31. März 2025
Der rasante Aufstieg von Jordan Bardella in Frankreich hat am Montag noch einmal einen kräftigen Schub bekommen: Der erst 29-jährige Parteichef des Rassemblement National (RN) könnte der Präsidentschaftskandidat der Partei im Jahr 2027 werden. Der populäre Jungpolitiker profitiert dabei von der juristischen Niederlage seiner langjährigen Mentorin, der einstigen RN-Parteichefin Marine Le Pen.
Le Pen wurde am Montag wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig gesprochen. Neben einer vierjährigen Haftstrafe, die teils zur Bewährung ausgesetzt und teils durch das Tragen einer Fußfessel abzuleisten ist, wurde ihr vor allem eine Kandidatur für jegliches öffentliche Amt für fünf Jahre verboten. Die bisherige Favoritin in den Umfragen für die erste Runde der nächsten Präsidentschaftswahl geht in Berufung. Ob das ihre angestrebte Kandidatur aber retten kann, ist mehr als fraglich. Das Verbot der Wählbarkeit wird – anders als die Haftstrafe – durch ein laufendes Berufungsverfahren nicht ausgesetzt.
Für Le Pens Partei, der die 56-jährige Anwältin in den vergangenen Jahren einen gemäßigteren Anstrich verpasst hat, um sie für breitere Schichten wählbar zu machen, bedeutet das Urteil in Paris aber nicht automatisch einen schweren Rückschlag. Denn der oft im Jackett und mit Krawatte betont bürgerlich auftretende Bardella ist in den Umfragen ähnlich beliebt (35 Prozent) wie Le Pen (37 Prozent) – und könnte für viele Franzosen eine Alternative sein. Der liberale und inzwischen höchst unpopuläre Präsident Emmanuel Macron darf 2027 nicht erneut antreten.
Sohn italienischer Einwanderer
Bardella, der Sohn italienischer Einwanderer, hat einen rasanten Aufstieg in der RN-Parteihierarchie hinter sich – aber außerhalb der Politik nicht viel Erfahrung. Als Kind verbrachte Bardella seine Schulferien bei einem Onkel in Turin, der dort ein Restaurant namens „Europa“ betrieb.
Mit 17 Jahren trat Bardella der rechtsgerichteten Partei bei, die damals noch Front National hieß und den Ausstieg Frankreichs aus der EU im Programm hatte.
Die damalige Chefin Marine Le Pen wurde bei einem Pizza-Abend mit dem Parteinachwuchs auf ihn aufmerksam und traute ihm sehr früh sehr viel zu. Mit 22 Jahren war Bardella Parteisprecher und Chef der Jugendorganisation, mit 23 Spitzenkandidat bei der Europawahl.
Aus bescheidenen Verhältnissen
Bardella stammt aus bescheidenen Verhältnissen aus einer Pariser Vorstadt. Seine Siedlung sei ein Drogenumschlagplatz gewesen, aber seine alleinerziehende Mutter habe ihn vor dem Abrutschen bewahrt. Sie sei streng gewesen und habe Wert auf Respekt gelegt, erzählte Bardella gerne in Interviews.
Sein Geographie-Studium brach Bardella noch vor dem Bachelor ab. Die Politik hatte ihn in ihren Bann gezogen. Wäre er nicht in die Politik gegangen, hätte er Soldat werden wollen, sagte Bardella einmal. Stattdessen wurde er Parteisoldat und stieg unter Le Pen im RN unaufhaltsam nach oben.
Dabei mauserte er sich zum Medienprofi, der Wissenslücken und Widersprüche ungerührt weglächelt. Erfolg hat er auch mit seinen Tiktok-Auftritten vor seinen rund 1,5 Millionen Abonnenten – auch dort oft mit Krawatte und vor der französischen Flagge sitzend.
Beliebt unter skeptischen Wählern
Der Partei bringt Bardella neue, bisher skeptische Wähler: Junge, Angestellte, Rentner und Stadtbewohner. So warnte er beispielsweise davor, „dass die französische Identität auf ihrem eigenen Boden auf beispiellose Weise verdrängt“ werden könne. Zudem erregte sein Vorhaben Aufsehen, Berufsverbote für Franzosen mit doppelter Staatsangehörigkeit zu verhängen.
Im Wahlkampf für die Europawahl im vergangenen Jahr hatte die heutige RN-Fraktionschefin Le Pen erklärt, dass sie 2027 als Tandem die Macht übernehmen wollten: sie als Präsidentin, Bardella als Regierungschef.
Nach dem Urteil am Montag stärkte Bardella seiner Ziehmutter zwar demonstrativ den Rücken: „Ein Todesurteil für die französische Demokratie“, nannte er die Entscheidung des Gerichts auf X. (afp/red)