Während Deutschland in der Rezession steckt, zahlen DAX-Konzerne wie Allianz und Telekom ihren Anlegern Rekord-Dividenden. Wie passt das zusammen? Und wieso akzeptieren wir, dass nur eine kleine Minderheit von diesem System profitiert?


Haben Sie Allianz-Aktien? Ne? Schade! Der Versicherungskonzern wird dieses Jahr wohl 5,9 Milliarden Euro Dividenden ausschütten

Collage: der Freitag, Material: iStock


Bei der Deutschen Telekom läuft es derzeit rund. Ein Umsatzzuwachs im vergangenen Jahr von 3,4 Prozent auf 115,8 Milliarden Euro, dazu ein Betriebsergebnis von 26,3 Milliarden Euro, das nur wegen eines Sondereffekts geringer ausfiel als ein Jahr zuvor. Wachstumsmotor war einmal mehr die US-Tochter T-Mobile, auf die inzwischen rund zwei Drittel des Geschäfts entfallen. Auf der Hauptversammlung haben die Aktionäre nun eine Dividendenerhöhung von 77 auf 90 Cent je Aktie beschlossen, die „höchste Dividende in der Geschichte der Telekom“, wie Vorstandschef Timotheus Höttges sagte. Unter dem Strich werden 4,4 Milliarden Euro ausgezahlt.

Damit hat die Deutsche Telekom nicht nur ein starkes Signal an ihre Anteilseigner gesendet, sondern auch die Richtung f

er dem Strich werden 4,4 Milliarden Euro ausgezahlt. Damit hat die Deutsche Telekom nicht nur ein starkes Signal an ihre Anteilseigner gesendet, sondern auch die Richtung für die Dividendensaison 2025 vorgegeben, die mit dem Aktionärstreffen des Bonner Konzerns begann und in der bis Ende Mai insgesamt 34 der 40 DAX-Unternehmen ihre Hauptversammlung abhalten werden. Laut einer Analyse des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY ist wie schon im Vorjahr mit einem rekordhohen Ausschüttungsvolumen von 54 Milliarden Euro zu rechnen. Insgesamt 14 DAX-Unternehmen wollen so viel Dividende zahlen wie nie zuvor, nur drei lassen ihre Eigentümer leer ausgehen. Größter Dividendenzahler ist in diesem Jahr der Versicherungskonzern Allianz mit 5,9 Milliarden Euro.Aber Moment! Wie kann das sein, dass so hohe Dividenden ausgeschüttet werden, während die deutsche Wirtschaft in einer so schlechten Lage ist? Haben die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute nicht gerade erst ihre Wachstumsprognose für 2025 von 0,8 auf 0,1 Prozent gesenkt? Wie es um die deutsche Wirtschaft generell bestellt ist, zeigt die „Erklärung der deutschen Wirtschaft zu den Koalitionsverhandlungen“, eine Art Weckruf an die künftige Regierungskoalition, die Anfang des Monats rund 100 Wirtschaftsverbände abgesetzt haben. Dort erklären sie: „Während die Weltökonomie beständig wächst, verharrt Deutschland in der Rezession. Unternehmen und Betriebe geraten im Standortwettbewerb immer mehr ins Hintertreffen.“ Weiter heißt es: „Deutschland hat nicht nur ein vorübergehendes, konjunkturelles, sondern insbesondere strukturelle Probleme.“ Doch all dies steht nur in einem scheinbaren Widerspruch zu den hohen Gewinnausschüttungen der DAX-Unternehmen.Nur 12,1 Millionen Menschen in Deutschland profitieren von dem SystemTatsächlich haben sich diese schon lange vom deutschen Markt abgekoppelt, rund 80 Prozent ihrer Umsätze erzielen sie inzwischen jenseits der Landesgrenzen. Und laut EY befinden sich mittlerweile auch 51 Prozent der DAX-Aktien in ausländischer Hand. Grund hierfür ist der Siegeszug der börsengehandelten Indexfonds (ETFs), wodurch die US-Vermögensverwalter BlackRock und Vanguard zu den größten Anteilseignern aufgestiegen sind. Auf Anleger aus Deutschland entfallen dagegen nur noch gut ein Drittel der DAX-Aktien. Der übrige Bestand lässt sich regional nicht exakt zuordnen.Doch selbst innerhalb der deutschen Bevölkerung kommen diese Dividendenausschüttungen nur einem relativ kleinen Personenkreis zugute. Laut dem Deutschen Aktieninstitut (DAI) hielten im Jahresdurchschnitt 2024 hierzulande nur gut 12,1 Millionen Menschen Aktien, Aktienfonds und/oder ETFs. Gemessen an der Bevölkerung ab 14 Jahren war damit etwa jeder sechste Bundesbürger am Aktienmarkt engagiert. Zudem ist davon auszugehen, dass selbst innerhalb dieser relativ kleinen Gruppe der Aktienbesitzer der Aktienbestand noch einmal höchst ungleich verteilt ist. Besonders deutlich wird dies bei dem Autobauer BMW, bei dem fast die Hälfte der Anteilsscheine den Quandt-Erben Susanne Klatten und Stefan Quandt gehört. Dementsprechend sorgen die Dividendenzahlungen des Münchner Premiumherstellers bei dem Geschwisterpaar alljährlich für Einnahmen in Milliardenhöhe.Dabei profitieren die Quandts freilich auch noch von einer steuerlichen Begünstigung. 2009 wurde nämlich unter dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Kapitalertragsteuer (manchmal auch Abgeltungsteuer genannt) eingeführt. Seitdem müssen Spekulationsgewinne und Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden nur noch pauschal mit 25 Prozent versteuert werden, anstatt mit dem persönlichen Einkommensteuersatz.Bei den Quandts hat dies allein im Jahr 2022 zu einer Steuerersparnis von 360 Millionen Euro geführt. Der Bremer Ökonom Rudolf Hickel hat nun Union und SPD aufgefordert, diese „forcierte Ungerechtigkeit der Steuerlastverteilung“ zurückzunehmen. Erhört wurde Hickel nicht. In ihrem Koalitionsvertrag (PDF) hat die künftige schwarz-rote Koalition zwar einige steuerliche Änderungen angekündigt. Von einer Reform der Kapitalertragsteuer ist darin jedoch keine Rede.



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Von Veritatis

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