In dieser Reflexion schreibt Maike Gosch über zwei Erinnerungen aus unterschiedlichen Zeiten. Sie stammen „aus der eigenen Familiengeschichte und aus einer Begegnung in Russland“. Eine Geschichte handelt von ihrem Onkel, der nach seiner Zwangsrekrutierung „im Frühjahr 1945, fast genau 80 Jahre ist es jetzt her“, kurz vor seinem 17. Geburtstag gestorben sei. Die zweite Geschichte, das zweite Schlaglicht sei ihre persönliche Abiturreise zum ersten Mal in der Sowjetunion und in Russland. Der Wirt eines Lokals habe gesagt, dass er selbst Soldat gewesen sei und dass sein Vater, sein Onkel und seine beiden Brüder im Kampf gegen die Deutschen gefallen waren. Er habe mit den Gästen aus Deutschland anstoßen wollen: „Auf die Freundschaft. Darauf, dass es nie wieder Krieg zwischen unseren Völkern geben soll.“ Wir danken für die interessanten Zuschriften hierzu. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.

1. Leserbrief

Ein sehr lesenswerter, da anschaulich geschriebener Bericht zu diesem Thema. Dank an Maike Gosch.

Ich bin 22 Jahre älter als die Autorin und es hat mich gefreut, dass es auch jüngere Mitmenschen gibt, die über Krieg so fühlen und denken wie ich und es nicht verstehen, dass diese Kriegstreiberei so widerspruchslos hingenommen wird. Ich denke, es sind die gleichen Mechanismen und Methoden, die es spätestens seit Corona fertigbringen, die Mehrzahl der Bevölkerung auf die Narrative der Regierung einzustimmen („auf Linie zu bringen“). Propaganda der gleichgeschalteten Medien und Unterdrückung und Bekämpfung anderslautender Meinungsäußerungen verfehlen ihre Wirkung nicht. Selbst der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge, dem ich seit vielen Jahren zugetan bin, lässt bei diesem, ihrem ureigensten Thema, das von ihm propagierte „Engagement für eine friedliche Zukunft“ vermissen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Jostmeyer

2. Leserbrief

Liebe Maike Gosch,

Ihr sehr persönlicher Leserbrief hat mich sehr berührt und Erinnerungen wach gerufen:

Ich selbst, Jahrgang 1951, bin aufgewachsen, als die schlimmste Not nach dem Krieg vorbei war und es immer weiter aufwärts ging. Es sind daher die Erzählungen meiner Mutter und meiner Großmutter über den Krieg, die ich nicht vergessen werde.

Es sind die traumatischen Erfahrungen meiner Mutter, die bis zu Ihrem Tod virulent waren. Ihr Vater, ihr Bruder und alle Cousins, bis auf einen, der noch zu jung war, sind in diesem unsinnigen Krieg abgeschlachtet worden. Danach die Vertreibung aus der schlesischen Heimat.

Seit meiner Jugend trete ich gegen Kriege und seine Ursachen ein, habe den Kriegsdienst verweigert (was heute wohl nichts mehr heißt) und war früher einmal bei den Grünen aktiv, als dies noch eine Friedenspartei war.

Ich bin ebenso wie Sie erschüttert über die Parteien und Medien, die uns mal wieder auf einen großen (und wahrscheinlich letzten) Krieg vorbereiten. Und ich bin sprachlos über all die Menschen um mich herum, die narkotisiert und gleichgültig sich wie Lemminge in diesen Krieg treiben lassen.

Ich möchte Ihren Beitrag für jeden Literaturpreis vorschlagen, den es gibt; nicht um des Preises willen, sondern weil der Text damit eine maximale Verbreitung erfahren dürfte.

Vielleicht sind Texte wie der Ihre das letzte Mittel, um das Ruder herumzureißen.

Wolfgang Schneider-Schikorr

3. Leserbrief

Vielen Dank an die NDS-Redaktion und Maike Gosch!

Mit 80 Jahren, der Sohn eines Soldaten – groß geworden ohne Vater!

