Von Andrei Restschikow und Anastassija Kulikowa

Immer mehr Länder sind der Ansicht, dass Kiew territoriale Zugeständnisse machen muss, um den Ukraine-Konflikt so schnell wie möglich beizulegen. Diese Beobachtung äußerte einer der wichtigsten Verbündeten der Ukraine, der polnische Präsident Andrzej Duda, am Donnerstag. Ihm zufolge wird Kiew bei einer Einigung mit Russland nicht alle seine Positionen beibehalten können und „bis zu einem gewissen Grad Zugeständnisse machen müssen“. Der Politiker mahnte jedoch:

„Es muss ein Kompromiss sein.“

Auch London, Paris und Berlin neigen nach Angaben der britischen Presse zu dieser Einschätzung. Der britische Premierminister Keir Starmer und der französische Präsident Emmanuel Macron versuchen, Kiew davon zu überzeugen, die Option territorialer Zugeständnisse in der Endphase der Verhandlungen in Betracht zu ziehen, um den Frieden zu sichern.

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Darüber hinaus haben London und Paris angeblich ihre Pläne zur Entsendung von Militärpersonal in die Ukraine überarbeitet. Nach Angaben der Times hat sich die Position der europäischen „Koalition der Willigen“ nach den Gesprächen in London geändert. Wie die Zeitung schreibt, befürchten einige Beamte, dass Russland die britisch-französische Mission als einseitig betrachtet und sie nicht akzeptieren wird.

Es sei daran erinnert, dass am Tag zuvor in der britischen Hauptstadt die Verhandlungen der amerikanischen, europäischen und ukrainischen Delegationen über die Beilegung des Konflikts stattfinden sollten. Doch US-Außenminister Marco Rubio und Donald Trumps Sondergesandter Steve Witkoff sagten den Besuch ab, und auch die Außenminister Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands weigerten sich, an dem Treffen teilzunehmen. Infolgedessen wurde das Treffen auf niedrigerer Ebene abgehalten.

Dies war jedoch nicht die einzige unangenehme Nachricht für die Kiewer Führung. Am Mittwoch kritisierte Donald Trump die Äußerungen von Wladimir Selenskij über den rechtlichen Status der Krim. Im sozialen Netzwerk Truth Social machte der US-Präsident deutlich, dass die mangelnde Bereitschaft der ukrainischen Behörden, die Souveränität Russlands über die Halbinsel anzuerkennen, einen „Ausweg aus dem derzeitigen Wahnsinn“ verhindere.

Er erinnerte daran, dass Kiew schon „vor vielen Jahren, damals unter Obama“ de facto die Kontrolle über die Region verloren habe. Trump bemerkte:

„Wenn Selenskij die Krim will, warum hat er dann nicht die ganze Zeit dafür gekämpft?“

Seiner Meinung nach ist es gerade wegen solcher Äußerungen der ukrainischen Behörden „so schwierig, den derzeitigen Krieg beizulegen“.

Selenskij schien das Signal aus Washington jedoch nicht zu beachten und reiste nach Südafrika. Dort bezeichnete allerdings auch der Präsident des Landes, Cyril Ramaphosa, territoriale Zugeständnisse der Ukraine als „eine der Voraussetzungen“ für eine Friedenslösung. Der südafrikanische Staatschef erklärte:

„Und das sollte eine Schlüsselkomponente im Verhandlungsprozess sein.“

Die Expertengemeinschaft stellt fest, dass das Scheitern der Gespräche in London vielen Ländern der Welt, unabhängig von ihrer Haltung gegenüber Russland, die Möglichkeit gegeben hat, ihre öffentliche Haltung zur Ukraine zu ändern. Damit verbunden sind Forderungen nach territorialen Zugeständnissen sowie die Aufweichung bestimmter militärischer Pläne der europäischen „Falken“. Der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Rahr meint dazu:

„Die Weigerung des US-Außenministers, nach London zu kommen, um den ‚Wladimir-Selenskij-Plan‘ zu besprechen, hat die unnachgiebige Haltung Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs stark beeinflusst. Die Europäer waren sich einig, dass es nicht in ihrer Macht steht, sich gegen Washington zu stellen und Donald Trumps Vorschläge für den Friedensprozess in der Ukraine abzulehnen.“

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Seiner Meinung nach erklärt dies die wahrscheinliche Aufweichung der Position der „Koalition der Willigen“. Der Gesprächspartner wies darauf hin, dass Selenskij versuche, „mit allen Mitteln Europa und die Vereinigten Staaten gegeneinander aufzubringen.“ Der Experte erläutert:

„So hofft er, zumindest von den Ersteren die versprochene Unterstützung zu erhalten. Sollten sich Russland und die USA jedoch auf einen Plan zur Lösung des Konflikts einigen, wird sich Selenskij in völliger Isolation und in einer absoluten Lose-Lose-Situation wiederfinden.“

