Die aktuelle Berichterstattung zu den Ostermärschen hat es einmal mehr gezeigt: Militaristen aus Medien, Politik und staatlich alimentierten „NGOs“ deuten Begriffe um und stellen politische Gegner skrupellos als rechtsradikal hin. Diese aggressive Taktik ist so allgegenwärtig wie wirkungsvoll. Man sollte diesen spaltenden Unsinn künftig ignorieren. Schließlich geht es um Krieg und Frieden – um Leben und Tod. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Nach wie vor ist es eine mächtige Waffe, Regierungskritik pauschal in eine rechtsextreme Ecke zu stellen. Das trifft inzwischen auch die Friedensbewegung. Dafür wurden in den vergangenen Jahren wichtige politische Begriffe entwertet, umgedeutet und in ihrer Aussage geradezu auf den Kopf gestellt (Beispiele zum Thema „pseudo-links“ hier oder hier oder hier). Ich finde, man sollte diesen verdrehten Unsinn ab jetzt ignorieren.

Ein Beispiel für die fragwürdige Berichterstattung zu den Ostermärschen hat Marcus Klöckner bereits gestern in diesem Artikel thematisiert. Exemplarisch kann (unter vielen anderen Beiträgen) noch die „Tagesschau“ vom Wochenende erwähnt werden. Dort wird die Politikwissenschaftlerin Ursula Schröder interviewt. Man kann die dort formulierte Botschaft, die Friedensbewegung sei gestrig und im Sinne der heutigen Kriegstüchtigkeit doch irgendwie fehl am Platze, zum Teil als unverschämt und die aktuelle Propaganda stützend empfinden. Andererseits sind aber einige Sätze der geladenen Gesprächspartnerin auch zutreffend: Die vielschichtige und aus unterschiedlichen Initiativen bestehende Friedensbewegung kann momentan kaum echte Relevanz entwickeln. Damit ist nicht gemeint, dass sie nicht gebraucht würde (im Gegenteil!), sondern dass sie nicht erfolgreich genug ist – und das, obwohl es zahlreiche politische Steilvorlagen gibt. Ein Grund für die relative Wirkungslosigkeit trotz brennender Aktualität sind auch die erfolgreichen Versuche der Spaltung aus Politik, Mainstream-Medien und „Zivilgesellschaft“.

Grün-pseudo-linke Militaristen mit rechter Wirkung

Wenn die Zeit, wie Klöckner beschreibt, fragt, wie es geschehen konnte, dass Rechte das Thema Frieden für sich entdeckt haben, gibt sie in der vorgeschobenen Naivität selber die Antwort: Weil die „Linksliberalen“ bei der Zeit (und anderswo) weder links noch liberal sind und weil sie viele wichtige Themen den Rechten einfach überlassen haben. Es wäre für die in etablierten Medien stark vertretenen grün-pseudo-linken Militaristen doch ein Einfaches, das Thema Frieden zu besetzen. Das verweigern sie aus ideologischen und anderen Gründen.

Und da, wo ein harter rechtsextremer Einfluss tatsächlich total offensichtlich ist, werden von vielen Kämpfern „gegen Rechts“ beide Augen fest zugedrückt: etwa gegenüber den jahrelangen gewalttätigen Umtrieben des Nazi-Asow-Regiments, den radikalen Einflüssen des Bandera-Kults auf die ukrainische Politik und gegenüber dem teils offen rechtsradikalen Personal bei hiesigen Pro-Ukraine-Demos. Dass die als „links-grün“ verniedlichte radikale Politik der Zerstörung und Militarisierung der Grünen in ihrer Wirkung eigentlich stramm rechts ist, habe ich etwa hier beschrieben. Auch die verzweifelte, fortgesetzte Verteidigung der inzwischen zusammengebrochenen offiziellen Corona-Erzählungen ist in keiner Weise irgendwie „links“. Dass in diesem Text nicht der ebenfalls tendenziell militaristischen AfD oder anderen Rechten das Wort geredet werden soll, ist selbstverständlich.

Während von zum Teil staatlich geförderten „NGOs“ bei Friedensdemos mit großem Aufwand unter tausenden Demonstranten die Handvoll (angeblicher) Rechtsradikaler aufgespürt, dokumentiert und dann mit breitem Echo in den Mainstreammedien skandalisiert werden, bleiben offensichtliche Hardcore-Rechte unbehelligt – diese Ungleichbehandlung ist inakzeptabel: „Omas gegen Rechts“: Übernehmen Sie doch endlich mal die echten Nazis!

