Von Kai Rebmann

Ein treuer Leser unserer Seite hat uns den jüngsten Newsletter der Sektion Köln des Deutschen Alpenvereins zugeschickt. Darin äußert sich deren Chef Kalle Kubatschka ausführlich und in bester Manier eines Dorfschulmeisters über die Grundzüge der Demokratie und erklärt, weshalb gerade der DAV ein Musterbeispiel hierfür sei. Dies ist zwar nicht die Aufgabe von Kubatschka, aktuell aber so in Mode, dass auch der Sektionspräsident am Rhein nicht umhin konnte, eine dieser Fensterreden zu halten.

Unser Leser moniert, dass er in den vergangenen Jahren immer wieder habe erleben müsse, wie sich der Verein und insbesondere dessen Vorsitzender politisch äußere und positioniere. Auch der Zeitpunkt des Schreibens nur wenige Wochen vor der Europawahl ist für den Leser deshalb alles andere als Zufall. Das DAV-Mitglied gehört eigenen Angaben zufolge zu einem Kreis von rund 20.000 Empfängern des Newsletters.

Unter der Überschrift „Demokratie durch und durch“ beginnt Kubatschka mit Ausführung, die so selbstverständlich sind, dass deren wiederholte Betonung schon fast wieder auffällig erscheint: Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ des DAV, jedes erwachsene Mitglied kann wählen und gewählt werden, alle Beschlüsse werden demokratisch getroffen und so weiter und so fort.

Warnung vor Rechtsruck

Dann endlich kommt der Chef der Sektion zum offensichtlichen Kern seines Anliegens: „Demokratie ist für uns in der Gesellschaft so selbstverständlich geworden, dass wir sie manchmal zu wenig wertschätzen – ja, sogar manchmal bewusst oder unbewusst riskieren – das nennt man dann ‚Protestwählen‘. Wie gefährlich das ist, sehen wir an vielen Stellen am Rechtsruck in Europa und der ganzen Welt.“

Da war sie also wieder, die allgegenwärtige Warnung vor „Rechts“ als vermeintlich größte, wenn nicht gar einzige Gefahr für die Demokratie. Kein Wort über den Islamismus und die offenen Rufe nach einem Kalifat auf deutschen Straßen. Und erst recht kein Wort über den modernen Antisemitismus der 2020er-Jahren sowie dessen Ursachen und Urheber – wobei letzteres vielleicht nur allzu verständlich ist.

Unser Leser kritisiert die politische Schlagseite des Newsletters der DAV-Sektion mit deutlichen Worten und erinnert dabei an weniger ruhmreiche Epochen der Geschichte: „Wenn man bedenkt, dass der Alpenverein schon in den 1920er-Jahren angefangen hat, Juden auszuschließen und jetzt erneut versucht, den Mainstream zu stärken, Andersdenkende als Protestwähler zu diffamieren und als Feinde der Demokratie in die rechte Ecke zu schieben, ist das für mich sehr problematisch.“

Es waren eben diese Mechanismen, die wir heute erleben, die sowohl den Nationalsozialisten als auch anderen totalitären Regimen den Weg an die Macht geebnet haben. Und tatsächlich war es ausgerechnet die damalige Sektion Rheinland-Köln, die bereits ab 1921 als eine der ersten Sektionen des Deutschen Alpenvereins keine Juden mehr aufgenommen hat.

Doch darüber spricht Kubatschka natürlich nicht so gerne. Stattdessen schließt er sein Anschreiben: „Nur wenn wir uns für unsere demokratischen Organisationen und Systeme einbringen, werden sie stark bleiben!“ Für den Chef der Sektion Köln stellt die offene Beeinflussung des politischen Willens dabei offenbar kein Widerspruch dar. Ebenso fehlt dem Funktionär allem Anschein nach die Fantasie dafür, dass es in diesem Land – und ausdrücklich auch innerhalb des DAV – Menschen geben könnte, die eine bestimmte Partei aus Überzeugung wählen.

Der gutmenschliche „Kampf gegen rechts“ scheint beim Alpenverein inzwischen tief verankert zu sein. Denn auch die Nachwuchsorganisation (JDAV) spricht in einem aktuellen Artikel ausschließlich über Rechtsextremismus und spart alle anderen Formen des Extremismus ausdrücklich aus. Und auch hier ist klar, gegen welche Partei es geht, auch wenn diese nicht explizit beim Namen genannt wird:

„Die Jugend des Deutschen Alpenvereins bekennt sich zu einer demokratischen Haltung und tritt aktiv gegen Rechtsextremismus ein. Wir verurteilen jede Form von Intoleranz, Hass und Gewalt. Als Bergsportgemeinschaft stehen wir für Vielfalt, Humanität, Respekt und Solidarität. Mit Sorge beobachten wir das Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Strömungen in Deutschland. […] Es ist eine Bedrohung und hat bereits Konsequenzen für unsere Gesellschaft, dass der aktuelle politische Diskurs zunehmend menschenverachtender wird und unsagbare Parolen wieder salonfähig werden. Für diese rechtsextreme Haltung ist in der JDAV kein Platz.“

Wohlgemerkt, auch bei diesen „unsagbaren Parolen“ geht es dem Nachwuchs nicht um solche, die in den letzten Wochen und Monaten von Juden-Hassern und ähnlichen Feinden der Demokratie skandiert wurden. Die JDAV appelliert in ihrem ganz eigenen Demokratieverständnis an ihre Mitglieder:

„Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und im Hinblick auf anstehende Wahlen in diesem Jahr hat die Bundesjugendleitung eine Position verabschiedet, in der wir uns als JDAV klar für Menschenrechte und Demokratie positionieren – Nie wieder ist jetzt! Denn: Bergsportler*innen bekämpfen Rechtsextremismus und wählen nie rechtsextrem.“

Wenigstens das Gendern hat unfallfrei funktioniert, wenn es schon mit dem Lernen aus der Geschichte nicht klappt. Auch vor 100 Jahren wähnte sich der DAV bzw. dessen rechtliche Vorgängerorganisation – die Wiedergründung des heutigen DAV erfolgte im Jahr 1950 – auf der „richtigen“ Seite des politischen und gesellschaftlichen Mainstreams.

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Screenshot Youtube-Video WELT

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