US-Präsident Donald Trump setzt auf Zölle als Wunderwaffe seiner Wirtschaftspolitik – doch sein Handelskrieg könnte den Vereinigten Staaten mehr schaden als nutzen


Ausstieg im Regen: US-Präsident Trump verlässt die Air Force One

Foto: Brendan Smialkowski/AFP/Getty Images


Donald Trumps Lieblingsvokabel lautet „Zölle“. Zölle hält er für ein Universalmittel der Politik, am liebsten würde er die ganze Welt mit Zöllen überziehen, um sie seinen Wünschen gefügig zu machen. Nach knapp zwei Monaten im Amt ist er auf dem besten Wege, einen globalen Handelskrieg zu entfesseln. Erst gegen Kanada und Mexiko, dann gegen China, dann gegen die EU. Viel Feind, viel Ehr. Mit vielen Schwergewichten hat er sich angelegt, erst gedroht, dann Zölle bzw. Zollerhöhungen angekündigt, dann die angekündigten Zölle ausgesetzt, um sie wenig später doch einzuführen und weitere Erhöhungen anzukündigen. Für Trump und Co. spielen internationale Organisationen keine Rolle, die Regeln d

ündigt, dann die angekündigten Zölle ausgesetzt, um sie wenig später doch einzuführen und weitere Erhöhungen anzukündigen. Für Trump und Co. spielen internationale Organisationen keine Rolle, die Regeln der Welthandelsorganisation sind ihnen egal.Trump hat keine Strategie und keine Ahnung, seine Berater erzählen ihm halbgaren Unsinn, den er nicht versteht. Von der Weltwirtschaft, wie wir sie noch kennen, begreift er so viel wie sein neuer Freund Wladimir Putin. Nur führt Trump vorläufig keine Schieß-, sondern nur Wirtschaftskriege. Mit seiner erratischen Zollpolitik schadet er den US-Amerikanern, den Arbeitern wie den Konsumenten. Eine winzige Minderheit von ca. 80.000 amerikanischen Stahlarbeitern mag von den gegen Europa verhängten Importzöllen auf Stahl und Aluminium profitieren, die amerikanische Industrie, eingebunden in weltweite Lieferketten wie die europäische, eher nicht.Über die verzweifelten Versuche der amerikanischen Lebensmittelketten, Eier in Europa zu kaufen, während die Eierpreise in den USA rasant steigen, mag man noch lachen. Doch ein Spaß ist das Ganze nicht. Trumps Handelskrieg wird der US-Ökonomie gewaltig schaden. Zölle und Gegenzölle werden eine verlustreiche Umstrukturierung der Weltwirtschaft in Gang setzen, die die Gewichte verschieben wird – Richtung Europa und Richtung Ostasien. Wie Angela Merkel ist Trump unfähig, die Interessen des eigenen Landes mit nüchternen Augen zu sehen und die langfristigen Folgen seiner impulsiven Aktionen zu begreifen.Noch halten ihm viele Amerikaner die Stange, weil sie der Erzählung glauben, die Ausländer, Kanadier, Mexikaner, Europäer, Chinesen, seien an ihrer Misere schuld. Sie hören die Geschichte, dass die EU und China im Handel mit den USA seit Jahr und Tag Überschüsse einfahren und meinen mit Trump, daran müsse etwas faul sein.Der Plan hinter Donald Trumps ZollpolitikTrump und seine Getreuen verstehen schlicht nicht, wie eine Weltwirtschaft funktioniert, in der der US-Dollar die Rolle der Leitwährung spielt. Um Handel zu treiben, müssen die am Welthandel beteiligten Länder Dollar haben. Denn nach wie vor werden gut 80 Prozent aller Transaktionen im Welthandel in Dollar abgerechnet und bezahlt. Eigene Dollar drucken können sie nicht, also müssen sie Dollarguthaben im Handel mit den USA erwerben. Das geht nur, wenn sie Jahr für Jahr mehr in die USA exportieren als sie dorthin importieren – und/oder mehr Geldtransfers aus den USA beziehen, als sie dorthin überweisen, und/oder mehr US-amerikanisches Kapital importieren als sie eigenes Kapital in die USA exportieren.Die weltweite Dominanz des US-Dollars braucht also ständige Defizite in der Handels-, Leistungs- und Kapitalbilanz der USA mit ihren vielen Partnern in der Welt. Das ändert nichts daran, dass die US-Techfirmen ebenso wie die US-Banken und die US-Industrie glänzende Geschäfte im Ausland machen, vor allem in Europa und in Ostasien.Placeholder image-1Es gibt eine Art Plan hinter Trumps erratischen Aktionen. Er stammt von Stephen Miran, einem Hedgefonds-Manager und Harvard-Absolventen, der gerade als Chef des wirtschaftspolitischen Beraterkreises der Trump-Regierung bestätigt worden ist. Miran glaubt, die Quelle aller ökonomischen Übel ausgemacht zu haben, nämlich die Rolle des Dollar als Leitwährung. Alle wichtigen Zentralbanken der Welt müssen bekanntlich Milliarden und Abermilliarden an US-Dollar als