Würde ich es eines Tages schaffen (m)ein Buch zu schreiben, so oder ähnlich wäre der Titel. Für viele Jahre war ich stolz auch einen Vater gehabt zu haben, auch wenn der schon starb als ich nur zwei Jahre alt war.

Auf einem der paar Fotos die ich von ihm habe, da stand er, mit seinem Pferd, Gewehr über der Schulter, warme Stiefel, stolze 19 Jahre alt. Das Pferd ist dann später auf eine Mine getreten und wurde zerfetzt. Mit an den Sehnen hängenden halbem Bein mußte mein Vater den ganzen Tag im Graben liegen, bis man ihn endlich retten konnte.

Ein paar Jahre später ist er an seinen Kriegsleiden gestorben.

Erst in den letzten zwei, drei Jahren ist mir bewußt geworden, daß seine Verwundung auf dem Weg von Ostpreußen nach Leningrad war, … zur Tragödie dort. Ich kannte meinen Vater nicht. Insofern weiß ich auch nicht, kann es nicht wissen, was seine Lebenseinstellung gewesen sein mag. Hat man solch eine schon mit 19 Jahren?

Das einzige was mir heute für mein eigenes Verständnis noch übrigbleibt ist, daß seine Verwundung vielleicht Schicksal war. Sein Schicksal bewahrte ihn davor an den Grausamkeiten um Leningrad teilnehmen zu müssen.

Den heutigen Russen, die auch immer noch vom zweiten Weltkrieg betroffen sind, spreche ich mein herzliches und aufrechtes Beileid aus.

Im 21. Jahrhundert brauchen wir keinen Krieg mehr, absolut nicht!

Es sind die Politiker und Diplomaten, die ihre Arbeit nicht gut genug machen!

Vielen Dank Maike für den bewegenden Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen,
Peter Sprunk.

4. Leserbrief

Liebe Maike,

Erlaube mir bitte, dich zu duzen. Es soll keineswegs eine Geste der Respektlosigkeit sein, sondern das Zeichen eines Menschen, der sich dir im Moment sehr nah fühlt.

Ich bin Jahrgang 1965 und habe schon eine höchst unbeschwerte Kindheit erlebt. Aber fast alle Zeitzeugen aus den Weltkriegen waren in meiner Familie noch für mich erlebbar und konnten mich mich den Geschichten aus diesen furchtbaren Zeiten schockieren als auch faszinieren.

In sofern haben wir, glaube ich, alle so etwas wie einen Anti-Kriegspakt in uns und dein Beitrag lässt auch noch ein paar quasi- Namenlosen noch ein Denkmal zukommen.

Vielleicht hat der Krieg nur einen Zweck und Sinn und nur eine schöne Seite: Man kann aufzeigen, wie man ihn vermeidet!

Dein Beitrag, liebe Maike, war mein persönliches Osterei der nds und ich wünsche dir und deinen Kolleginnen und Kollegen ( ja, die Zeit hat man) alles Gute und das nicht nur zu Ostern.

Gordon Capra

5. Leserbrief

Liebes NDS-Team.

Eine herzlichen Dank an Maike Gosch für diesen Beitrag, der mich ähnlich berührt hat, wie offenbar sie die Kriegsgeschichte des Wirts vom Lokal in Sotschi.

Es sind wohl auch derartige Erlebnisse und Geschichten, die uns “friedenstüchtig” machen, denn sie erzählen von den Menschen, ihren Schicksalen und wahrhaftigen Begegnungen.

Herzliche Grüße,
H. Volkert

6. Leserbrief

Liebe Maike Gosch, 

Sie haben sich lange  gefragt, ob Sie den Artikel schreiben sollen, – gut, dass Sie es getan haben..

Was mich mehr als alles andere beunruhigt in der aktuellen Diskussion über Kriege, die derzeit geführten wie die in Aussicht gestellten,  ist die Fühllosigkeit der Argumentierenden: Unterstützungen durch Waffen sollen zu gerechten Ergebnissen beitragen oder diese herbeiführen, und bis dahin – es sei dahingestellt, ob das angeblich Erstrebte zu erreichen ist – sterben Unzählige. Mit ihrem Tod oder ihrer lebenslangen Verstümmeltheit sollten sie zu einem irgendwie gerechten Ergebnis beitragen, eben  sie, die zum Sterben Auserwählten. Was ja nun unübersehbar ungerecht ist ihnen gegenüber. Denn es sind Nicht-Betroffene, Nicht-Gefährdete, die sich dafür aussprechen, anderen das anzutun, was dem Bruder Ihres Vaters widerfahren ist. Das sagen sie nicht so offen, es wäre ja vielleicht eine Konfrontation mit dem eigenen Tun, nein, sie unterstützen. Durch Bereitstellung von Waffen. 

