Ein Gastbeitrag von Jörg Matysik et. al.
Jeder hat nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Doch was ist das IFG in der Praxis wirklich wert? Wieso können Gesundheitsbehörden die Herausgabe von angeforderten Dokumenten um Jahre verzögern? Und warum sind die Dokumente, wenn sie dann doch herausgegeben werden, meist bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt, obwohl zwischenzeitlich komplementäre Informationen international verfügbar sind?
Seit Februar 2022 bemühen wir uns, als eine Gruppe von Chemie- und Physik-Professoren, von unseren nationalen und europäischen Behörden Informationen zu den mRNA-Impfstoffen zu erhalten. Insbesondere interessieren wir uns für analytische Messmethoden zur Qualitätssicherung der Impfstoffe und Toleranzen von Integrität und Konzentration der Inhaltsstoffe.
Nach unserem Verständnis fallen diese Informationen nicht unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Hersteller, sondern werden von den Behörden den Herstellern vorgeben. Die oberste, auch für Deutschland zuständige Behörde für die Zulassung von Arzneimitteln ist die European Medicines Agency (EMA), die nach eigenen Hausregeln zum Umgang mit dem Informationsfreiheitsgesetz jedem EU-Bürger das Anfordern von zwei Dokumenten gewährt, die innerhalb von zwei Jahren bereitgestellt werden müssen. Von uns angefordert wurden für die Öffentlichkeit wichtige Dokumente im April 2022.
Nach nunmehr drei Jahren (!) werden uns diese häppchenweise zugesandt. Vorausgegangen war vor ein paar Monaten die Anfrage, ob wir diese Dokumente nach dieser langen Zeit wirklich noch benötigen. Einem im „EWR-Ausland“ lebenden deutschen Kollegen wurde eine Auskunft ganz verweigert, obwohl jedem EU-Bürger das Recht auf Auskunft zustehen sollte.
Die von der EMA erhaltenen Dokumente sind nun derart geschwärzt (s. Beispiele 1-3), dass sie hinsichtlich der angefragten Information völlig wertlos sind. Gegen die umfassende Schwärzung der Dokumente haben wir Einspruch erhoben. Wir staunen, dass die von den Behörden festgelegten erlaubten Toleranzen mit dem Argument „Schutz des Betriebsgeheimnisses des Herstellers“ geschwärzt werden, wobei z.B. die quantitative Zusammensetzung (Sollwerte) der Präparate durchaus veröffentlicht sind. Man könnte den Eindruck bekommen, dass die zulässigen Toleranzen derart hoch sind, dass Sie die Behörden nicht bekannt geben wollen, um keine wissenschaftlich nachvollziehbaren Rechtfertigungen dafür abgeben zu müssen.
Ein Schutzwert der Informationen besteht wohl eher nicht mehr, denn geleakte Dokumente (s. linke Tabellen in Beispielen 1-3) mit den gewünschten Informationen kursieren längst im Netz, etwa auf dieser niederländischen Seite (Link). Daher nehmen wir z.B. begründet an, dass in einem uns zugesandten Dokument der Stoff Natriumsulfat geschwärzt wurde – bei Waschmitteln ein Füllstoff, in der Medizin ein Abführmittel – das ebenfalls gering toxische EDTA als Komplexbildner mit mehr Möglichkeiten der biologischen Wechselwirkung blieb hingegen ungeschwärzt. Den Entscheidungsprozess dahinter verstehe wer will.
Weiterhin wissen wir aus den geleakten Dokumenten, dass die Menge an aktiver mRNA um etwa einen Faktor 4, d.h. um ca. 400%, variieren darf. Weshalb wurden aber solch riesige Toleranzen zugelassen? Geht es technologisch nicht besser? Wird die Herstellung bei geringeren Toleranzen zu teuer? Welche Auswirkung haben solch hohe Toleranz auf Wirkung und Nebenwirkungen? Nicht umsonst heißt es: Die Dosis macht das Gift. Vor dem Wehrbeschwerdesenat des Bundesverwaltungsgerichts im Sommer 2022 in Leipzig musste der Ober-Chargenprüfer des PEIs, Herr Dr. W., ebenfalls Zahlen nennen, die mit den geleakten Dokumenten übereinstimmten. Außerdem liegen diese Informationen auch aus den USA vor, wo sie nach einer Anfrage nach dem freedom of information act per Gerichtsbeschluss (Gerichtsbeschluss als PDF im Anhang) veröffentlicht werden mussten (hier).
Vor dieser Posse mit der EMA hatten wir uns bereits seit Februar 2022 mehrfach an das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gewandt, um die Herausgabe von für die Öffentlichkeit relevante Informationen zu erreichen. Die Berliner Zeitung berichtete (hier). Wir erhielten einen Bescheid vom 27. Juli 2022, dass man uns diese Informationen mit Verweis auf Datenschutz des Herstellungsprozesses nicht geben möchte. Dagegen haben wir Widerspruch eingelegt, der vom PEI mit dem Hinweis auf den Schutz von Herstellergeheimnissen negativ beschieden wurde. Dagegen haben wir im März 2023 auf Basis des IFGs beim Verwaltungsgericht Darmstadt Klage erhoben. Das PEI hat eine Frankfurter Anwaltskanzlei zu seiner Verteidigung beauftragt und eine Herstellerfirma dem Prozess beigeladen. Seit nun gut zwei Jahren warten wir auf den Beginn des Verfahrens. Bislang liegen uns immer noch keine Informationen vor, wann dieses Verfahren endlich eröffnet wird.
