Was bleibt fünf Jahre nach dem ersten sogenannten Lockdown? Sind wir wütend, traurig, dankbar über Schutzmaßnahmen? Oder gar klüger geworden? Eine objektive Antwort darauf kann es nicht geben – versuchen wir es mit einer subjektiven

Illustration: der Freitag


Es hat uns kalt erwischt, damals, das Virus – und die Folgen. Was bleibt fünf Jahre nach dem ersten „Lockdown“ in den Köpfen, in den Herzen, in den Blutbahnen der Körper und gesellschaftlichen Diskurse? Fragt der Redakteur. Uff, macht es in mir – da ist so viel, ein Wust. Corona-„Experten“ sind wir ja alle, wurden an Leib und Seele leidgeprüft. Die Einsamkeit, die Behörden und Medien anordneten, sollte, als „social distancing“, „solidarisch“ sein, aber jene vielbeschworene „Solidarität“ wurde auch missbraucht zur Diskreditierung von Personen mit missliebigen Meinungen.

Was bleibt, ist also viel Groll, gepaart mit Misstrauen wegen einer bestenfalls unkritischen, schlimmstenfalls manipulative

beschworene „Solidarität“ wurde auch missbraucht zur Diskreditierung von Personen mit missliebigen Meinungen.Was bleibt, ist also viel Groll, gepaart mit Misstrauen wegen einer bestenfalls unkritischen, schlimmstenfalls manipulativen Kommunikation von Staat und Medien, die während der Pandemie, den Zweck die Mittel heiligen lassend, eine unheilige Allianz eingingen. Es gab einseitige Berichterstattung und täglich mahnende Inzidenzen, Infizierten- und Totenzahlen in den Nachrichten. Den Streit über „Maßnahmen“, lange unterdrückt. Schweden als Feindbild, China als Vorbild – ausgerechnet. „Follow the science – aber nur der politisch korrekten“. „Mehr Diktatur wagen“. Wer anders fühlte, dachte, sagte, fand sich nach rechts abgeschoben, gewissermaßen ausgebürgert aus dem Konsens der großen Mehrheit am Lagerfeuer der Vernünftigen. Überdruss, eklige Tests, AusgeliefertseinWas bleibt, ist ein Ziepen im Gehirn, ähnlich dem in der Nase nach den Teststäbchen, die man nicht eklig finden durfte, denn was war schon so ein bisschen lästiges Testen und Maskiertsein gegen die Ansteckungen, die man dadurch vermied, gegen das Gesundheitssystem, das man dadurch rettete?Was bleibt, ist Überdruss an der diskurslähmenden Moralisierung. Und jener in der Pandemie gesäte bohrende Zweifel wieso-weshalb-warum: „Wieso stimmt da was nicht?“ „Weshalb kommen nur die Befürworter scharfer Maßnahmen zu Wort?“, „Warum werden Ungeimpfte wie Parias behandelt?“, „Was passiert mit uns? Mit unseren Kindern?“ Und die Erkenntnis, wie viel der einfache, alltägliche Kontakt zu anderen Menschen wert ist. Das könnte, hofft die Tochter, „eine Lehre sein, mehr gegen Einsamkeit anzugehen, weil wir alle in der Pandemie Einsamkeit erfahren haben“. Was bleibt, ist Dankbarkeit für Geborgenheit in der Familie, für die mutigen, differenzierenden Andersdenkenden, Solidarität mit allen, die sich den Mund nicht verbieten ließen und weder nach Rechtsaußen noch nach Absurdistan überliefen. Sie allein, die „Abweichler“, die Skeptiker, die Nervensägen sorgten dafür, dass ich mich nicht vollends meinem Land entfremdete.