500 Milliarden für die Infrastruktur und „whatever it takes“ fürs Militär: Doch ist überhaupt genug Geld da für zusätzliches Kriegsgerät und die anderen Ausgaben, welche die künftige Regierung angekündigt hat? Darauf gibt es drei Antworten


Will überraschend doch ganz viel Geld raushauen: CDU-Chef Friedrich Merz

Foto: Wolfgang Maria Weber/Imago


In ihren Koalitionsgesprächen vereinbaren CDU und SPD als Erstes nicht nur ein Sondervermögen über 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur. Darüber hinaus streben sie eine Reform der Schuldenbremse dahingehend an, dass Militärausgaben nur noch bis zu einem Prozent der Wirtschaftsleistung Berücksichtigung finden. Deutschland braucht „whatever it takes“, so CDU-Vorsitzender Friedrich Merz. Angesichts der riesigen Summen, die da mobilisiert werden sollen, fragt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bang: „Können wir uns das alles leisten?“ Darauf gibt es drei Antworten.

Erste Antwort: Nein, das können „wir“ uns nicht leisten. Denn das Geld für das zusätzliche Kriegsgerät ist offenbar nicht da

Summen, die da mobilisiert werden sollen, fragt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bang: „Können wir uns das alles leisten?“ Darauf gibt es drei Antworten.Erste Antwort: Nein, das können „wir“ uns nicht leisten. Denn das Geld für das zusätzliche Kriegsgerät ist offenbar nicht da und kommt absehbar auch nicht rein – an eine Finanzierung aus dem laufenden Haushalt ist nicht gedacht. Offenbar wird der Bedarf der Bundeswehr als so groß veranschlagt, dass keine Steuererhöhung oder Ausgabenkürzungen ihn decken können, ohne der Wirtschaft großen Schaden zuzufügen. Gleichzeitig ist der Finanzbedarf offenbar so dauerhaft, dass ein weiteres begrenztes Sondervermögen als Lösung ausscheidet. Zweite Antwort: Ja, das können wir uns leisten – indem der Staat sich verschuldet. Diese Verschuldung ist allein eine Frage der rechtlichen Bedingungen, die der Staat setzt, indem er die grundgesetzliche Schuldenregel modifiziert. Ob das funktioniert, ist eine politische Entscheidung, vor allem der Grünen. Keine Zweifel bestehen jedoch daran, dass die Bundesregierung Kreditgeber finden wird, die ihr das Geld leihen. Denn an den Finanzmärkten hat die Bundesregierung den Kredit, den sie sich jetzt erlauben will.Dritte Antwort: Mal sehen.Ein Panzer erhöht nicht die Wachstumspotenzen des StandortesDenn die neuen Schulden wollen auch bedient werden, inklusive Zinsen. Gleichzeitig sollen die wachsenden Schulden nicht die Kreditwürdigkeit der Bundesregierung beschädigen. Um die begehrte Stabilität beizubehalten, braucht es also Wirtschaftswachstum. Und das schafft die Aufrüstung allein nicht herbei. Sie ist und bleibt Staatskonsum, auch wenn man sie „Investition“ nennt. Vereinfacht gesagt: Ein Panzer erhöht nicht die Wachstumspotenzen des Standortes.Daran erkennbar wird die bemerkenswerte Umkehrung in der Schuldendebatte. Noch vor kurzem galten der CDU Schuldenbremse und schwarze Null als Garanten der Stabilität – mehr Schulden schaden dem Wachstum, hieß es. Dagegen wurde von SPD-Seite eingewandt, Schuldenaufnahme für Investitionen sei gerechtfertigt, da sie das Wachstum fördern. Mit der nun angestrebten Reform aber werden Wachstum und Schulden entkoppelt: Die Bundeswehr soll erhalten, was sie braucht, der militärische Handlungsbedarf bestimmt den Kreditbedarf. Zwar wird eifrig ausgerechnet, wie die Aufrüstung auf die Konjunktur und Wachstum wirken wird. Gleichzeitig wird von Seiten der Politik klargestellt, dass sie kein Konjunkturprogramm ist, sondern schlichte Notwendigkeit. Die Kriegsvorbereitung hat Priorität und die Wirtschaft muss die Mittel dafür einspielen. Damit revidiert die Politik nicht nur ihre alte Haltung, Schulden seien eine Frage des Wachstums, sondern sie gibt zu, dass dies noch nie gestimmt hat. Wofür Schulden gemacht werden, für Militär, für Klimaschutz oder Armutsbekämpfung oder zur Rettung von Eurostaaten in Notlagen, ist eine politische Entscheidung. Damit ist die Notwendigkeit zusätzlichen Wachstums allerdings nicht aus der Welt.Die Regierung ist abhängig von den Anlegern am FinanzmarktDenn die finanzielle Stabilität Deutschlands bleibt abhängig von der Einschätzung der Anleger an den Finanzmärkten, für die die Aufrüstungskredite eine lohnende Investition sein müssen. An ihrem Urteil hängt die Finanzmacht der Bundesregierung. Letztere wird also einerseits darauf zielen, die Aufrüstung so konjunkturfreundlich wie möglich zu machen, zum Beispiel, indem sie heimische Rüstungsindustrie stärkt und voraussichtlich auch den Waffenexport, um so die Aufrüstung zu ökonomisieren. Zum anderen macht sie sich daran, zwecks Förderung des Wachstums die Investitionsbedingungen in Deutschland zu verbessern. Dazu dient zum Beispiel das Sondervermögen Infrastruktur, bei dem bereits davor gewarnt wird, es dürfe keinesfalls „Wahlgeschenke“ an die Bevölkerung finanzieren. Dazu kommt eine verschärfte Prüfung aller staatlichen Ausgaben und Maßnahmen, ob sie den Wachstumspotenzialen dienen. Dieser Prüfung zum Opfer fallen Ausgaben für Arbeitslose, Migranten aber auch Vorgaben zum Klimaschutz und zur Begrenzung der gesetzlich erlaubten Maximalarbeitszeit, die der Industrie Kosten verursachen.Flankiert wird dies mit einer härteren Haltung gegenüber Asylbewerber:innen und dem Appell an die Bevölkerung, mehr zu arbeiten – die SPD sei da für jene, „die sich abrackern“, stellte Lars Klingbeil klar. So wird die Bevölkerung dafür haftbar gemacht, dass die Spekulation der Finanzmärkte auf die Ertüchtigung des deutschen Standortes per Rüstungskrediten aufgeht. Das ist so ungefähr das Gegenteil von dem, was die Ökonomin Isabella Weber kürzlich als „antifaschistische Wirtschaftspolitik“ propagierte.



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Von Veritatis

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