Ein Viertel des Weihnachtsgeschäfts verdient der Online-Einzelhandel am „Black Friday“ – und profitiert von einem psychologischen Mechanismus. Kann man dabei Geld sparen? Und wie viel verdienen die Firmen? Alle Antworten zur Rabattaktion


Am Black Friday machen die Unternehmen Jagd auf Schnäppchenjäger

Foto: Leon Neal/Getty Images


Der Black Friday verspricht VerbraucherInnen seit Jahren billige Preise. Ursprünglich kommt er aus den USA und findet am Freitag nach Thanksgiving statt. Er gilt als Start des Weihnachtsgeschäfts. Mittlerweile gibt es neben dem Black Friday auch noch den Cyber Monday und die Black Week, in der mit Rabattaktionen geworben wird. Ein wahres Fest für den Massenkonsum. Aber ist das überhaupt gut so?

Wenn die Preise niedriger sind als sonst, erweckt das allgemein den Eindruck eines „guten Deals“. Der tatsächlich ausgegebene Geldbetrag rückt dabei in den Hintergrund, der Kauf wird weniger als Verlust empfunden. Durch eine zeitliche Verknappung („nur heute sparen Sie!“) wird ein Handelsdruck erzeugt und KonsumentInnen werden zu schnelleren und u

ugt und KonsumentInnen werden zu schnelleren und unüberlegteren Käufen animiert. Der Hirnforscher und Konsumpsychologe Hans-Georg Häusel beschreibt das als Jagdtrieb, in dem das Großhirn, das für Reflexion zuständig ist, abschaltet und uns sagt: „Ich will das haben. Und vor allem: Ich will nicht, dass die anderen das kriegen.“Laut einer Prognose des Handelsverbands Deutschland (HDE) setzt der Online-Einzelhandel dieses Jahr um die Aktionstage herum circa 5,9 Milliarden Euro um, was ein Viertel des Weihnachtsgeschäfts ausmacht. Zum Vergleich: An einem normalen Tag sind es durchschnittlich zwei Milliarden Euro. Was steckt dahinter? Wie viel davon ist Bullshit? Und: Wer profitiert davon im Endeffekt am meisten?Spart man tatsächlich? Heute 20 Prozent Rabatt, morgen 15 Prozent, nur noch drei Stück auf Lager und übermorgen steht auf der Website wieder ein ganz anderer Preis. Die ganze Preistreiberei wirkt oft willkürlich und ausgedacht. Und die Wahrheit ist: Das ist sie auch. Zumindest ein bisschen.Grundsätzlich ist zu beachten, dass es einen Unterschied zwischen dem Marktpreis und der „unverbindlichen Preisempfehlung“ des Herstellers (UVP) gibt. Während sich der Marktpreis aus Angebot und Nachfrage ergibt, wird die Preisempfehlung von den Händlern selbst erhoben. Die großen Rabatte, die angepriesen werden, gehen von dem unverbindlichen Verkaufspreis des Herstellers aus, der in der Regel viel höher ist als der Marktpreis. Veranschaulicht kann man das an einem Beispiel der Stiftung Warentest sehen, bei dem ein Elektronikhändler ein Tablet für 849 Euro statt 1.339 Euro (UVP) verkauft. Also für fast 500 Euro weniger. Der Onlinepreis lag jedoch vor vier Wochen noch bei 1.016 Euro. Konkret hätte man also nur 167 Euro gespart, nicht 490 Euro.Rechtlich gesehen sind die Händler nach Paragraf 11 Preisangabenverordnung (PAngV) verpflichtet, den niedrigsten 30-Tage-Preis anzugeben, wenn sie mit einer Preisermäßigung werben. Das bedeutet, dass Händler nur mit Rabatten werben dürfen, wenn das Produkt tatsächlich preiswerter ist als in den vergangenen 30 Tagen. Ausgenommen davon sind jedoch ausgerechnet Online-Angebote. Mit anderen Worten: Für den Black Friday spielt der Paragraf so gut wie keine Rolle. Wer profitiert? Eine Studie der Unternehmensberatung Kearney zeigt, dass der Umsatz während des Black Friday sowohl bei Unternehmen, die an den Rabattaktionen teilnehmen, als auch bei Unternehmen, die nicht teilnehmen, steigt. Und obwohl die Nachfrage am Black Friday signifikant höher ist und die Umsätze teilweise um fast 200 Prozent steigen, resultiert daraus laut Studie nur ein Umsatzplus von rund sieben Prozent. Der Grund: Nachfrage und Kauflust vor und nach den Aktionen gehen deutlich zurück. Trotz alledem steht der Einzelhandel insbesondere online unter immensem Druck, insbesondere wegen Riesen wie Amazon und Ebay, die den Markt weiterhin dominieren und die erste Anlaufstelle am Black Friday bleiben.„Bei Amazon beginnt die Weihnachtssaison schon im Sommer, wenn die Eisdielen Hochkonjunktur haben“, so eine Amazon-Sprecherin gegenüber dem Freitag. „Wir planen beispielsweise die Einlagerung zusätzlicher Artikel und kümmern uns um eine vorausschauende Personalplanung, damit unsere KundInnen zu Weihnachten alle ihre Artikel schnell und zuverlässig erhalten.“ Am Black Friday und während der Vorweihnachtszeit verzeichne Amazon die Auftragsspitzen. „Deswegen dreht sich in den Amazon Logistikstandorten aktuell bereits alles um die bevorstehende Weihnachtszeit“, so die Sprecherin.Laut einer Prognose des Vergleichsportals Idealo sind die Befragten in Deutschland bereit, in diesem Jahr 317 Euro am Black Friday auszugeben, was in etwa dem Vorjahresniveau entspricht. Und obwohl das Interesse an den Aktionstagen insgesamt rückläufig ist, bleibt der Konsumrausch bestehen. Wie stark leiden Klima und Umwelt?Es ist einleuchtend: Je mehr Waren produziert und anschließend verkauft werden, desto mehr Müll fällt an. Unser Planet freut sich darüber nicht. Damit nicht genug: Auch die mit dem Konsumrausch zusammenhängenden Retouren sind ein Problem. In einer Pressemitteilung teilte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit, dass in Deutschland jedes Jahr 17 Millionen retournierte Artikel zerstört werden. „Angesichts der Klima-, Müll- und Ressourcenkrise brauchen wir einen Green Friday“, so Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. An einem solchen Tag sollten defekte Geräte günstig repariert werden. „Stattdessen werden massenhaft Produkte, insbesondere Elektrogeräte, neu gekauft, obwohl alte Geräte noch funktionieren oder leicht repariert werden könnten.“ Die DUH fordert, dass die nächste Bundesregierung die Retourenvernichtung stoppen sollte. Thomas Fischer von der DUH meinte dazu: „Es ist ein Armutszeugnis, dass Bundesumweltministerin Lemke es in ihrer Amtszeit nicht geschafft hat, eine durchsetzungsfähige Rechtsverordnung auf den Weg zu bringen“. Ob das unter einer unionsgeführten Bundesregierung besser wird, darf bezweifelt werden.



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Von Veritatis

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