„Eine beschissene Zeit für fast alle“Was bleibt, ist die Erinnerung an jene lebensfremde, fiktive Pausentaste, auf die die Politik drückte: Wir sollten Kontakte ins Internet verlagern oder einfrieren – und froren unsäglich. Neben die Sorge wegen des Virus drängte sich Empörung über die ausgeklügelte Angstmacherei, man wollte „die größte Schockwirkung“ erzielen, indem man Kindern Schuldgefühle einimpfte gegenüber ihren elendig an Beatmungsgeräten erstickenden Großeltern – den mehr oder weniger alten Politikern hingegen, die die Kinder einsperrten, machte niemand ein schlechtes Gewissen. Jenes Papier kam schnell an die Öffentlichkeit, nur hat es die Medien kaum interessiert – passte nicht ins didaktische Konzept. Allzu rasch hatten sich gerade die Öffentlich-Rechtlichen eingeschossen: auf „Coronaleugner“, „Querdenker“, „Verschwörungserzähler“, „Impfgegner“. Der enge Meinungskorridor erst radikalisierte viele nach rechts – hin zu „alternativen“ Medien, die wirre Zweifel fütterten und eigene emotionalisierende Lügen verbreiteten – ach, es war ein Graus! Und er ist nicht vorbei.Was bleibt, ist ein Gefühl, alles könne jederzeit kippen, in eine dystopische „Materialermüdung“ à la Dietrich Brüggemann, der übelst und nahezu unisono diffamiert wurde für seine satirische „Allesdichtmachen“-Aktion – für mich war sie ein Lichtblick, eine Entlastung, eine Erleichterung: nicht mehr so verdammt allein sein mit all den verdrängten Widersprüchen, mit dem Unbehagen an der übergestülpten Denk- und Gefühls-Uniformität, wenigstens für einige Momente.Die Coronapolitik hat dem Land Schaden zugefügtWas bleibt, ist der Schaden. Im Bemühen – das darf man wohl glauben –, ihn vom Land abzuwenden, haben Politik und Medien dem Land großen Schaden zugefügt. Dabei wurde viel Vertrauen verspielt, ohne dass jemand fürs verantwortungslos demokratiegefährdende Handeln geradestehen musste – „die Rechten“ sollen es gewesen sein, und: „das Virus diskutiert nicht!“ Der am hysterischsten an der Angstkurbel drehte – Karl Lauterbach –, wurde von den hysterischen Medien ins Gesundheitsministeramt gespült. Der als Minister milliardenteure Masken- und Testzentrenbetrugsdeals mitverantwortete – Jens Spahn – hofft auf ein neues Ministeramt. Das sind keine vertrauensbildenden Maßnahmen, das ist dreist. Was bleibt, ist zwar auch Erleichterung über demokratische Selbstregulation, denn wir diskutieren ja, aber mehr noch ein penetranter deutscher Dreiklang aus Obrigkeitshörigkeit, Anpasserei und Verpfeiferei, garniert mit sagenhaft abgedrehten Verschwörungsverwirrungen.Was bleibt, ist auch Reue: dass ich die noch nicht volljährigen Söhne impfen ließ, damit sie wieder das Normalste der Welt tun durften: Sport treiben, Freunde treffen. Ohne den „Piks“ würden die Krankenhäuser „überlaufen“, hieß es, und dafür wären sie dann persönlich verantwortlich. Das war Nötigung. Stopp!, schneidet sofort die Covid-Schere in meinem Kopf, so darf ich nicht denken, dann bin ich ein „Schwurbler“.Was bleibt, ist der hilflose Ärger über dieses Verdikt – Schwurbler – und Trauer über all die einsam Kranken und Sterbenden, die niemand besuchen, die vor allem niemand berühren durfte, von Haut zu Haut, Trauer über die Versehrungen vor allem von Kindern und Jugendlichen, denen ein Distanzstudium oder Bildschirmschule und damit gewissermaßen ein psychosomatisches Long Covid aufgezwungen wurde, samt Mager- und Digitalsucht. „Es war eine beschissene Zeit für fast alle“, resümiert nicht nur die Tochter, „eine kollektive mentale Krise“.Was deshalb leider auch bleibt, nach dem monatelangen Eingesperrtsein in Gedankenkorsette und Wohnungen, in denen sich höchstens zwei „Haushalte“ treffen durften: ein Gefühl der Unbehaustheit im eigenen Land.



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Von Veritatis

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