Ärmel hoch und die Corona-Politik kritisch aufarbeiten?
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Der Bundesgesundheitsminister hat sich klammheimlich über RKI-Empfehlungen hinweggesetzt – um die Bevölkerung irrezuführen und in Angst zu halten. Das ist nicht ministrabel
Jetzt ist es raus. Was unbotmäßige Spatzen längst von den Dächern pfiffen, muss jetzt auch der Mainstream melden: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat gelogen. E-Mails offenbaren, dass er die Corona-Gefahr künstlich hochhielt. Anfang 2022 sollte das Corona-Risiko weiter als „sehr hoch“ eingeschätzt werden, verfügte eigenmächtig der SPD-Politiker. Obwohl das Robert-Koch-Institut (RKI) auf „hoch“ herabstufen wollte. „,Hoch‘ wurde vom BMG verwehrt“, protokollierte das RKI, eine dem BMG nachgeordnete Behörde. BMG heißt Bundesministerium für Gesundheit.
Eine ungesunde Entscheidung. Gegen die Wissenschaft, die gerade Lauterbach immer so hochhält. Gegen die Experten, als deren Oberchief er sich so gern darstellt. Während die Beamten rund um Lothar Wieler weisungsgebunden waren, hätte der Gesundheitsminister transparent mitteilen müssen: Die Risikoeinschätzung „sehr hoch“ ist auf seinem Mist gewachsen. Kann er ja machen, muss er dann halt nur sagen, anstatt die Leute an der Nase herumzuführen.
Gerade noch hat Lauterbach in Talkshows den Unschuldigen gemimt. Er sei stets für Corona-Aufarbeitung, nur wolle halt die FDP nicht. Wieder dasselbe Muster: Statt sich zu ermannen und den eigenen Anteil an Fehlverhalten offen zu kommunizieren, versteckt er sich hinter anderen. Das ging lange gut. Übermäßig kritische Fragen von Journalisten hatte er nicht zu befürchten, ist doch Lauterbach Medienliebling und ungekrönter König der Selbstdarstellung als makelloser Corona-Bekämpfer. Seine eitlen, manipulativen Reden garniert er mit so vielen „also“s und durch irgendwelche Studien als alternativlos dargestellten Einschätzungen, dass einem ganz schwindlig wird.
Karl Lauterbach wollte tausende Tote verhindern
Dass die RKI-Einschätzung „politisch nicht gewünscht“ war, liegt jetzt offen. Lauterbach wollte ein X für ein U vormachen, ohne dafür geradezustehen. Bis heute nicht. Selbstkritik findet er gut – bei anderen. Immer noch sieht er sich unbefleckt, er habe nur Tausende Tote verhindern wollen, gab es doch im Frühjahr nochmal eine „Welle“, der täglich Hunderte zum Covid-Opfer fielen. „Wenn wir in dieser Zeit auch noch die Risikobewertung heruntergestuft hätten, wären uns einige Tausend Menschen mehr gestorben“, rechtfertigt sich Lauterbach laut Süddeutscher Zeitung. Leider ist auch dies wieder reine Behauptung.
Karl Lauterbach konnte das Virus gar nicht gefährlich genug sein. Nach Herzenslust inszenierte er sich als harter Mahner, Warner und Durchgreifer. So hatte er über seine sozialmediale Anhängerschaft seine Sichtweise derart gepusht, dass er 2021, von den Medien auf Händen getragen, bis nach oben, ins Ministeramt rutschte. Um als solcher eine Impfpflicht als „einzig zuverlässigen Weg aus der Pandemie“ zu umdröhnen.
Bei „Hart aber Fair“ spielt er den nachdenklichen Besserwisser: „es hat jedem, der beteiligt war, sehr weh getan“ – also: nicht den ins Haus verbannten Schulkindern oder den um ihre Existenz bangenden Gastronomen, nein, ihm und anderen Politikern hat all das sehr, sehr weh getan. Und klar: „Niemand hat das gerne gemacht.“ War alles nur „eine kritische Abwägung“. Und die ging so: Wie stehe ich, Lauterbach, am besten in der Öffentlichkeit dar?
Tja, nicht mehr so gut. Lauterbach hat, sei es angst- oder machtgetrieben, unredlich Angst geschürt und echte Aufarbeitung verhindert. Sein Demokratie-Risiko: hoch. Der menschliche Anstand geböte, bei all den durch übertriebene Corona-Maßnahmen Geschädigten um Entschuldigung zu bitten. Der demokratische Anstand geböte, den eigenen Anteil – Amtsanmaßung, Irreführung der Bevölkerung, Manipulation von Fakten – am erodierenden Vertrauen in Regierungshandeln öffentlich zu reflektieren. Der politische Anstand schließlich geböte, endlich klaren Tisch zu machen: Karl Lauterbach sollte seinen Hut nehmen.