In der 4.200-Einwohner-Gemeinde Waldkappel im hessischen Werra-Meißner-Kreis sorgt ein überraschender politischer Schritt für Diskussionen. Wie lokale Medien berichteten, ist der erste Stadtrat und stellvertretende Bürgermeister Lukas Gesang der AfD beigetreten. Der Beitritt soll zudem bereits vor einem halben Jahr erfolgt sein. Gesang soll jedoch niemanden im Stadtrat über diesen Schritt informiert haben.
Der zuvor parteilose 30-Jährige war 2021 als einer von sieben Stadträten über die Liste der SPD in die Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Die Sozialdemokraten, die 2006 noch über die absolute Mehrheit in der Gemeinde verfügten, blieben trotz Verlusten die stimmenstärkste Partei. Mit ebenfalls 7 Sitzen sind im Kommunalparlament noch eine überparteiliche Wählergemeinschaft (ÜWG), die CDU (6 Sitze) und Bündnis 90/Die Grünen (3 Sitze) vertreten.
Gesang hielt Information über AfD-Beitritt „bisher nicht für relevant“
Bereits der Vater des Stadtverordneten, Matthias Gesang, habe dort die Sozialdemokraten vertreten. Er sei „sozial eingestellt“, so Lukas Gesang, das sei „auch eine familiäre Prägung“. Die Entwicklungen in der Bundespolitik hätten ihn jedoch enttäuscht. Ganz besonders habe ihn irritiert, dass „die AfD noch schnell als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde“. Die Anfang Mai vom Bundesamt für Verfassungsschutz verkündete Einstufung unterliegt derzeit aufgrund eines anhängigen Gerichtsverfahrens einer Stillhaltezusage. Die Partei gilt auf Bundesebene bis zu einer Entscheidung weiterhin als Verdachtsfall.
Er sei dafür, „miteinander, nicht übereinanderzureden“. Gesang wird bereits auf der Website des AfD-Kreisverbandes Werra-Meißner auf Fotos gezeigt und namentlich genannt. Er überlege nun, bei der Kommunalwahl 2026 für die AfD zu kandidieren.
SPD spricht von „Vertrauensbruch“ – ÜWG für „fairen“ Umgang
In der SPD ist die Enttäuschung groß. Bürgermeister Frank Koch zeigt sich „entsetzt“. Fraktionschef Volker Apel spricht von einem „Vertrauensbruch gegenüber unserer Partei“. Eine weitere Zusammenarbeit sei mit Gesang künftig nicht möglich.
Hunderttausende SPD-Wähler nach rechts abgewandert – aber nur wenige Politiker
In den Jahren seit der Bundestagswahl 2013 hatte die SPD mehrere Hunderttausende Wähler an die AfD verloren. Direkte Wechsel von SPD-Politikern mit öffentlichen Ämtern zu Parteien am politisch rechten Rand sind hingegen seltener. Im Jahr 2016 trat der damalige Essener SPD-Stadtrat Guido Reil der AfD bei. Er saß für diese von 2019 bis 2024 auch im EU-Parlament.
Der bislang prominenteste Wechsel dieser Art war der Übertritt von Klaus Zeitler zu den Republikanern im Jahr 1992. Der von 1968 bis 1990 amtierende Oberbürgermeister von Würzburg wechselte zu der von Franz Schönhuber geführten Partei, die der Verfassungsschutz von 1993 bis 2006 als rechtsextremistisch eingestuft hatte. Im Jahr 2011 erklärte der vormalige SPD-Ortsbürgermeister von Krauschwitz (Sachsen-Anhalt) seine Kandidatur für die bereits seit den 1960er-Jahren als rechtsextremistisch eingestufte NPD (heute „Die Heimat“).
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