Mein Schwiegervater wurde knapp 17-jährig noch eingezogen. Er hatte Glück, die Front löste sich bereits auf, er entging sogar der Kriegsgefangenschaft und schlug sich zu Fuß nach Hause durch. Dort musste er erfahren, dass die Nazis seinen etwas unbotmäßigen Vater noch ganz zum Schluss umgebracht hatten. 

Es bräuchte viele Geschichten wie Ihre. Damit die unfreiwillig Kämpfenden ein Gesicht bekommen sowie die untröstlichen Hinterbliebenen. Und dass die von Gerechtigkeit Schwadronierenden  ermessen, wozu sie beitragen: Zum Tod zufällig am falschen Ort und zur falschen Zeit Verfügbarer.

Grüße
Cornelia Wimmer

7. Leserbrief

Hallo Frau Gosch,

vielen Dank für Ihren persönlichen Artikel. Seitdem Sie auf den NDS publizieren gehören Ihre Artikel zur Pflichtlektüre. Ich kann Ihnen nur in allen Punkten und dem Ohnmachtsgefühl zustimmen. Meine Oma hatte 7 Brüder und ich konnte leider keinen von ihnen kennenlernen. Sie hat kaum darüber gesprochen, ihre Lippen wurden immer sehr schmal und ihre Augen traurig. Mein Opa hat später den Verbleib der U-Boote recherchiert um wenigstens Gewissheit zu haben.

Bei den diversen Experten und zu Wehrdienstbefürwortern gewandelten Ex-KDVer, bleibt es mir rätselhaft, wie man das eigene Tun (aktiv?) nicht reflektiert, aber umso mehr auf den Totalitarismus der anderen zeigt. Wie man schmerzhaftest, gewonnene Erkenntnisse der Nationen und Völker, danach verbindlich kodifiziert, mal eben unter den Tisch fallen lassen kann und durch primitive Feindbilder ersetzt? “Keine Waffen in Krisengebiete” hatte doch einen guten Grund? Was ist mit dem passiert? Es gibt doch diverse Anti-Kriegsfilme, Literatur, Mahnmale und Museen um sich einen entfernten Eindruck zu verschaffen, was Krieg bedeutet? Oder man schaut sich aktueller die unzähligen Drohnenvideos an, in denen arme Schweine hingerichtet werden. Das war Pjotr, KFZ-Mechaniker, er hatte eine Frau und zwei Kinder, er wollte nicht dort sein. Die Kernthematik ist universell in der menschlichen Geschichte enthalten, Krieg ist ein apokalyptischer Reiter, und wir scheinen hier partout keinen Fortschritt zu schaffen. Ist der Egoismus und Zynismus einiger Weniger doch stärker als der Selbsterhaltungstrieb der Vielen? Welche Vorstellungen von einer “Fremdherrschaft” müssen selbst gebildete Menschen haben, wenn Sie in Erwägung ziehen, oder es als unausweichlich erachten, ihre Kinder für die Verteidigung der als Selbstbestimmung empfundenen Herrschaftsform zu opfern? Auf welcher Informationsbasis werden solche Vorstellungen entwickelt? Kommen da Zwangsrekrutierungen in der Ukraine als vereinzeltes Phänomen und notwendiges Übel, als Propaganda Russlands oder gar nicht vor?

