Auf Veranstaltungen, die sich mit Frauenrechten oder Gewalt gegen Frauen beschäftigen, gibt es kaum Männer. Glauben Männer, das ginge sie nichts an?


Cover des neuen Buches von Caroline Darian, Tochter von Gisèle Pelicot

Foto: Stevens Tomas/picture alliance/abaca


Wen erwartet man auf einer Buchvorstellung von Caroline Darian? Na klar, eine Gruppe Jurastudentinnen. Immerhin ist die Frau, die im Berliner Kino Delphi-Palast an einem Abend im März spricht, die Tochter der Frau, die im vergangenen Jahr den meist beachteten Prozess der Welt geführt hat – und das, obwohl im selben Jahr auch der ehemalige-jetzt-leider-wieder US-Präsident ebenfalls vor Gericht stand. Darian beschreibt in ihrem Buch Und ich werde Dich nie wieder Papa nennen (Kiepenheuer & Witsch), wie die Nachricht, dass ihr Vater ihre Mutter Gisèle Pelicot über ein Jahrzehnt betäubt hat, um sie gemeinsam mit fremden Männern zu vergewaltigen, ihre Familie zerstört hat. Klar, dass Juristinnen hier sind, um sich das anzuhören.

Darian erz

Darian erzählt an dem Abend von einer „normalen“ Familie, einem fürsorglichen Vater. Als die Journalistin Shila Behjat sie auf der Bühne fragt, ob sie durch den Prozess auch etwas über Männlichkeit gelernt habe, denn es waren nur Männer, die ihre Mutter vergewaltigt haben, zögert sie. Was sie vor allem gelernt habe, sei, dass Gewalt sich reproduziere. Und: Dass die meisten der Täter auch einmal Opfer von Gewalt gewesen sind. Darian sichert den Männern im Publikum zu, dass sie, trotz der Erfahrungen, die sie gemacht hat, nicht glaubt, dass sie das Problem seien.Dabei ist die Gruppe, die sie anspricht, sehr, sehr klein. Denn es sind kaum Männer da. Das ist etwas, dass ich auf Veranstaltungen, die Frauenrechte, systematisierte Gewalt gegen oder Diskriminierung von Frauen thematisieren, immer wieder beobachte: Es gibt kaum Männer, die sich dafür interessieren und dorthin gehen. Warum kommt eine Gruppe Jurastudentinnen, um sich anzuhören, wie ein Prozess, in dem es um Vergewaltigung, Betäubung und Unterwerfung geht, sich für die Überlebenden anfühlt, aber kaum ein Jurastudent? Immerhin sollte das Thema auch in ihrem Interessenbereich liegen.Trotzdem sind sie nicht da. Deshalb möchte ich euch einmal direkt fragen, liebe Männer: Warum hört ihr euch das nicht an? Glaubt ihr, es ginge euch nichts an? Glaubt ihr, die Gewalt, die Frauen erleiden, betrifft euch nicht?Sie ist systematisch, durchzieht die gesamte Gesellschaft. Was Pelicot durchgemacht hat, ist kein Einzelfall. In derselben Woche, in der das Urteil in ihrem Prozess fiel, veröffentlichte das Reportageformat StrgF eine Investigativ-Doku, in der sie Vergewaltiger-Netzwerke auf Telegram offenlegten. In den Chats tauschen sich Männer detailliert darüber aus, wie sie Frauen mit chemischen Substanzen betäuben und unterwerfen können. Anschließend teilten sie Bilder und Videos der Taten. Wie in der Doku klar wird, handelt es sich dabei um Substanzen, die leicht erhältlich sind. Sie sind keineswegs ungefährlich und sie landen an einem Abend sicherlich nicht in nur einem Glas im Club.Also, Männer, es kann auch eure Mutter, Schwester, Kollegin, Frau oder eine Freundin treffen. Sogar euch selbst. Das kann euch doch nicht egal sein. Veranstaltungen wie die von Darian sind keine Selbsthilfegruppe für Betroffene, ihr seid hier nicht ausgeschlossen. Wir Frauen brauchen auch Männer, die sich für uns einsetzen, damit wir sicher abends weggehen können. Wir wollen Männer, die verstehen, dass Männer Substanzen, die Frauen betäuben oder enthemmen, gezielt als Waffe einsetzen, um ihnen Gewalt anzutun.Ich wäre so gerne so wütend darüber, dass wir euch Männern anscheinend so egal sind, aber irgendwie kann ich darüber nur traurig sein.Placeholder image-1Super Safe SpaceAlina Saha ist Online-Redakteurin des Freitag. Neben Umwelttthemen schreibt sie abwechselnd mit Saskia Hödl, Leander F. Badura und Noelle Konate die Kolumne „Super Safe Space“.



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Von Veritatis

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