Mit reinem Frittenfett unterwegs: Bislang durften Autofahrer Biodiesel aus Abfallstoffen nur in beigemischter Form in ihr Fahrzeug tanken. Das soll sich nun ändern.
Autofahrer werden künftig auch Diesel tanken können, der zu 100 Prozent aus Abfallstoffen wie Frittenfett hergestellt wurde. Dazu hat das Bundeskabinett den Weg freigemacht. Zuvor hatte der Bundesrat der entsprechenden Verordnung zugestimmt. Noch im Mai sollen dann sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe, die aus Abfallstoffen und Pflanzenölen bestehen, als Reinkraftstoff zugelassen werden.
Bislang durfte diese Art von Kraftstoff nur dann getankt werden, wenn sie dem regulären Dieselkraftstoff beigemischt wurde. Der zugelassene Beimischungsanteil lag dabei nach Angaben des Bundesumweltministeriums bei 26 Prozent.
Mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung darf der Öko-Diesel künftig auch in 100-prozentiger Konzentration angeboten werden. Das Bundesumweltministerium weist darauf hin, dass der Öko-Diesel HVO, den die neue Verordnung betrifft, bislang nur zu etwa zwei Prozent beigemischt werde, „obwohl technisch und rechtlich mehr möglich wäre“, heißt es.
„Wichtiger Schritt für mehr Klimaschutz“
HVO steht für „hydrotreated vegetable oil“ – hydriertes Pflanzenöl. Den Angaben zufolge dürfen neben dem HVO-Diesel auch paraffinische Dieselkraftstoffe aus fossilen Ausgangsstoffen wie Erdgas künftig zu 100 Prozent in den Tank. Das war bislang auch nicht der Fall. Die bisher mögliche Beimischung des Bio-Kraftstoffs soll für beide Kraftstoffarten bestehen bleiben. Nutzen und Chancen des Kraftstoffs beurteilen das von den Grünen geführte Umweltministerium und das von der FDP gelenkte Verkehrsressort unterschiedlich.
Verkehrsminister Volker Wissing nannte die Freigabe von HVO 100 einen „wichtigen Schritt für mehr Klimaschutz im Verkehr“. Der Kraftstoff sei besonders hochwertig und nachhaltig. Aus Abfall- und Reststoffen produziertes HVO könne die CO2-Emissionen gegenüber fossilem Diesel um mehr als 90 Prozent reduzieren, sagte der FDP-Politiker. „Der Kraftstoff hat sich in der Praxis bewährt, ist in industriellem Maßstab verfügbar und für moderne Dieselmotoren grundsätzlich geeignet.“ HVO 100 könne einen wirksamen Beitrag leisten, um die Emissionen in der Bestandsflotte zu reduzieren.
Das Bundesumweltministerium argumentiert dagegen, dass HVO-Kraftstoff nicht grundsätzlich nachhaltig sei. „Nur wenn nachhaltige Rohstoffe zur Herstellung eingesetzt werden, ist HVO auch nachhaltig“, heißt es. So könne der Kraftstoff auch aus Palmöl hergestellt werden, das laut Umweltministerium zu Treibhausgasemissionen beitrage und zu großen Verlusten bei der Artenvielfalt. Auch sei es kaum möglich, die bei der Herstellung der Kraftstoffe eingesetzten Rohstoffe nachträglich nachzuweisen. Autofahrer können also an der Zapfsäule nicht wissen, ob sie nachhaltigen Kraftstoff tanken oder nicht.
Kritik vom Umweltministerium
Laut dem Verkehrsministerium ist nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz Palmöl als Ausgangsstoff von Biokraftstoffen für die Anrechnung auf die Treibhausgasminderungsquote ausgeschlossen. Insofern bestehe auch kein Anreiz, aus Palmöl produziertes HVO auf den Markt zu bringen. Aus Abfall- und Reststoffen hergestelltes HVO sei von der steigenden CO2-Bepreisung ausgenommen: „Damit ist HVO mittelfristig auch wirtschaftlich eine attraktive Option, um den individuellen CO2-Ausstoß im Straßenverkehr zu verringern“.
Aus Sicht des Umweltministeriums ist auch fraglich, in welchem Umfang der neue Treibstoff verfügbar sein wird. Altspeiseöle – beispielsweise aus der Gastronomie – würden bereits heute vollständig als Beimischung im Verkehr eingesetzt und könnten nicht gesteigert werden. Der CO2-Ausstoß von Fahrzeugen verringere sich dadurch derzeit nur geringfügig.
„Würde man die vorhandene Menge an nachhaltigem HVO-Diesel als Reinkraftstoff verwenden, reichte sie nur für eine kleine Zahl an Fahrzeugen“, sagte ein Sprecher von Ministerin Steffi Lemke (Grüne). Es bringe für den Klimaschutz folglich keinen zusätzlichen Nutzen, wenige Fahrzeuge mit nachhaltigem Reinkraftstoff zu betanken, statt ihn für die gesamte Flotte beizumischen. (dpa)
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