Ganz ohne Antwort hat uns das PEI aber dann doch nicht gelassen. Es teilte uns mit, dass die Prüfung der optischen Eigenschaften nach dem Europäischen Arzneibuch (EAB), Abschnitt 2.9.22 erfolgt. Dieser behandelt jedoch die Messung des Erweichungspunks von Zäpfchen und liegt ganz neben dem Thema. Ein weiterer Verweis auf Abschnitt 2.2.2 (Degree of coloration of liquids), der sich mit der Absorption von Licht beschäftigt, bestätigt unseren Verdacht, dass die überforderte Behörde nicht zur Kenntnis nimmt, dass der Farbeindruck von den neuartigen mRNA-Impfstoffen, bei denen es sich um wässrige Dispersionen von weitgehend farblosen Lipidnanopartikeln handelt, maßgeblich durch Lichtstreuung und weniger durch Lichtabsorption bestimmt wird.
Was wissen wir also nach drei Jahren Bemühungen: Nicht viel mehr als zu Beginn unserer Fragen. Wir wissen: Der Toleranzbereich für den pH-Wert der Impfstoffe beträgt eine ganze Einheit, was einem Faktor zehn der durch den pH-Wert beschriebenen H3O+-Ionenkonzentration entspricht und beschreibt inwieweit die flüssige Arzneiform sauer, neutral oder basisch ist. Wir fragen uns, wieso diese Toleranz angesichts des chemisch doch recht instabilen Lipid-Komplexes so hoch gewählt wurde.
Ferner ist uns nun bekannt, dass das PEI nur vier Experimente selbst durchführt, was auch von Dr. W. bestätigt wurde: (i) den Farbtest mit dem Auge, der uns für die stark lichtstreuenden Substanzen ungeeignet erscheint, (ii) der pH-Test mit seiner großen Toleranz, (iii) den mRNA-Längentest, bei dem nur die Hälfte der mRNA Moleküle die richtige Länge haben muss (also auch wieder eine große Toleranz), da der Rest angeblich „inaktiv“ sei, sowie (iv) die mRNA-Identität, die nur anhand einiger weniger kurzer Sequenzen bestätigt sein muss und keinesfalls auf die gesamte mRNA zutreffen muss.
Mehrere Laboratorien berichteten von produktionsbedingten DNA-Verunreinigungen im in der Massenproduktion hergestellten Biontech-Impfstoff. Unter diesen vier Methoden können wir aber keine Methode erkennen, die DNA-Verunreinigungen erkennen könnte. Weiterhin teilte das PEI auf eine Anfrage mit, dass sie die Menge an DNA-Verunreinigung nicht testen, sondern nur prüfen, ob die vom Hersteller angegebene Menge im Rahmen des Zugelassenen liegt. Das hat mit einer unabhängigen Prüfung nichts zu tun. Wir vermissen in der Prüfliste auch Licht-Streuexperimente, die die Eigenschaften der der Lipid-Nanopartikel testen können. Sie sind schnell gemacht und geben einen Eindruck, ob die Probe in der Partikelgrößenverteilung mit den Vorgaben übereinstimmt. Moderne Methoden, die Stand der Technik sind, sogenannte Next Generation Sequencer, obwohl am PEI vorhanden, werden ebenfalls nicht eingesetzt. Dr. W. sagte, diese modernen Methoden seien „so empfindlich“. Wir, die Autoren des Textes, halten Empfindlichkeit für sehr erstrebenswert.
Auch nach drei Jahren intensiven Bemühens wurden unsere Fragen zur Qualität der neuartigen mRNA-Impfstoffe nicht beantwortet. Es verstärkt sich bei uns der Eindruck, dass die Behörden Informationen aus fadenscheinigen Gründen zurückhalten. Das führt zum einen wohl zu einem Vertrauensverlust in diese Institutionen. Zum andern verstärkt es den Verdacht, dass die Vorgaben der Behörden bezüglich der Arzneimittelsicherheit vielleicht doch nicht so hoch sind, wie man es für Arzneiformen erwarten würde, die flächendeckend an der großen Mehrheit der Bevölkerung, also meist weitgehend gesunden Menschen, zur Anwendung kamen und kommen. Wie soll die Bevölkerung Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit haben, wenn bereits Fragen zur Qualitätskontrolle zu massiver Auskunftsverweigerung führen?
Das IFG ist offensichtlich auch in den aktuellen Koalitionsverhandlungen im Bund thematisiert worden. Das ZDF berichtete: ZITAT: „Reporter ohne Grenzen“ warnt, der Wegfall des Gesetzes „wäre ein starker Einschnitt in die Informationsfreiheit und damit in unser aller Recht auf Information“ ZITAT ENDE. Schon jetzt scheint das IFG, ein in vielen Fällen zahnloser Tiger zu sein. Statt einer weiteren Einschränkung der Transparenz von Behörden durch Abschaffung des IFG oder seine Einschränkung sollte durch eine Reform des IFG eher dafür gesorgt werden, dass ein umfangreicherer und zeitlich deutlich schnellerer Zugriff auf die Informationen für alle Bürger sichergestellt wird. Transparenz schafft schließlich Vertrauen.
Nachtrag der Autoren: Der Präsident der Vereinigten Staaten stellt nun auf der Web-Seite des Weißen Hauses Original-Dokumente zur COVID-Politik zur Verfügung.
Prof. Dr. Jörg Matysik, Analytische Chemie, Universität Leipzig
Prof. Dr. Gerald Dyker, Organische Chemie, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Andreas Schnepf, Anorganische Chemie, Universität Tübingen
Prof. Dr. Tobias Unruh, Physik, FAU Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr. Martin Winkler, Materials and Process Engineering, Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften
Dies ist ein Open-Source-Beitrag des Berliner Verlags. Er erschien zuerst auf www.berliner-zeitung.de.
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Bild: Shutterstock
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