Zudem vermutet Rahr, dass sich die Europäer nicht um die Ukraine kümmern werden, wenn sie Gefahr laufen, dadurch „ihren Verteidiger in Gestalt Amerikas zu verlieren“. Der Politologe führt weiter aus:

„Sie fangen gerade an zu begreifen, dass gegen Trumps Willen zu handeln bedeutet, die NATO zu spalten.“

Das ist wohl auch der Grund, warum einige Politiker in Europa versuchen, Selenskij zu Zugeständnissen zu bewegen. Rahr argumentiert:

„Ich denke, dass dies zur Teilung der Ukraine, zur Entmilitarisierung des zentralen Teils des Landes und zur möglichen Aufnahme in die Europäische Union als Protektorat führen wird. Die Ukraine wird auch die Idee aufgeben, Mitglied der NATO zu werden. Ein weiteres Ergebnis wird eine neue Wende in der Energiezusammenarbeit zwischen den USA und Russland sein.“

Stanislaw Tkatschenko, Professor am Lehrstuhl für Europäische Studien der Fakultät für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität Sankt Petersburg und Experte des Waldai-Diskussionsklubs, ist ähnlicher Auffassung:

„Im Großen und Ganzen hängen die Forderungen nach territorialen Zugeständnissen der Ukraine mit der Tatsache zusammen, dass sie in diesem Konflikt verloren hat. Die internationale Gemeinschaft reagiert, wie jede Gesellschaft, auf Trends.

Wenn klar ist, wer gewonnen hat, ist es einfacher, über den Konflikt zu sprechen. … Jetzt muss man nicht mehr gegen den Strom schwimmen. Außerdem bekommen immer mehr Länder die negativen Auswirkungen des Konflikts zu spüren – Preisschwankungen bei Lebensmitteln, Bedrohungen für die Schifffahrt und andere Sicherheitsprobleme.“

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Gleichzeitig sei das Gerede, die territoriale Integrität sei eine heilige Kuh der internationalen Beziehungen, ein Narrativ, das die Europäer Russland seit Langem aufzwingen, so der Experte. Der Gesprächspartner wies darauf hin:

„Ja, die UN-Charta enthält eine Klausel über die Grundsätze der territorialen Integrität der Staaten, aber es gibt auch eine Klausel über das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Außerdem gibt es keine Hierarchie zwischen diesen Klauseln, wie Moskau wiederholt erklärt hat.“

Tkatschenko erinnerte an die seit Langem vertretene Position des russischen Außenministers Sergei Lawrow, wonach sich die territoriale Integrität nur auf jene Staaten erstrecken kann und sollte, deren Regierung die Interessen ihrer Bevölkerung umfassend vertritt, einschließlich Fragen der Sprache, der Kultur und des Glaubens. In einem Interview mit der Zeitung Kommersant sagte Lawrow:

„Artikel eins der UN-Charta: Jeder hat die Pflicht, die Rechte jeder Person zu achten und dafür zu sorgen, dass sie geachtet werden, unabhängig von ihrer Ethnie, ihrem Geschlecht, ihrer Sprache oder ihrer Religion. Sprache und Religion sind in der UN-Charta ausdrücklich erwähnt, was unseren westlichen Kollegen völlig egal ist. … Wir werden also beweisen, dass die Wahrheit auf unserer Seite ist.“

Der Minister fügte hinzu:

„Wenn ihr Mitglieder der UNO seid, müsst ihr die Charta in ihrer Gesamtheit respektieren. … Die territoriale Integrität wird in jenen Staaten respektiert, deren Regierungen alle in diesem Territorium lebenden Menschen vertreten.“

Er erinnerte daran, dass die Behörden in Kiew „nicht die Angehörigen derer vertreten, die sie in Odessa verbrannt haben, nicht die Kinder vertreten, die sie im Donbass gefoltert haben.“

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Tkatschenko stellte fest, dass nach 1991 in Europa und in der ganzen Welt immer wieder Grenzen verändert wurden. Und wenn diese Veränderungen im Interesse westlicher Länder erfolgten, wie im Falle Jugoslawiens, dann betrachteten die EU und die USA diese Aktionen nicht als Verletzung des Völkerrechts oder der „regelbasierten Ordnung“.

Falls die Weltgemeinschaft jedoch den Weg beschreitet, die Krim, den Donbass und Noworossija offiziell als russisch anzuerkennen, wird dies zu einem Präzedenzfall für die Lösung anderer Konflikte. Tkatschenko äußerte die Zuversicht:

„Das wird vielen Nationen, von den Kurden bis zu den Afrikanern, die Möglichkeit geben, sich auf die russische Erfahrung als gute Idee zu berufen.“

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. April 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Andrei Restschikow ist ein russischer Journalist der Zeitung Wsgljad.

Anastassija Kulikowa ist Journalistin und SMM-Redakteurin bei der Zeitung Wsgljad.

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