucht „Bösewichte“, um seine eigene (ohnehin marode, globalistisch pervertierte) moralische Fassade aufrechtzuerhalten. Und so erscheinen die eigenen Kriege – in Libyen, Irak, Syrien, Afghanistan – als bedauerliche, aber notwendige Einzelfälle, während jede Handlung Moskaus oder Jerusalems zur systemischen Bosheit erklärt wird.

Das gefährliche Spiel mit doppelten Standards

Diese mediale und politische Verzerrung ist nicht nur unehrlich, sondern gefährlich. Sie verhindert Lösungen. Wer Russland dämonisiert, kann keine echten Verhandlungen führen. Wer Israel desavouiert, verspielt jeden Einfluss auf eine mögliche Friedensregelung. Gleichzeitig untergräbt diese selektive Empörung die Glaubwürdigkeit westlicher Werte. Wer Menschenrechte als Waffe einsetzt, statt sie universell zu verteidigen, entwertet sie.

Die Welt leidet an vielen Stellen. Doch nur bestimmte Orte, bestimmte Völker und bestimmte Opfer erfahren Aufmerksamkeit – je nachdem, ob sie sich in das westliche Narrativ fügen. Russland und Israel sind keine Unschuldslämmer, aber sie verdienen differenzierte Betrachtung statt Dauerverurteilung. Und Millionen unsichtbarer Opfer in Afrika, Asien und dem Nahen Osten verdienen mehr als Schweigen.

Die Wahrheit beginnt da, wo Ideologie endet – doch genau dort schweigen die Mainstreammedien. Es wird Zeit, dass jemand die Stimme erhebt.



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Von Veritatis

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