Ein Lichtblick in der Debatte war Ole Nymoen, der als junger Mann einem Großteil der zum Schweigen verdammten Mehrheit (83 % wollen auch nicht kämpfen) eine Stimme verlieh. Der Mehrheit scheint die Realität an der Front wohl bewusst. Wenn es nicht so zeitschleifig gruselig wäre, wird es interessant, wie der sich immer noch als 4. Gewalt brüstende Journalismus diese Mehrheit kontinuierlich überzeugen wird. Nächster Schritt wird die Wiedereinführung der Wehrpflicht o. über Eck als “Soziales Jahr”. Ich hoffe noch darauf, dass mit einem Waffenstillstand und Friedensschluss in der Ukraine der akute Dringlichkeitsgrund wegfällt und der vorherrschende Aktionismus wieder pragmatischerem Herangehen und am besten auch dem Ausstieg aus der Zeitenwende weicht. Wie Sie schreiben, sind dies alles menschengemachte Entscheidungen…

MfG, Karsten Hunger

8. Leserbrief

Liebe Frau Gosch,

ich habe eben Ihren Artikel in den Nachdenkseiten gelesen. “Der Frühling roch nach Krieg…” und hatte sogleich das Bedürfnis, Ihnen dazu zu schreiben. Es sind doch die Begegnungen von Menschen, die ganz persönlichen Erlebnisse, die uns Dinge verstehen lassen, die uns berühren und zu einem sinnvollen Handeln bewegen können. Ich habe Hochachtung für Herrn Müller, der die Nachdenkseiten ins Leben gerufen hat und die friedensstiftenden Inhalte trotz seines hohen Alters lebendig bewegt. Für Ihre anschauliche Schilderung danke ich Ihnen und teile Ihnen mit, dass auch ich durch Erzählungen meiner Eltern, die im Krieg noch Kinder waren und durch Berichte über den Tod meines Grossvaters, der in Weissrussland auf eine Mine getreten ist und daran starb, eindrückliche Empfindungen dazu ausprägte. Es war das einschneidende Erlebnis im Leben meiner Mutter, die siebenjährig ihren Vater verlor. 

Es ist sehr gut, dass es engagierte Lehrer gibt, wie jenen, von dem Sie schreiben. Dass solche persönlichen Erlebnisse wieder ins Bewusstsein kommen, halte ich für sehr wichtig in dieser Zeit, die leider so verrückt nach Krieg ruft. 

Ich selbst habe vor einem guten Jahr ein Forum ins Leben gerufen, in dem auch ein wesentlicher Aspekt dem Frieden gewidmet ist. Ich erlaube mir, Ihnen ein paar Artikel hier zu verlinken. 

Mit herzlichem Dank für Ihr Engagement und besten Grüssen
Maria Bumes

Im letzteren Beitrag beschreibe ich eine Begegnung mit Herrn Albrecht Müller und würdige seine Arbeit.

9. Leserbrief

Sinnvoll verheizt werden alle Altersgruppen.

Die Berufsausbildungen in der Wirtschaft dauern mindestens 2, oft sogar 3 Jahren.

Beim Militär, wo es um das Überleben gilt, soll das in ein paar Monaten oder sogar Wochen funktionieren ?

Der langjährig kriegserfahrenen Ausbilder und Kommandeur bei der Fremdenlegion geht von 6 bis 7 Jahren Ausbildungszeit aus.

Wer kehrt aus dem Krieg zurück ?

Niemand !

Kriegserfahrenen Militärs werden gerne im Personenschutz eingesetzt, weil sie permanent auf Gefahren achten und immer höchste Aufmerksamkeit haben. Das geht nicht mehr weg !

Personal schwierig wird es für Militärangehörigen, die durch Hass geprägt wurden.

Die wurden von Kommandeure wie Thomas Gast für Innendienst eingesetzt um die eigenen Militärangehörigen zu schützen.

Wenn Hass mit im Spiel ist, ist es nicht mehr möglich die Ereignisse zu verarbeiten, sagte der kriegserfahrenen Ausbilder und Kommandeur.

Aber Bevölkerung und Militär wird bei uns durch Massenmedien, Internet, Politiker und Militärführung auf Hass gegen Russland gedrillt.

Wer durch ausschert wie Vizeadmiral Schönborn wird rausgeschmissen !

Er hatte Respekt und Begegnung auf Augenhöhe gefordert !

Von unserem Leser D.G.

Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten

Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff.

Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen:

Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“.



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert