Bereits am dritten Tag der Weltklimakonferenz COP29 in Baku fehlen zwei namhafte Akteure. Im Fall von Frankreich hat ein diplomatischer Eklat am Eröffnungstag Anlass für ein Fernbleiben der Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher gesorgt. Vonseiten der 80-köpfigen Delegation aus Argentinien wurde keine konkrete Begründung für deren vorzeitige Abreise genannt. Umweltstaatssekretärin Ana Lamar bestätigte jedoch gegenüber dem „Guardian“, dass das Außenministerium in Buenos Aires die Delegation zurückbeordert habe.
Ausstieg der USA könnte Argentinien ebenfalls zu Kündigung des Pariser Abkommens motivieren
Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei gilt als Skeptiker gegenüber dem Narrativ eines primär menschengemachten Klimawandels. Er hatte mehrfach betont, Mahnungen zum Klimaschutz als potenziellen Türöffner für eine sozialistische oder malthusianische Agenda zu betrachten.
Bereits im Wahlkampf hatte Milei angekündigt, einen Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 ins Auge zu fassen. Aufgrund von Warnungen bezüglich eines möglichen Scheiterns der Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten ruderte er zurück. Der Wahlsieg von Donald Trump in den USA, der ebenfalls wieder aus dem #Pariser Abkommen aussteigen will, könnte seine Ambitionen jedoch wieder beflügelt haben.
Verlassen die USA und Argentinien das Pariser Abkommen, befürchten Anhänger der Klimaschutz-Agenda eine Vorbildwirkung für weitere Staaten. UNO-Generalsekretär António Guterres erklärte zu Beginn des COP29, ein neuerlicher Ausstieg der USA könnte den Vertrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Ära „lähmen“.
Trump hatte ein Gespräch mit Milei geführt
Erst am Dienstag, 12.11., hatte es ein Gespräch zwischen Milei und Trump gegeben. Der President-elect der USA hat einem Sprecher Mileis zufolge diesen als seinen „Lieblingspräsidenten“ bezeichnet. Milei hatte nach seinem Amtsantritt im Dezember 2023 neben zahlreichen anderen auch das Umweltministerium abgeschafft. Zudem hatte er eine Vielzahl an umweltpolitischen Beschränkungen zurückgenommen, die Investitionen erschwerten.
Die argentinische „Bürgervereinigung für Menschenrechte“, die als NGO in Baku präsent ist, bedauert den Rückzug der Delegation. Vor Beginn der Ära Milei habe Argentinien im Gender-Programm zu den COP-Konferenzen mitgewirkt – und dabei in vielen davon eine „führende Rolle“ innegehabt.
Carla Chavarria, eine Expertin für Klimaanpassung, äußerte, mit dem Rückzug verliere Argentinien „seine Stimme in den Verhandlungen über Klima-Finanzen“. Das Land versäume es dadurch, sich Ressourcen gegen den Klimawandel zu sichern. Dies „schwächt seine Zukunft und seine Anpassungsfähigkeit“.
Klimaberaterin Anabella Rosemberg äußerte gegenüber Medien:
„Die argentinische Regierung zieht sich aus den COP29-Verhandlungen zurück, nicht aus dem Vertrag. Es ist also hauptsächlich ein symbolischer Akt, und der einzige Effekt ist, dass das Land jetzt bei kritischen Verhandlungen über Klimafinanzierung fehlt.“
Verhandlungsführer: „Bilaterale Angelegenheit zwischen Argentinien und UNO“
Der Verhandlungsführer des Gastgeberlandes Aserbaidschan, Jaltschin Rafijew, erklärte, die Abreise der Argentinier sei eine „bilaterale Angelegenheit“ zwischen Buenos Aires und der UNO. Er zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass man in Baku Fortschritte in den Verhandlungen erzielen werde. Natürlich gebe es „einige auseinandergehende Meinungen und wir müssen in manchen Punkten eine Konvergenzzone finden“.
Der Text, über den derzeit verhandelt werde, sei jedoch das Resultat von drei Jahren und er sei sehr inklusiv. Es gebe „keine Alternative zu dem Text und jeder versteht das“.
Bezüglich des Eklats zwischen dem Gastgeber und Frankreich erklärte Rafijew, man habe „für jedermann die Türe geöffnet und sie ist immer noch offen“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Vorfeld seine Teilnahme an der COP29 abgesagt.
Quellen zitierten den Unmut Frankreichs über Aserbaidschans Militäroffensive in der Enklave Bergkarabach als Begründung. Die Regierung in Baku hatte in den vergangenen Jahren mit türkischer Hilfe die seit den frühen 1990er Jahren von Armenien besetzte Region zurückerobert. Frankreich verfügt über eine politisch als einflussreich geltende armenische Diaspora.
Alijew: „Frankreich unterdrückt Klimaproteste in der Südsee“
Aus Frankreich und der EU hatte es Unmut über Aussagen von Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew gegeben. Dieser hatte die reichlichen Vorkommen von Öl und Gas in seinem Land als „Gottesgeschenk“ bezeichnet. Der Präsident trat europäischen Belehrungen über deren Klimaschädlichkeit mit der Aussage entgegen, Frankreich würde Klimaschutzbedenken in seinen pazifischen Überseegebieten „brutal“ unterdrücken. Zudem habe „das Regime von Präsident Macron“ legitime Demonstranten in Neukaledonien getötet.
Daraufhin erklärte Pannier-Runacher, nicht zu der Konferenz anzureisen. Die Äußerungen Alijews seien „ein grober Verstoß gegen Verhaltensregeln“ im Rahmen der Klimakonferenz. Aserbaidschan gilt als Hoffnungsträger der EU für eine künftige Versorgung mit Erdgas, nachdem der Block infolge des Ukrainekrieges mit Russland als jahrzehntelangem Lieferanten gebrochen hatte.