Klimaschutz durch Milliardeninvestitionen? Ein Trugschluss. Solange mehr Geld mehr Beton, Verkehr und Konsum bedeutet, heizen wir die Erde weiter auf. Die Schuldenbremse schützte das Klima – aus Versehen
Weniger, nicht mehr davon
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Wie wenig die Politik das Klimaproblem intellektuell durchdrungen hat, lässt sich derzeit vortrefflich studieren: In den Debatten um Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse kommt die Erderwärmung mit keiner Silbe vor. Mehr Geld zu investieren bedeutet aber immer, den Ressourcenverbrauch weiter anzukurbeln, und so lange diese Ressourcen Beton, Stahl, Benzin oder Kieselsäure sind, wird die Atmosphäre weiter angeheizt. Mit ihrem Sondervermögen Infrastruktur machen die potenziellen Koalitionäre von SPD und der Union genau das.
Klimaschutz bedeutet indes weniger. Weniger Treibhausgase. Weniger Zersiedlung, weil unbebauter Boden Kohlendioxid speichert, der frei wird, wenn dort ein Parkplatz entsteht. Weniger landwirtschaftlich genutzte Fläche, weil beim Umbruch der Bodenkrume Treibhausgas emittiert wird. Weniger Fleisch, weniger Tempo auf der Autobahn, weniger Flüge, weniger Energieverbrauch, weniger Konsum, vor allem weniger Ressourceneinsatz. Nur wenn wir weniger von allem nutzen, besteht die Chance, die gefährlichen Kippelemente im Weltklimasystem stabil zu halten.
Stellt sich die Frage: Können wir dieses Ziel durch den Einsatz von mehr Geld erreichen? Denn natürlich gehört zum funktionierenden Klimaschutz auch ein „mehr“: Mehr Moore wiedervernässen, mehr Flächen stilllegen, mehr Geld, um das Stromnetz zukunftsfreundlich umbauen zu können, mehr Finanzkraft, um den sozialen Ausgleich der Energiewende zu organisieren, mehr Fördergeld, damit sich die klimafreundlichen Technologien durchsetzen.
Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass diese Ziele nicht durch mehr Geld zu erzielen sind: Vattenfall hat am Standort Schwarze Pumpe in Brandenburg genau so lange in die Erforschung der Abscheidung von Treibhausgasen investiert, wie es dafür Fördermittel gab. Die Post hat genau so lange in E-Autos investiert, wie der Steuerzahler dafür blechte. Zwar gibt es üppige Förderungen für die Wärmewende, trotzdem ist der Absatz der Wärmepumpe im vergangenen Jahr fast um die Hälfte eingebrochen. Thyssenkrupp hat vom Steuerzahler zwar Milliarden für die Umrüstung auf grünen Stahl bekommen, weil fossiler Stahl aber billiger ist, stellt der Konzern sein Projekt jetzt selbst in Frage.
Das zeigt: Es sind die Rahmenbedingungen, die Klimaschutz gelingen lassen. Solange es ein Dienstwagenprivileg gibt, wird es im Verkehr nicht vorangehen mit der Treibhausgasreduktion. Solange der Flug nach Stuttgart billiger ist als eine Fahrt mit dem Zug, werden der Bahn Kunden fehlen.
Mehr Geld für Förderprogramme, damit die Transformation gelingt? Natürlich ist es hilfreich, den deutschen Sparfuchs zu animieren. Laut Erhebung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft war im letzten Haushalt der Ampel fast jeder vierte Euro eine Subvention. Ein Großteil davon ist nach Einschätzung des Umweltbundesamtes klimaschädlich. Um diese abzubauen, brauchen wir keine Aufweichung der Schuldenbremse. Mit mehr als 457 Milliarden Euro hatte der Bund im vergangenen Jahr einen Rekordhaushalt, Geld für Investitionen wäre also da.
Eine linke Position kann nicht sein, immer mehr auszugeben. Denn so eine Politik heizt das Klima weiter an und verlagert die heutigen Probleme in die Zukunft. Deshalb ist die Schuldenbremse praktizierter Klimaschutz. Mehr Geld auszugeben, das können wir uns nicht leisten, weil das den Sturzbach des Ressourcenverbrauches weiter antreibt.