Jahrelang nutzt unser Kolumnist seine Podcast-App – bis sie nicht mehr funktioniert. Was tun? Zwischen Spotify und Apple Podcast lernt er viel über digitale Gewohnheiten, Nostalgie und die Frage, warum Wechseln schwerer ist, als es scheint
Unser Kolumnist hält es mit Loriot: Ein Leben ohne Podcast(-Apps) ist möglich, aber sinnlos
Foto: Joshua Zuckerman/Getty Images
Es gehört zu den unerfreulicheren Erfahrungen im Alltag, dass Dinge nicht funktionieren. Kritische Betrachter der Gegenwart könnten sich zur Zeitdiagnose versteigen, dass verdammt vieles nicht funktioniert. Das WLAN in der Bahn zum Beispiel, überhaupt Bahnfahren, in Berlin einen Bürgeramtstermin bekommen. Brücken sind im Eimer und Schulen erst recht.
Bis vor Kurzem hatte ich auch in meiner kleinen Welt einen Fall akuter Dysfunktionalität: Meine Podcast-App funktionierte nicht mehr. Ein unvorsichtiges Apple-Update – und nichts war mehr wie zuvor. Mir wurden zwar weiterhin die neuesten Podcast-Folgen per Pushnachricht schmackhaft gemacht. Nur hören ging nicht. Podcasts ließen sich nicht starten, die Library nicht updaten. Die App war unbrauchbar – und zwar über Monate.
Was man in solchen Situationen auch lernt, ist, welcher Typ man selbst im Umgang mit Problemen ist. Manche Menschen werden wütend und meckern, wenn etwas nicht funktioniert. Das finde ich zwar eher unsympathisch, kenne es aber auch von mir. Andere, die Tüftler, krempeln die Ärmel hoch und versuchen, das Problem zu lösen. So wäre ich gerne. Und dann gibt es die Menschen, die sich mit dem dysfunktionalen Status quo arrangieren und sich neue Routinen drumherum aufbauen. Das bin ich.
Bei Spotify fehlen die Emotionen
Ich habe mich also ein bisschen geärgert und dann gegoogelt, ob ich der einzige mit dem Problem bin. Bin ich nicht. Die Lösung habe ich allerdings nicht verstanden, also habe ich aufgegeben, bin in den Sich-arrangieren-Modus übergegangen – und zu Spotify gewechselt. Denn eines steht – frei nach Loriot – fest: Ein Leben ohne Podcast(-Apps) ist möglich, aber sinnlos.
Spotify versucht schon lange, zentrale Anlaufstelle für Podcasts zu werden. Ergibt ja auch Sinn. Für die Plattform ist die Beteiligung an Podcast-Werbeeinnahmen attraktiv, für die Hörer:innen das Nutzungserlebnis: Dort, wo sie ihre Musik hören, können sie nahtlos zu ihren Podcasts wechseln. Spotifys Podcast-Player ist über die Zeit auch immer besser geworden. Die Shownotes sehen schöner aus, es gibt dort inzwischen Kapitelmarken, sogar eine Kommentarfunktion und ein Tool, mit dem die Podcaster:innen Umfragen in ihrer Community machen können.
Ich bin mit Spotify allerdings nicht warm geworden. Denn ich habe die emotionale Bindungskraft meiner Podcast-App unterschätzt. Seit 13 Jahren nutze ich den Podcatcher von Apple. Ich bin mit der App durch die „Serial“-Phase gegangen und durch eine intensive Fußball-Phase, ich habe meine Podcasts nach Themen sortiert, die auch viel darüber aussagen, was mich zu welcher Zeit beschäftigt hat. In meiner Podcast-App entdecke ich alte Formate nach Jahren wieder und erlebe zuweilen die schöne Überraschung, dass sich die Podcasts weiterentwickelt haben. Ich habe dort Folgen von Podcasts heruntergeladen, die es heute gar nicht mehr gibt. Manchmal scrolle ich durch die heruntergeladenen Folgen und erinnere mich genau an die Bahnfahrt (ohne WLAN, siehe oben), für die ich mir die Episoden heruntergeladen habe. Der eigene Podcatcher, das ist Zuhause. Die App ist für mich wie eine digitale Kiste voller Erinnerungen. Das lässt sich nicht so einfach in einer neuen App nachbauen.
Am Ende wird es doch Apple Podcasts
Das habe ich in dieser Zeit also gelernt: Im digitalen Zeitalter sind Plattformen nicht mehr nur Orte, die zunehmend den Alltag prägen, sondern an denen auch Erinnerungen und Emotionen hängen. Neben Social-Media-Accounts aller Art können dazu inzwischen auch Podcast-Apps gehören.
Am Ende habe ich übrigens die Ärmel hochgekrempelt und Apple Podcasts de- und wieder neu installiert. Die Downloads alter Folgen waren verloren, aber immerhin sind meine abonnierten Podcasts und Listen noch da. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.