„Loyal Friend“, die Adaption von Sigrid Nunez’ Erfolgsroman „Der Freund“, fängt konventionell gediegen an. Dann rettet eine Dogge mit ihrem grandiosen, seelenvollen Auftritt den Film


Den apathischen Blick legt Bing nur ab, wenn Iris (Naomi Watts) ihm vorliest

Foto: Bleecker Street


Katzen sind die unbestrittenen Stars des Kurzfilmformats der sozialen Medien, aber im Kino haben sie es nur in animierter Form zu Hauptrollenstatus gebracht. Mit Hunden ist das anders. Schon als Nebendarsteller bilden sie regelmäßig eine so ausdrucksstarke Ergänzung zum menschlichen Ensemble, dass Kritiker in Cannes Anfang der 2000er-Jahre begannen, eine „Palm Dog“ zu vergeben.

Einen Mangel an Kandidaten gab es dabei noch nie, im Gegenteil: die Fülle des Angebots führte dazu, dass zusätzlich zur „Palm Dog“ inzwischen ein „Grand Prix“ und ein „Mutt Moment“ vergeben werden. Wäre Loyal Friend, die Adaption von Sigrid Nunez‘ Bestsellerroman Der Freund von 2018, in Cannes gelaufen, wäre Bing, die Dogge,

in „Mutt Moment“ vergeben werden. Wäre Loyal Friend, die Adaption von Sigrid Nunez‘ Bestsellerroman Der Freund von 2018, in Cannes gelaufen, wäre Bing, die Dogge, die darin die Rolle von Apollo spielt, ein heißer Anwärter auf den Hauptpreis gewesen.Im Buch ist Apollo im Grunde die einzige Figur, die einen Namen trägt. Mit Ausnahme des Hausmeisters werden die menschlichen Charaktere von der in Ich-Perspektive erzählenden Hauptperson nur in Begriffen wie „Gattin Nummer 3“ oder „der Freund, der unsere Situation am besten versteht“ beschrieben. Im Film funktioniert so etwas nicht so gut, weshalb die von Naomi Watts gespielte Erzählerin nun Iris heißt und der Freund, den sie im Roman per „Du“ adressiert, Walter genannt und von Bill Murray verkörpert wird.Es ist ein alter Hut, dass Buch und Verfilmung sich aneinander reiben, aber in diesem Fall verändert die Starbesetzung den Stoff fast ins Unkenntliche. Weder Watts noch Murray nimmt man die akademischen Existenzen im Graubereich von Universitäts- und Schriftstellerkarriere richtig ab, die die Romanwelt von Nunez bevölkern. Aber dafür ist Bing, die Dogge, umso überzeugender.Bing rettet diesen Film, als man ihn mit seinem prätentiösen Voiceover, unübersichtlichem Figurenarsenal und dräuender Gefühligkeit fast schon aufgeben möchte. Dabei braucht es satte 20 Minuten, bis Bing/Apollo zum ersten Mal auf der Leinwand erscheint. Im Hin und Her zwischen einem Davor und Danach stellt der Film bis dahin den offenbar charismatischen Walter (Murray) vor, auf dessen Trauerfeier Iris (Watts) als alte Vertraute mit Gattin 1 (Carla Gugino) über Gattin 2 (Constance Wu) lästert, während Gattin 3 (Noma Dumezweni) gefasst eine Rede hält.Walter – wird das je richtig ausgesprochen? – hat sich umgebracht. Keine der Frauen in seinem Leben scheint sich groß darüber zu wundern. Selbst die erwachsene Tochter nicht, deren Rolle das Drehbuch ansonsten in einer Weise aufbläht, die wirkt, als ob ein Produzent darauf bestanden hätte, dass neben den älteren noch unbedingt eine junge Frau auftauchen müsse.Aber wie gesagt, dann endlich erscheint der Hund und der Film ist plötzlich ganz bei seinem Thema: der abgründigen, alles vergiftenden Trauer, die insbesondere ein Selbstmord in die Leben der Hinterbliebenen reißt. Bing macht sie gleich schon in der Apathie kenntlich, mit der er Iris begegnet, als die ihn aus dem Tierheim abholt. Er war Walters Hund, und Walter hätte gewollt, dass Iris sich um ihn kümmert, meint Gattin 3. Iris nimmt die Verantwortung auf sich, obwohl ihr deshalb bald der Rausschmiss aus ihrem Apartment droht.Es ist erstaunlich, was die Dogge alles zum Ausdruck bringt. Nicht nur in den traurigen Hundeaugen, sondern mit jeder Körperbewegung. Es zerreißt einem das Herz, wenn Bing/Apollo resigniert das Haupt auf seine Pfoten senkt, hinnehmend, dass es in Iris’ Wohnung keinen Walter gibt. Einzig wenn sie vorliest, scheinen seine Lebensgeister zu erwachen.Worauf die äußere Handlung des Films hinausläuft, ist absehbar. Was ihn dennoch sehenswert macht, ist wirklich der Nuancenreichtum, die das tolle Hundespiel in die Dynamik zwischen der zierlichen Iris und der meterhohen Dogge hineinbringt.Loyal Friend Scott McGehee, David Siegel USA 2024, 119 Minuten

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Von Veritatis

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