Ursprünglich ging es lediglich um das Schulsystem, das im US-Bundesstaat Louisiana nicht zu den besten der Welt gehört.
Volksabstimmung für Unabhängigkeit
Insbesondere in der Hauptstadt Baton Rouge (ca. 227.000 Einwohner) gab es viel Kritik am örtlichen Schulsystem. Seit 2012 forderten die Bewohner von St. George (ca. 86.000 Einwohner), einem Stadtteil mit eher wohlhabenderen Einwohnern, einen eigenen Schulbezirk – erfolglos.
2019 wurde es den Bewohnern von St. George zu bunt, und die Idee, sich zur selbständigen Stadt zu erklären, wurde geboren. Eine Volksabstimmung ergab eine Mehrheit (54 Prozent) zugunsten der Unabhängigkeit vom Rest der Stadt Baton Rouge.
Nach fünf Jahren am Ziel
Ende April stimmte nach langem Instanzenzug der Oberste Gerichtshof von Louisiana dem Plebiszit zu: St. George ist jetzt unabhängig und damit formell die fünftgrößte Stadt von Louisiana.
Die „verbliebene Stadt“ Baton Rouge steht nun vor großen Schwierigkeiten, weil der Großteil der bisherigen Steuereinnahmen just aus St. George stammte und zukünftig der Stadt nicht mehr zur Verfügung steht.
Rassismuskeule gegen Weiße
Man packte gleich die Rassismuskeule aus, denn in St. George wohnen ca. 70 Prozent Weiße und zwölf Prozent Schwarze, während in der „alten“ Stadt Baton Rouge die Schwarzen ungefähr 55 Prozent der Einwohner stellen.
Dabei hatten die Einwohner von St. George nur so gestimmt, wie es in der Vergangenheit von einigen Schwarzen gewünscht worden war: In einem Theaterstück, in unzähligen Beiträgen in sozialen Medien und Veröffentlichungen wurde immer wieder gefordert bzw. gehofft, dass die Weißen die Stadt verlassen, da nur sie – weil rassistisch – die „guten Posten“ innehätten, während die Schwarzen die „wirkliche Arbeit“ leisten würden.
Verengung des Meinungskorridors
Interessant in dieser Debatte ist die Verengung des Meinungskorridors auf ausschließlich die beiden Rassen weiß und schwarz: St. George wird auch von Schwarzen bewohnt, und jeder Baton-Rouger hat die Möglichkeit, nach St. George zu ziehen. Außerdem haben „nur“ 54 Prozent für die Unabhängigkeit gestimmt, also nicht „alle Weißen“.
Weiter mit der Rassismuskeule
Auch nach dem Austritt von St. George überwiegen von schwarzer Seite die einseitigen Beurteilungen: Einerseits sei es „rassistisch“ von den Weißen, die Steuereinnahmen der (mehr Steuern zahlenden) St. Georgern „mitzunehmen“, andererseits – so einige schwarze Kommentatoren – würde man diesen Weißen auch keine Träne nachweinen. Denn jetzt seien die Schwarzen in Baton Rouge endlich sicherer, da die Weißen für die hohe Kriminalität verantwortlich wären – eine Behauptung, die mit der offiziellen Kriminalitätsstatistik nicht übereinstimmt.
Vorwürfe über Vorwürfe
Weiße würden auch Baton Rouge „sabotieren“. Sollte es Baton Rouge ohne St. George zukünftig also schlechter gehen – die Weißen sind immer schuld! Außerdem herrscht auch Schadenfreude vor, denn nach Ansicht eines schwarzen Kommentators wären die Weißen nicht in der Lage, eine Gemeinde zu führen, sie würden scheitern, weil sie – im Gegensatz zu den Schwarzen – keine Ahnung von Verwaltung hätten. Schon in wenigen Jahren – so die Überzeugung – würden die Weißen „betteln“ kommen, um wieder in Baton Rouge aufgenommen zu werden.
Die Initiatoren der Abstimmung hingegen geben sich optimistisch, eine völlig neue Gemeindeverwaltung in St. George aufbauen zu können, ohne auf irgendwelche historisch gewachsenen Befindlichkeiten Rücksicht nehmen zu müssen – und mit eigenem, besseren Schulwesen für die Kinder.