Am 15. April 2025 führte Judge Andrew Napolitano ein Interview mit dem ehemaligen US-Oberst Douglas Macgregor, in dem die beiden über geopolitische Spannungen, die Rolle der USA im Nahen Osten, den Ukraine-Krieg und die Haltung der Neokonservativen diskutierten. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob Präsident Selenskyj und die westlichen Hardliner einen möglichen Friedensvertrag zwischen Russland und den USA überhaupt akzeptieren würden. Macgregor äußerte sich dabei schonungslos über die aktuelle US-Außenpolitik, das Bündnis mit Israel, Trumps Zögern sowie den Zustand der westlichen Militärstrategie – und stellte die gesamte Ausrichtung des Westens infrage.

Die wichtigsten Punkte:

Andrew Napolitano:
Colonel Macgregor, danke, dass Sie heute wieder bei uns sind. Hat sich die US-Regierung erneut mit ISIS und al-Qaida verbündet?

Douglas Macgregor:
Die USA setzen wie gewohnt auf Stellvertretertruppen. Es gibt Bemühungen, ISIS- und al-Qaida-nahe Kämpfer in der arabischen Halbinsel zu rekrutieren. Die USA unterstützen aus der Luft und vom Meer. Das Marine Corps wäre eigentlich prädestiniert für so etwas – wird aber nicht eingesetzt. Das ist bezeichnend.

Andrew Napolitano:
Und das trotz der Terrorlisten?

Douglas Macgregor:
Genau. Senator McCain hat schon in Syrien islamistische Gruppen gegen Assad unterstützt. Gesetze gelten offenbar nur selektiv.

Andrew Napolitano:
Gibt es irgendeinen militärisch nachvollziehbaren Grund für die US-Angriffe im Jemen?

Douglas Macgregor:
Es geht vordergründig um Seehandelssicherheit, aber in Wirklichkeit sind wir vollständig Teil der israelischen Offensive geworden. Alles, was Israel gehört, wird als feindlich angesehen – inklusive der USA. Wir sind de facto im Krieg mit jedem, der sich Israel entgegenstellt.

Andrew Napolitano:
Netanjahu traf Trump im Oval Office. Kurz danach kündigte Trump an, sein Gesandter werde direkt mit dem Iran sprechen. Netanjahu wirkte überrascht. BBC und The Economist berichten, Netanjahu wollte Trump zu öffentlicher Kritik an Erdogan bewegen – und zu Unterstützung im Fall eines Krieges gegen Iran. Trump lehnte beides ab. Was halten Sie davon?

Douglas Macgregor:
Ich denke, Trump will nicht in einen israelisch-türkischen Konflikt hineingezogen werden. Er sieht in Gesprächen mit dem Iran die letzte Chance, eine Eskalation zu vermeiden. Aber er steht zwischen zwei unzuverlässigen Verbündeten: Netanjahu und Selenskyj – beide ohne bindende Verträge, aber mit maximalen Erwartungen.

Andrew Napolitano:
Laut BBC wollte Netanjahu Trump in der Pressekonferenz zu einem klaren Statement gegen Erdogan bewegen. Trump reagierte anders und kündigte stattdessen Gespräche mit dem Iran an. Was heißt das außenpolitisch?

Douglas Macgregor:
Trump weiß, dass ein Krieg mit der Türkei oder dem Iran katastrophal wäre. Er versucht, Eskalation zu vermeiden. Netanjahu will hingegen den „Libyen-Weg“ – also vollständigen Regimewechsel durch militärische Zerschlagung. Dasselbe strebt Selenskyj für Russland an. Trump steht zwischen beiden – ohne echte Verträge, aber mit maximalem Druck.

Andrew Napolitano zum Ukraine-Krieg:
Ist das nicht bereits Trumps Krieg?

Douglas Macgregor:
Ja. Wenn er das hätte vermeiden wollen, hätte er am Tag nach seiner Amtseinführung sämtliche Waffenlieferungen eingestellt und US-Personal abgezogen. Das hat er nicht getan – also gehört ihm dieser Krieg. Er hätte es stoppen können. Jetzt verlängert er nur Bidens Linie.

Andrew Napolitano:
General Kellogg schlägt eine Teilung der Ukraine nach Berliner Modell vor. Realistisch?

Douglas Macgregor:
Nein. Niemand in Moskau wird so etwas akzeptieren. Kelloggs Zielgruppe sind nicht Russen, sondern westliche Hauptstädte – Paris, Berlin, London. Dort glaubt man noch, dass man aus dem Krieg Vorteile ziehen kann. Aber der Schaden ist längst global. Und wir haben militärisch wie wirtschaftlich keinen Gewinn daraus.

Andrew Napolitano:
Ist die russische Armee auf dem Vormarsch?

Douglas Macgregor:
Ja. Der Westen hat versagt – strategisch, logistisch, moralisch. 1,2 bis 1,5 Millionen ukrainische Soldaten sind tot. Die russische Armee wird ihre Positionen konsolidieren und dann den Krieg beenden – zu ihren Bedingungen.

Andrew Napolitano:
Was sagen Sie zu den 145 % Strafzöllen auf China?

Douglas Macgregor:
Katastrophal. China produziert 50 % der Antibiotika-Grundstoffe, besitzt kritische Komponenten für F-35-Flugzeuge und hält fast 1 Billion Dollar US-Staatsanleihen. Und dennoch agieren wir, als könnten wir sie einfach wirtschaftlich zerstören, ohne selbst Schaden zu nehmen.

Andrew Napolitano:
Was muss Trump tun?

Douglas Macgregor:
Sich endlich mit kompetenten, vorsichtigen Beratern umgeben. Strategisch denken. Verluste gegen Nutzen abwägen – wie in jeder historischen Lektion. Und aufhören, impulsiv mit militärischen Lösungen zu reagieren. Denn: Wer den Krieg beginnt, verliert die Kontrolle.

Andrew Napolitano:
Ein abschließender Vergleich?

Douglas Macgregor:
1914 sagte man in London und Paris: Der einzige in Berlin, der diesen Krieg nicht will, ist der Kaiser. Und trotzdem hat er ihn nicht gestoppt – obwohl er es konnte. Trump ist heute in derselben Lage. Er kann es beenden. Er muss nur sagen: „Nein. Es ist vorbei.“

Andrew Napolitano:
Vielen Dank, Colonel. Das war brillant.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert