Italiens Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini hat die Verleumdungsklage von 2018 gegen Italiens Schriftsteller Roberto Saviano nicht fallen gelassen. Vor Gericht ging es um die Frage: Wann wird aus Kritik an Politikern „Rufmord“?


Matteo Salvini und sein größter Kritiker Roberto Saviano: Wer lacht zuletzt?

Collage: der Freitag; Material: imago images


Es gibt schon Sommerloch-Nachrichten aus Italiens Kulturszene: Das frühere Traumpaar des Italo-Pop zofft sich zum Beispiel gerade: Dass Al Bano den Hit Felicità am Rande eines Internationalen Wirtschaftsforums in Sankt Petersburg sang, empörte seine ehemalige Gesangspartnerin und Ex-Frau Romina Power. Sie hat sich in den sozialen Medien öffentlich von dem Auftritt distanziert. „Es scheint mir weder der richtige Ort noch die richtige Zeit zu sein, um Felicità zu singen.“

Für Roberto Saviano, Italiens Anti-Mafia-Autor, geht es um existenziellere Dinge. Er traf am Mittwoch in einem Gerichtssaal in Rom auf Matteo Salvini, Italiens Vizepremier. Ein Faccia a Faccia,das medial begleitet wurde, als handle es sich um ein Hollywood-Duell.

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traf am Mittwoch in einem Gerichtssaal in Rom auf Matteo Salvini, Italiens Vizepremier. Ein Faccia a Faccia,das medial begleitet wurde, als handle es sich um ein Hollywood-Duell. Verleumdungsklage von Salvini gegen SavianoDer charismatische Schriftsteller, der mit seinem Roman Gomorrah weltberühmt wurde, und der wohl umstrittenste Minister des Landes trafen sich vor dem Richter in Rom, es ging um die Verleumdungsklage, die Matteo Salvini, damals Innenminister und heute Vizepremier, im Jahr 2018 gegen Saviano eingereicht hatte.Matteo Salvini spielte eine zentrale Rolle in der Debatte um Flüchtlinge im Mittelmeer. Er verfolgte eine restriktive Politik gegenüber Rettungsschiffen und blockierte mehrfach das Anlegen von Schiffen mit geretteten Flüchtlingen in italienischen Häfen. Roberto Saviano kritisierte diese Politik scharf und warf Salvini vor, die Menschenwürde zu missachten. Er nannte ihn ministro della malavita – Minister der Unterwelt. Eine Formulierung, die auf den Politiker und Autor Gaetano Salvemini zurückgeht, der als Antifaschist und Liberaler versucht hatte, Mussolini einzubinden und damit zu schwächen. Was bekanntlich misslang. Salvini reagierte rabiat. Er soll gesagt haben, dass er den Polizeischutz für Saviano überprüfen lassen wolle. Saviano wird seit seinem Bestseller bis heute von der Mafia bedroht. Es folgten große internationale Solidaritäts-Kampagnen für Saviano, unter anderem von Salman Rushdie. Bis zum Tag von Salvinis Anhörung sind 7 Jahre vergangen. Salvini hatte den Termin immer wieder „aus Termingründen“ verschoben. Würde er diesmal wirklich kommen?Saviano berichtet live auf InstagramRoberto Saviano begleitete den Verhandlungstag für seine Millionen Follower auf Instagram, von der Autofahrt nach Rom bis zum Moment, als Salvini im blauen Anzug tatsächlich im Gericht erschien. Natürlich war das alles auch ein bisschen Inszenierung, Saviano lässt seine Follower an seinem Alltag teilhaben, der immer auch politisch ist. Dann waren sie wirklich beide da.Salvini sagt, er habe Roberto Saviano die Hand gereicht, und der habe ihm gesagt: „Schämen Sie sich!“ Das sei unhöflich, aber kein Vergehen. Saviano sagte, er würde seine Aussage jederzeit wiederholen und sich weiter gegen „das Schlechteste“ verteidigen, „gegen die politischen Figuren unserer Zeit“. Er verteidige seine Meinungsfreiheit. Salvini lässt Anzeige nicht fallen Salvini lässt seine Anzeige wegen Diffamierung nicht fallen, sondern bekräftigt sie. Nach Artikel 595 des italienischen Strafgesetzbuchs kann die Verunglimpfung einer Person mit dem Ziel, deren Ansehen zu schädigen, mit bis zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe bis 1032 Euro geahndet werden.Savianos damaliger Post, Salvini habe Verbindungen zur kalabrischen Mafiaorganisation ’Ndrangheta und eben die „Minister der Unterwelt“-Aussage, das sei Rufmord gewesen. Es habe ihn als Bürger, als Vater, als Minister und Vorsitzender seiner rechtsnationalen Partei Lega beleidigt, so Salvini. Was ihm unterstellt werde, seien schwere Anschuldigungen gewesen. „Ich war erst seit 20 Tagen Minister, als Saviano – mit seiner Millionen-Followerschaft – diesen Post absetzte. Dabei war ich derjenige, der ein Programm gegen die illegale Kriminalität aufgesetzt hat. Der Kampf gegen die Mafia ist meine Priorität“, hat Salvini behauptet.Was den Personenschutz angeht, da habe er damals, 2018, irgendwas gesagt, aber er könne sich nicht mehr richtig erinnern. Wer Personenschutz bekomme, das sei eine „technische Frage, keine politische“. Salvini will seinen Ruf wiederherstellen. Fraglich, ob ihm das gelingen wird.Migranten oder Mafia, wer ist hier das Problem? Am Ende des Tages, auf der Rückfahrt im Auto, fasste Roberto Saviano die Ereignisse auf Instagram zusammen, er sah müde aus, seine Wangen eingefallen. Er nannte Salvini „unvorbereitet und verwirrt“, er sei ein Mann, der nicht nachdenke, bevor er rede. Er kalkuliere alles, denke an seine Follower, sei Populist und Extremist. In Kalabrien habe Salvini gesagt, das Problem seien die Migranten und Migrantinnen – nicht die ’Ndrangheta.Der Prozess geht weiter. Die nächste Anhörung soll am 19. November stattfinden.Dann ist der Sommer längst vorbei.

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Von Veritatis

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