Das „WO“ ist eines der wichtigsten Konzertstücke der Weihnachtszeit: Der Klassiker der Barockmusik wird jedes Jahr in zahlreichen Kirchen der Region aufgeführt. Im Erzgebirge hat man nun eine alternativen Instrumentalbegleitung gewagt – und das Konzept ging voll auf

Vokalmusik.

Neid, so er sich auf das Auch-haben-wollen konzentriert statt darauf, anderen etwas zu missgönnen, ist nichts Schlimmes, sondern  kann sogar wertvolle Produktivkräfte freisetzen. Die Musik Johann Sebastian Bachs ist dafür ein gutes Beispiel. Es gibt wohl kaum einen anderen Komponisten, dessen Werke gemäß dem Wunsch „Das will ich auch spielen können!“ öfter für Instrumente oder Ensembles umarrangiert werden und wurden, für die sie ursprünglich nicht gedacht waren – so man das bei Bach überhaupt  genau sagen kann, war er doch selbst ein fleißiger Neuarrangeur und Mehrfachverwerter.

Und kommt dabei so etwas Überzeugendes heraus wie das, was rund 400 Gäste am Samstagabend in der Kirche St. Martin in Zschopau erleben durften, gibt der Erfolg den Anstrengungen Recht. Die Kantaten 1 bis 3 aus dem Weihnachtsoratorium waren dort  mit den bestens präparierten Kantoreien Zschopau/Dittersdorf und Burgstädt sowie Jana Büchner (Sopran), Sylvia Irmen (Alt), Murilo Sousa (Tenor, Evangelist) und Sebastian Richter (Bass) als Solisten unter Leitung der Zschopauer Kantorin Carola Kowal zu erleben. Statt vom Kammerorchester begleitet von den Westfälischen Saxophonikern. Das Konzert wird am Sonntag ab 17 Uhr in der Stadtkirche Burgstädt wiederholt.

Die neun Musikerinnen und Musiker mit Saxofonen in den Lagen von Sopran bis Kontrabass spielten nicht nur brav Bachs Instrumentalsätze nach, sondern unternahmen immer wieder Ausflüge in jazzig-swingende Sphären, angelehnt an Bachs Melodien und doch vom Gedanken der Freiheit beseelt. Das wirkt nicht wie aufgepfropft, sondern sehr organisch, selbstverständlich, selbsterklärend, selbstbewusst. Bisweilen sind Alt und Neu nicht mehr zu trennen: Unterlegt Bach das Bass-Rezitativ „So geht denn hin, ihr Hirten“ im Original auch so mit gebrochenen Akkorden, dass es klingt wie Philip Glass? Egal. Sehr cool. Ebenso wie der Umstand, dass trotz geringer gemeinsamer Probenzeit vorab stets ein ausgeglichenes Klangbild zwischen Instrumentalisten und Vokalisten gewahrt wurde.

All das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass das Saxofon, spielt es der oder die Richtige, eine immense Bandbreite von Ausdrucksmöglichkeiten bietet. Es kann nicht nur klingen wie es selbst, sondern auch wie Blech, wie Oboen, kann den edelmatten Glanz von Streichern emulieren. Ja, tiefe Instrumente klingen knarziger als jeder Kontrabass oder haben, stoßweise angeblasen, gar perkussive Klangqualitäten. Zwar wurde das Saxofon erst 90 Jahre nach dem Tod Bachs erfunden. Aber der, bekanntlich stets höchst interessiert an allen instrumentaltechnischen Neuerungen seiner Zeit – man bedenke seinen engen Kontakt zum Freiberger Orgelbauer Gottfried Silbermann, dem Vertreter der New Economy seiner Ära schlechthin – wäre wohl ob der Möglichkeiten des Instruments und namentlich über diesen konkreten Einsatz begeistert gewesen. Begeistert war denn auch das Publikum, das in dem schön sanierten, vom Interieur wohltuend schlicht gehaltenen, angenehm temperierten Gotteshaus nach kurzweiligen 100 Minuten ausgiebig Beifall zollte.
 

Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach – weitere Termine

Samstag, 10. Dezember:

Laurentiuskirche, Auerbach/V.
Beginn:17.00 Uhr, Einlass ab 16.30 Uhr

St.-Jakobi-Kirche Stollberg
Beginn: 19.30 Uhr

St. Annenkirche Annaberg-Buchholz
Beginn: 19 Uhr

Sonntag, 11. Dezember:

Dom St. Marien, Zwickau
Beginn: 17 Uhr

Samstag, 17. Dezember:

Kreuzkirche, Chemnitz
Beginn: 18.30 Uhr

Dienstag, 27. Dezember:

Aegidiuskirche Lengenfeld
Beginn: 17 Uhr



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Von Veritatis

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