Früher war es „linkes“ Selbstverständnis, friedenspolitisch engagiert zu sein, das hat sich auf den Kopf gestellt: Eine Mehrheit der wahrnehmbaren Aktiven (es gibt engagierte Ausnahmen, das ist dann umso mehr zu würdigen) z.B. bei den Gewerkschaften oder auch bei den großen Kirchen fügen sich momentan voll in den militaristischen Chor ein, die Redaktionen aller Mainstream-Medien und Politiker fast aller Parteien sowieso. Dazu gesellen sich die zum Teil staatlich finanzierten, sich aber trotzdem „unabhängig-zivilgesellschaftlich“ nennenden Meinungsmacher-NGOs. Gemeinsam formulieren sie ganz im Sinne George Orwells: Ein „echter“ Frieden und die zugehörige „Freiheit“ bedürfen heutzutage des Kriegs. Erst ein gerechter Krieg erzeugt Frieden. Außerdem ist links jetzt rechts. So einfach ist das. Wer das nicht endlich kapiert, ist rechtsextrem und außerdem ein nützlicher Idiot der Russen.

Demonstrationen: Es gilt die Erklärung der Initiatoren!

Bei der Beurteilung der Teilnehmer von Demonstrationen hat die Erklärung der Initiatoren der Demonstration zu gelten! Wer teilnimmt, übernimmt diese Forderungen. Darum könnte man sich eigentlich über jeden Bürger freuen, der sich durch seine Teilnahme den Forderungen in diesen Erklärungen (etwa gegen Rassismus etc.) unterwirft. Wenn dann angebliche Rassisten vereinzelt und ohne Symbolik unter einer solchen antirassistischen Erklärung „mitmarschieren“, wie sollte das eine „Unterwanderung“ der Demo sein? Politische Logik interessiert aber heute nicht mehr, wenn es darum geht, im Sinne der Regierung und der Rüstungswirtschaft die Friedensbewegung zu diffamieren und zu zersetzen. Die Entscheidung von Bürgern, zugunsten eines übergeordneten Ziels politische Differenzen auf anderen Gebieten hintanzustellen und gemeinsam gegen Kriegstreiberei zu demonstrieren, wird oft als eine „Querfront“ zwischen Rechts- und Linksextremisten diffamiert, was als grobe Falschdarstellung zu bezeichnen ist.

Ein fragwürdiges Beispiel für Angriffe auf die Friedensbewegung von pseudo-linker Seite lieferte zum Beispiel kürzlich die sich selber „links“ definierende Initiative „Rhein-Main-Rechtsaußen“ in diesem Beitrag zur jüngsten Friedensdemo in Wiesbaden – über die Demo selber hatten wir hier berichtet.

Die große Wirkung von kleinen Gruppen, die aus angeblich „linken“ Motiven antreten, aber in der Wirkung die Friedensbewegung kleinhalten, diese Wirkung erklärt sich vor allem durch ein unangemessen großes und stets freundliches Echo, das manche dieser Gruppen in vielen Redaktionen etablierter Medien und bei kriegstreiberischen Politikern auslösen.

Ein Teil der Wirkung rührt aber auch daher, dass sich manche der beschimpften Friedensengagierten zu Rechtfertigungen gegenüber dem aggressiven Unsinn „gezwungen“ sehen, der sich momentan gegen die Friedensbewegung richtet. Ich sehe diesen Zwang nicht: Meiner Meinung nach sollten die verschiedenen Initiativen der Friedensbewegung diese destruktiven Kräfte, die eine alles andere als linke Wirkung entfalten, konsequent ignorieren. Denn manche dieser Akteure verfolgen ganz offensichtlich das niedere (tendenziell rechtsextreme) Motiv, die Friedensbewegung zu spalten und eine freie Bahn für unsoziale Aufrüstung zu schaffen. Zusätzlich merkt man vielen Texten von Anti-Friedensdemo-Gruppen an, dass sie sich auf einem naiven und von emotionalen Phrasen getriebenen Niveau bewegen, das man oft nur als kindisch bezeichnen kann.

„… kommt herunter, reiht euch ein …“

Sollten in früheren Demos nicht auch Andersdenkende integriert werden, wenn es um ein übergeordnetes Anliegen ging? Einst erklang aus Demos gegenüber distanziert vom Fenster aus beobachtenden Bürgern sogar die Losung:

Bürger lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht euch ein …“.

Heute wird oft das Gegenteil dieses Spruchs praktiziert: Bürger dürfen sich laut diesem arroganten Anspruch auch bei Friedensdemos nur nach Bekenntnissen bezüglich zahlreicher anderer Themen einreihen (Sexismus, Rassismus und so weiter). Waren bei den BRD-Protesten der 80er-Jahre im Bonner Hofgarten oder unter den Landwirten beim Brokdorf-Protest eigentlich auch nur Personen, die die absurden Gesinnungs-Überprüfungen der heutigen politischen Torwächter bestanden hatten? Der formulierte Anspruch, bestimmen zu dürfen, wer wo mit-demonstriert, ist Zeichen einer inakzeptablen politischen Arroganz, die wiederum auf einer widersprüchlichen Pseudo-Moral fußt.

Die Wirkung dieses Vorgehens ist: Die Friedensbewegung wird kleingehalten und die AfD wird (absolut voraussehbar!) großgemacht. Tolle „Linke“ sind das, die den Militarismus von Protest abschirmen und gleichzeitig die Rechten erst starkmachen.

Titelbild: Grok – Das Titelfoto ist ein mit künstlicher Intelligenz erstelltes Symbolbild.



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Von Veritatis

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