Wer denkt, zum Thema Ostrock sei alles gesagt, für den hält das Label Rokkfilm Überraschungen bereit – mit Raritäten auf aufwändigen Schallplatten-Editionen

Berlin.

Wer Musik einfach nur des Gefallens wegen hört, ist hier vielleicht falsch. Allerdings gibt es eben auch Menschen, die tiefer in popkulturelle Phänomene eindringen wollen – und diese macht das Label Rokkfilm glücklich, wenn es um Ostrock geht. Der ist in den letzten Jahrzehnten hinlänglich gefleddert worden, dennoch gibt es offenbar noch weiße Flecken, über die nicht jeder spricht.

Ein Beispiel ist das nun auf Schallplatte herausgebrachte Album „Purpur“ der zu DDR-Zeiten nie zu Tonträger-Ehren gekommenen Band Chicorée um Sänger Dirk Zöllner. Die Band, bekannt aus dem Film „Flüstern und Schreien“, versuchte in den 80ern, quasi „von oben“ einen eigenen musikalischen Weg abseits des staubigen FDJ-Mainstreams zu finden. Wie, das demonstriert der hier erstmals veröffentlichte Live-Mitschnitt von „Rock für den Frieden“: Zu hören ist eine ebenso talentierte wie noch teilverpeilte Band, die zwar viel Potenzial zeigt, aber auch noch einige Selbstüberschätzung. Die Songs sind großteils noch hörbar unfertig – zeigen aber bereits die Ansätze, die später zur Großartigkeit der Zöllner führen sollten. Das wird zudem im aufwendigen Booklet gut und hintergründig erklärt, sodass man es bei „Purpur“ mit einem Must-have zu tun hat.

Optisch eher grotesk geraten ist dagegen die Wiederveröffentlichung der Rocksuite „Klaus Störtebeker“ von Transit: Hier tummeln sich turbofinstere Karibik-Piraten auf brennenden Riesenschiffen mit drei Kanonendecks, gegen die die spanische Armada wie ein Ententeichgeschwader anmutet. Da hat eventuell jemand zu euphorisch an der KI gedreht – das passt null zur Musik. Bei der haben wir es mit folkig-mittelalterlich angehauchtem Prog-Rock zu tun, der im historischen Ostrock-Kontext nun wieder sehr interessant ist. Transit lässt das schwülstige Zuviel diverser Mitbewerber nämlich weg und nimmt, aus heutiger Sicht und auf eigentümliche Weise, in Nuancen Bands wie In Extremo oder Santiano vorweg. Spannend ist auch, wie die Band, die zu DDR-Zeiten stets in der dritten Reihe stand, dabei balanciert: Einerseits spielt man unangepasst auf, andererseits will man sich mit bravem Handwerk auch keine Blöße geben: Das Piraten-Thema wird im Ost-Duktus von Willi Bredels „Vitalienbrüdern“ erzählt. “

Zu haben sind die Platten unter www.rokkfilm.de

Bissel drüber für die Ostsee, die grimmen Seebären: Das neue "Klaus Störtebeker“-Cover von Transit.

Bissel drüber für die Ostsee, die grimmen Seebären: Das neue „Klaus Störtebeker“-Cover von Transit. Bild: www.rokkfilm.de



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Von Veritatis

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