Die USA unter Trump sind auf dem besten Weg, zum Mafia-Staat zu werden. Das zeigt sich auch in seinem verbissenen Krieg gegen die renommierte Investigativ-Fernsehsendung „60 Minutes“
„Es ist nichts Persönliches, es geht nur ums Geschäft.“ Donald Trump macht gerne Angebote, die man nicht ablehnen kann
Foto: Chip Somodevilla/Getty Images
Die Mafia ist, organisationssoziologisch gesehen, ein zentralisiertes System. Der Patron verteilt Funktion und Geld, wie es ihm beliebt, lässt beseitigen, wer ihm nicht passt. In einem Mafia-Staat arbeiten Institutionen, gleich, ob eigentlich für Rechtsprechung gedacht, Bildung, oder öffentliche Aufträge, für seine ökonomischen Interessen. An dieser Stelle gehen Grüße an Menschen, die meinen, Russlands günstige Energie müsse schnell wieder Basis für eine Handelspartnerschaft werden.
Der Mafia-Staat ist eine wachsende, eingemeindende Organisation, seine Interessen metastasieren – bis er auf einen Gegner trifft, der überlegen ist, seine autopoietische Kraft lähmen, zurückdrängen, zerschlagen kann. Mal ist es die
st es die Steuerfahndung, eine Mordkommission, eine Wirtschaftsstaatsanwaltschaft. Oder eine informierte Öffentlichkeit.Fiona Hill, Russlandexpertin und frühere Sonderberaterin des Präsidenten der USA, hat dieser Tage festgestellt, Donald Trump habe eine „schockierend ähnliche Sicht auf die Welt wie Wladimir Putin“, er scheine vorzuhaben, das Land „ähnlich“ zu regieren. Die Journalistin Masha Gessen hat Trumps politische Entscheidungen in der New York Times unter folgender Überschrift eingeordnet: Willkommen in Trumps Mafia-Staat.Das Playbook der Autokraten kennt eine Reihenfolge, wenn es darum geht, ein Gemeinwesen zu übernehmen: zuerst sind Gerichte dran, danach die Presse, dazu das Bildungssystem. Nihilismus soll sich breitmachen, die Lüge abgesichert werden. Gerade werden im Pentagon große Sender aus ihren Büros geschmissen, die Plätze an Trump-Jünger, MAGA-Influencer verteilt. Ähnliches, wenn auch langsamer, geschieht im Weißen Haus.Das „Kronjuwel des US-amerikanischen Fernseh-Journalismus“ befindet sich am KipppunktNun ist Bill Owens zurückgetreten, der ausführende Produzent der Sendung 60 Minutes. Das ist ein Investigativ-Format des Fernsehsenders CBS News, das seit 1968 ausgestrahlt wird. Die Sendung wird gerne „Kronjuwel des US-amerikanischen Fernseh-Journalismus“ genannt. Owens ist erst der dritte ausführende Produzent in der 60-Minutes-Geschichte. Zur Einordnung braucht es eine kleine Reise durch Zusammenhänge.Donald Trump verklagt seit dem letzten Wahlkampf CBS News auf 20 Milliarden US-Dollar wegen einer vermeintlichen Bevorteilung von Kamala Harris in einem 60-Minutes-Interview. Ernstzunehmende Juristen halten die Klage für einen schlechten Witz. CBS News gehört der Mediengruppe Paramount Global, macht einen Umsatz von knapp 30 Milliarden US-Dollar im Jahr. Die Vorsitzende und Mehrheitsaktionärin Shari Redstone möchte, dass Skydance Media das Unternehmen übernimmt. Dafür braucht es die Zustimmung der Zulassungsbehörde FCC.Inzwischen hat Trump einen Vertrauten zum FCC-Chef gemacht. Der erklärte, für die Zustimmung werde der Gerichtsprozess beachtet. Er hat eine eigene Untersuchung zu 60 Minutes eingeleitet. Das Investigativ-Ressort macht den Verkauf also kompliziert. Shari Redstone verlöre Milliarden, käme die Übernahme nicht oder zu einem geringeren Preis zustande. Seitdem hat sie massiv in die Ressortstruktur eingegriffen. Es sei, so Owens, nicht mehr möglich, „unabhängige Entscheidungen zu fällen, basierend darauf, was für 60 Minutes richtig […] ist“.Eine Mafia kann sich ausdehnen, ein Gemeinwesen übernehmen, wenn es genügend Menschen gibt, die ihr aus Eigennutz zuarbeiten. Wenn sie keine Gegner mehr hat. Wenn nichts mehr für wahr, für verteidigenswert erachtet wird.