Der Krieg in der Ukraine geht weiter, obwohl schon seit Wochen über sein Ende verhandelt wird. Aktuell verordnet das Wetter den beiden Kriegsparteien eine gewisse Zeit der Untätigkeit, denn die Schlammperiode lässt Bewegungen abseits der befestigten Straßen kaum zu. Das schränkt die operativen Möglichkeiten beider Seiten empfindlich ein.
Doch sobald der Boden trocken und für schwere Fahrzeuge wieder besser befahrbar ist, dürfte auch die Intensität der Kampfhandlungen wieder zunehmen. Insbesondere auf russischer Seite sollte mit einer Frühjahrsoffensive gerechnet werden. Zwei Gründe sprechen dafür.
Zunächst sehen sich die Russen im Moment im Vorteil. Sie waren zuletzt in der Offensive, es gelang ihnen, die Ukrainer aus Kursk zu vertreiben, und sie sehen sich nicht zuletzt deshalb im Vorteil, weil US-Präsident Donald Trump eine gewisse Abkehr von der Ukraine vollzogen hat.
Gefangen im eigenen Narrativ kann die Devise nur Angriff lauten
Eine solche Ausgangssituation würde es aus russischer Sicht nahelegen, im weiteren Verlauf des Frühjahrs eine neue Offensive zu starten. Nahelegen ist aber noch kein zwingender Grund. Dieser ergibt sich vor allem aus der Art und Weise, wie die russische Seite seit 2022 diesen Konflikt erklärt und beschreibt.
Aus russischer Sicht tritt man wie im Zweiten Weltkrieg als Befreier auf und heute wie damals ist es die russische Armee, die das Schlachtfeld dominiert und auf dem Vormarsch ist. Dieser Vormarsch wird zudem als eine Art Zwangsläufigkeit beschrieben. Russlands Überlegenheit – so das gängige Narrativ des Kremls – ist so gewaltig, dass der Krieg gar kein anderes Ende haben kann als das eines russischen Sieges.
Der bisherige Kriegsverlauf widerspricht zwar an vielen Stellen der russischen Darstellung, aber gerade weil das Narrativ des Kremls so ist, wie es ist, kann auf eine neue Offensive kaum verzichtet werden. In den laufenden Friedensverhandlungen erhebt Russland Ansprüche auf Gebiete, die es noch gar nicht erobert hat.
Will die russische Führung gerade in den Augen der eigenen Bevölkerung nicht als Blender und Aufschneider erscheinen, müssen recht schnell wieder neue militärische Erfolge her. Gemäß dieser Logik dürften schon bald wieder zahlreiche russische Soldaten in den üblichen verlustreichen Angriffswellen verheizt werden.