Der Chef des ifo Instituts will das Elterngeld streichen, um ordentlich Geld zu sparen. Das sei schließlich ein Fall einer sozialpolitischen Maßnahme, die „nice-to-have“ sei. In Wahrheit hat sein Vorstoß einen ganz anderen Grund


Clemens Fuest will das Elterngeld streichen lassen

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Kennen Sie Clemens Fuest, den Chef des Münchner ifo-Instituts? Noch ist er nicht so bekannt wie sein Vorgänger Hans-Werner Sinn, der landauf, landab in Talkshows ein gern gesehener Gast war. Doch Fuest arbeitet daran. Etwa mit klugen Ideen für einen fiskalpolitischen Sparkurs dieses Landes. Eine seiner genialen Ideen: Um ordentlich Geld zu sparen, könne man doch das Elterngeld streichen. Das sei schließlich ein Fall einer sozialpolitischen Maßnahme, die „nice-to-have“, also nett zu haben sei, „aber nicht prioritär“.

Es muss sich dabei um „Rage Bait“ handeln. Sie wissen schon, diese Art von „Content“, die nur zu dem Zweck produziert wird, Menschen so richtig auf die Palme zu bringen. Fuest verkehrt gewiss in a

s Fuest, den Chef des Münchner ifo-Instituts? Noch ist er nicht so bekannt wie sein Vorgänger Hans-Werner Sinn, der landauf, landab in Talkshows ein gern gesehener Gast war. Doch Fuest arbeitet daran. Etwa mit klugen Ideen für einen fiskalpolitischen Sparkurs dieses Landes. Eine seiner genialen Ideen: Um ordentlich Geld zu sparen, könne man doch das Elterngeld streichen. Das sei schließlich ein Fall einer sozialpolitischen Maßnahme, die „nice-to-haveXX-replace-me-XXX8220;, also nett zu haben sei, „aber nicht prioritär“.Es muss sich dabei um „Rage Bait“ handeln. Sie wissen schon, diese Art von „Content“, die nur zu dem Zweck produziert wird, Menschen so richtig auf die Palme zu bringen. Fuest verkehrt gewiss in anderen Kreisen als ich, aber in meiner „Bubble“ ist Elterngeld keine nette Finanzspritze des Staates, sondern wird vor allem dazu genutzt, Miete und Lebensmitteleinkäufe zu bezahlen.Seit das Einkommen eines sogenannten Ernährers oft nicht mehr reicht, um die Lebenshaltungskosten einer ganzen Familie zu finanzieren, ist Elterngeld eine nötige Stütze für junge Familien. Aber wir wissen ja: Sogenannte Wirtschaftsexperten haben es seit jeher auf Menschen abgesehen, die auf „Stütze“ angewiesen sind. Während also Hans-Werner Sinn mit seinem Mantra „Jede Arbeit ist besser als keine“ in die Geschichte einging, wird Clemens Fuest zur Marie Antoinette der Gegenwart: Sollen die armen Eltern doch Kuchen essen, wenn sie sich das Brot nicht mehr leisten können! Bürgergeldempfängern und Azubis wird das Elterngeld schon angerechnetHanebüchen ist auch Fuests Begründung der vorgeschlagenen Streichung: Das Elterngeld käme ohnehin nur Besserverdienenden zugute. Tatsächlich gibt es eine sozialpolitische Schieflage, da Bürgergeldempfängern das Elterngeld von ihren Leistungen abgezogen wird. Auch Azubis, Studierende oder Geringverdiener erhalten nur den Mindestsatz. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass dreihundert Euro für eine alleinerziehende Studentin sehr viel Geld sind.Statt nun aber diese Schieflage zu beseitigen, und das Elterngeld damit sozial gerechter zu gestalten, soll es ganz gestrichen werden?!Man darf daran erinnern, dass das Elterngeld stets als Lohnersatzleistung gedacht war. Es soll Eltern – nicht nur Frauen – eine Familienzeit mit nicht allzu drastischen finanziellen Einbußen ermöglichen. Kinder stellen nach wie vor das größte Armutsrisiko in diesem Land dar. Vor allem aber erkennt das Elterngeld an, dass Fürsorgearbeit eben auch Arbeit ist. Noch dazu eine, die dem Staat und der Wirtschaft langfristig zugutekommt. Wer ein Rentensystem wünscht, das umlagefinanziert ist, also junge Arbeitnehmer benötigt, der muss erklären, wo die zukünftigen Arbeitnehmer herkommen sollen. Irgendjemand muss sie gebären und erziehen. Ein Schelm, wer meint, Fuest sei ein Vertreter radikaler Privatisierungstendenzen. Wenn jeder privat vorsorgt, dann braucht es zukünftig eben gar keine Rentenzahler mehr.Ein Mann, der selbst nie geboren werden mussteWie wir wissen, versucht die Ökonomie seit jeher, Fürsorgearbeit aus der volkswirtschaftlichen Gesamtgleichung zu streichen. Deswegen erzählen Ökonomen gerne Robinsonaden: Geschichten, in denen ein einsamer Mann auf einer einsamen Insel wirtschaftet. Er muss nicht geboren werden, und er muss sich nicht um Neugeborene kümmern.Mit etwas Glück begegnet ihm ein Kompagnon, den er ausbeuten, äh, um Hilfe bitten kann. Wenn das kein freundlicher „Wilder“ ist, dann eben eine Frau. Die lehrt ihn hoffentlich, dass unbezahlte Care Arbeit zwar „nice to have“, aber für sie leider nicht länger prioritär ist.



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Von Veritatis

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