Seine spitze Bemerkung zur Regenbogenflagge auf dem Bundestag bringt dem Kanzler heftige Kritik ein – auch vom Koalitionspartner. Queerpolitische Stimmen sprechen von Respektlosigkeit.
Berlin.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat mit seiner „Zirkuszelt“-Aussage über das Hissen der Regenbogenflagge auf dem Bundestag breite Kritik ausgelöst – auch in Reihen des Koalitionspartners SPD. „Das ist eine sehr unglückliche Aussage. Und der Bundeskanzler sollte diese Aussage noch mal überdenken“, sagte SPD-Fraktionsvize Armand Zorn im RTL/ntv-„Frühstart“. In Zeiten, in denen „queere Menschen besonders viele Anfeindungen erleben, halte ich das nicht für die richtige Aussage“.
Merz hatte sich in der ARD-Talkshow „Maischberger“ hinter den Kurs von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zum Christopher Street Day (CSD) gestellt. Auf die Frage, wie er es finde, dass Klöckner die Regenbogenflagge zum CSD nicht auf dem Bundestag hissen will, sagte er: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“, auf das man beliebig Fahnen hisse. Es gebe einen Tag im Jahr, das sei der 17. Mai – der Tag gegen Homophobie -, an dem die Regenbogenflagge gehisst werde. Klöckner hatte zuvor entschieden, zum CSD am 26. Juli die Flagge nicht wie in Vorjahren am Parlament aufzuziehen.
Viel Kritik von queerpolitischen Stimmen
Auch die Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch, übte Kritik. „Wenn die Regenbogenfahne die Fahne auf einem Zirkuszelt ist, was sind dann queere Menschen?“, sagte die SPD-Politikerin dem Nachrichtenportal „ZDFheute.de“. Besonders in Zeiten, in denen queere Menschen angegriffen würden, wäre die Regenbogenflagge auf dem Bundestag ein kraftvolles Bekenntnis des Staates zum Schutz des Grundgesetzes, so Koch. „Ein Verständnis dafür wäre für einen Bundeskanzler angemessen.“
SPDqueer – eine Arbeitsgemeinschaft der SPD – forderte eine Entschuldigung. „Diese Aussage ist nicht nur respektlos gegenüber der queeren Community, sondern offenbart ein rückwärtsgewandtes Verständnis von Demokratie und Repräsentation“, sagte die Co-Vorsitzende Carola Ebhardt.
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek nannte die Wortwahl „unangemessen“, wie sie dem ZDF sagte. Der queerpolitische Sprecher der Linksfraktion, Maik Brückner, sagte: Es stimme zwar, dass der Bundestag kein Zirkus sei, „dafür haben wir einen Clown als Kanzler.“
Der Vorstand der Lesben- und Schwulenverband (LSVD), Andre Lehmann, kritisierte im ZDF: „Ich möchte den Bundeskanzler daran erinnern, dass er von einer Verfolgtengruppe des Nationalsozialismus spricht, die auch noch in der Bundesrepublik lange Zeit unterdrückt und kriminalisiert wurde.“ (dpa)