Devisenreserven halten. Diese permanente Jagd nach dem Dollar führt zu einer permanenten Überbewertung des Dollar und die schwächt die Wettbewerbsposition der US-Industrie.Wegen des überbewerteten Dollar können amerikanische Unternehmen nicht so viel exportieren, wie sie wollen und können. Umgekehrt können wegen des überbewerteten Dollar ausländische Firmen auf dem US-Markt billiger anbieten und verkaufen. Mirans Vorschlag daher: Zölle auf ausländische Waren, um den Währungsnachteil für US-Firmen auszugleichen. Im Modell scheint das zu funktionieren, allerdings nur so lange, wie die Ausländer nicht mit Gegenzöllen und anderem zurückschlagen. Deshalb will Miran, dass alle Länder, die Dollarreserven halten, dafür Milliarden an Gebühren an die USA zahlen.US-Staatsanleihen als DruckmittelWas Miran und Trumps Umfeld nicht bedenken: Hätten sie Erfolg, käme die Position des Dollars als wichtigste Reservewährung der Welt unter Druck, profitieren würde der Euro, jetzt schon die starke Nummer zwei im Weltfinanzsystem. Richtig ungemütlich kann es werden, wenn die Ausländer ihre erheblichen Bestände an US-amerikanischen Staatsanleihen als Waffe einsetzen. China hat damit immer wieder gedroht. Zahnlos ist die Drohung nicht, denn von den insgesamt etwa 36 Billionen US-amerikanischer Staatsschulden befinden sich immerhin fast 10 Billionen im Besitz ausländischer Zentralbanken.Das heutige Weltwährungssystem, mithin die Weltwirtschaft, wie wir sie (noch) kennen, hängt an diesen Reserven von US-Staatsanleihen, die (noch) in den Tresoren der wichtigsten Zentralbanken der Welt schlummern. Trump legt sich gerade mit den wichtigsten ausländischen Gläubigern der USA an. Dazu gehören China (mit 769 Milliarden), Großbritannien (mit 765,6 Milliarden), Luxemburg (mit 424,5 Milliarden), Kanada (mit 374,4 Milliarden), Belgien (mit 361,3 Milliarden), Frankreich (mit 332,5 Milliarden), Mexiko ist mit etwas mehr als 100 Milliarden Dollar dabei, Deutschland mit etwas weniger als 100 Milliarden. Wenn die Ausländer Ernst machen, werden auch die amerikanischen Staatsgläubiger getroffen und dementsprechend sauer. 4,7 Billionen an US-Staatspapieren hält die Fed, die amerikanische Zentralbank, selbst, 19,7 Billionen befinden sich in den Händen von US-Investoren, 2,4 Billionen halten diverse US-Behörden wie beispielsweise die Sozialversicherung. Wenn ihr Vermögen schrumpft, weil die Ausländer ihre Bonds verkaufen, kratzt sie das durchaus.Der Missmut amerikanischer KonsumentenOb und wie lange Trump seinen Zollkrieg fortsetzen und ausweiten kann, hängt nicht nur von der entschlossenen Reaktion der angegriffenen Länder ab. Es wird auch an der Heimatfront entschieden. In den USA hängen Konjunktur und Wachstum stärker als in Europa von der Kauflaune der Konsumenten ab. In den USA gibt es verhältnismäßig sehr viel mehr Aktienbesitzer als in Europa oder in Kanada.Schon jetzt, nach knapp zwei Monaten Trump-Regierung, sind die amerikanischen Aktienbörsen hochnervös geworden. Wenn die Aktienkurse drastisch einbrechen, um zehn, zwölf oder mehr Prozent, merken das viele spendierfreudige Amerikaner und werden vorsichtiger mit dem Geldausgeben. Wenn die Kreditkartenzinsen und die Hypothekenzinsen steigen, dämpft das die obligaten Kaufräusche noch mehr.Also könnte Trumps Handelskrieg in absehbarer Zeit am Missmut der amerikanischen Konsumenten scheitern. Er wird daran scheitern, wenn, wie absehbar, die Inflation nicht sinkt, wie versprochen, sondern im Gegenteil kräftig ansteigt. Er wird daran scheitern, wirtschaftlich starken Partnern wie den Europäern, den Chinesen, den amerikanischen Nachbarn, den Krieg zu erklären und sämtliche bisher geltenden Regeln über Bord zu werfen. Seine neuen Freunde, wie das durch Putins Krieg auf Jahrzehnte ruinierte Russland, werden ihm nicht helfen.Im Moment kann Trump republikanische Senatoren und Abgeordnete noch mit der bewährten Mischung von Lügen und Drohungen gefügig machen. Wenn die Europäer, die Kanadier und Mexikaner ihre Gegenmaßnahmen dosiert und zielgenau auf die Produkte bzw. Dienstleistungen richten, die aus den „roten“ Staaten der USA stammen, werden mehr und mehr von ihnen den Mut finden, sich durch offenen und öffentlichen Widerstand gegen Trumps verrückte Wirtschaftspolitik einen Namen zu machen und ihre Wiederwahlchancen zu erhöhen.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert