Wie schlimm muss es um ein Land stehen, wenn ausgerechnet die Briten vor seiner Meinungsunfreiheit dort warnen? Nein, nicht vor Putin, nicht vor Orbán, nicht vor Erdoğan – sondern vor der Bundesregierung und der deutschen Justiz. Und nicht irgendein Blogger zeigt mit dem Finger über den Ärmelkanal – sondern der „Economist“. Das Magazin, das in deutschen Redaktionen ansonsten gern zitiert wird, wenn es gegen Trump, Brexit oder fossile Energien geht.
Aber diesmal ist alles anders. Diesmal sagt der „Economist“: In Deutschland ist die Meinungsfreiheit in Gefahr.
Der Vorwurf steht schwarz auf weiß im neuesten Ranking von Reporter ohne Grenzen – und die britischen Journalisten nehmen es ernst. Deutschland rutscht ab. Nicht wegen fehlender Technik, nicht wegen der himmelschreienden Meinungs-Monokultur im Fernsehen und in den Talkshows – sondern wegen staatlichem Druck auf Journalisten, wegen Geheimdienstbeobachtung oppositioneller Meinungsträger und wegen einer Atmosphäre, die kritische Stimmen erstickt, bevor sie überhaupt laut werden.
Besonders hervorgehoben wird dabei der Fall von David Bendels, dem Chefredakteur des „Deutschland-Kurier“. Er hatte ein satirisch manipuliertes Bild von Innenministerin Nancy Faeser veröffentlicht – mit dem Schild „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in ihrer Hand. Der „Economist“ merkt an: Solche Bildmontagen seien in sozialen Medien längst Alltag. Doch Faeser stellte Strafanzeige – und ein deutsches Gericht verurteilte Bendels zu sieben Monaten auf Bewährung, einer hohen Geldstrafe und einer offiziellen Entschuldigung. Das britische Magazin kommentiert trocken: Der Vorgang habe nicht nur internationale Aufmerksamkeit ausgelöst, sondern auch eine „Armee von Hobbysatirikern“ inspiriert. Und: Das Urteil schockiere viele Beobachter – ausgerechnet in einem Land, dessen Verfassung ausdrücklich auch die Verbreitung von Meinungen in Bildform schützt.
Von der Exportnation zur Zensurzone
Es ist ein Abstieg mit Ansage. Und mit doppeltem Boden: Denn während in Berlin noch von Vielfalt und Respekt gefaselt wird, erleben immer mehr Autoren, Wissenschaftler und Politiker, was es heißt, wenn der Staat nicht mehr diskutieren, sondern definieren will. Was sagbar ist. Was akzeptabel ist. Was „rechtsoffen“ ist – ein Begriff, der so dehnbar geworden ist wie ein Genderstern in einer DAX-Vorstandssitzung.
Ich habe das sehr schmerzhaft am eigenen Leib erlebt. Ermittlungsverfahren, Ausschreibung zur Fahndung, Festhalten am Flughafen, Kontokündigungen im Akkord, Polizei-Schnüffeleien bei Verwandten und Hausmeister. Faktisch wurde ich aus Deutschland vertrieben – was ich früher nie für denkbar gehalten hätte (siehe mein Buch „Meine Vertreibung„). Und ich bin beileibe nicht der einzige.
Der Verfassungsschutz hat längst seine Grenzen überschritten – nicht die juristischen, aber die demokratischen. Oppositionelle Beobachtung, mediale Brandmarkung, digitaler Pranger. Und kaum jemand widerspricht. Statt Solidarität zu zeigen, agieren manche Journalisten sogar als Brandbeschleuniger. Die einen aus Angst, die anderen aus Karriereinstinkt. Man hat sich arrangiert – mit der neuen Unfreiheit, die sich als Verantwortung tarnt.
Die Ironie: London warnt – während es selbst kippt.
Und jetzt kommt ausgerechnet der Economist. Ein britisches Magazin, mitten aus einem Land, in dem Julian Assange viele Jahren in Einzelhaft saß, in dem Hassredegesetze zur Alltagskeule geworden sind, in dem Genderkritiker ihre Jobs verlieren, so viele Menschen wegen kritischer Aussagen ins Gefängnis wandern, dass diese überfüllt sind.
Kurz: Der Warnruf kommt aus einem Glashaus. Aber vielleicht hört man dort das Klirren besser.
Und wenn selbst die hören, dass es kracht?
Dann ist der Punkt erreicht, an dem man aufhorchen sollte. Nicht weil der Economist ein Hüter der deutschen Demokratie wäre. Sondern weil es offenbar nur noch von außen sichtbar ist, was innen keiner mehr sehen will: Die Meinungsfreiheit bröckelt – nicht mit einem großen Knall, sondern mit vielen kleinen Schritten, die keiner als Bedrohung empfindet. Weil sie doch „nur die Richtigen“ treffen.
Heute trifft es Journalisten. Morgen Dichter. Übermorgen den Nachbarn.
Und über allem liegt ein Satz, den man in diesem Land lange nicht mehr hören wollte – und der jetzt, ausgerechnet aus Großbritannien, wiederkehrt:
„Wehret den Anfängen.“
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