Im exklusiven Gespräch mit Judge Andrew Napolitano analysiert der renommierte geopolitische Journalist Pepe Escobar direkt aus Shanghai die tiefgreifenden Veränderungen im globalen Machtgefüge. Im Fokus stehen Chinas Abkehr von US-Technologie infolge der neuen Trump-Zölle, der geopolitische Aufstieg der BRICS-Staaten und Pekings strategische Haltung gegenüber einem möglichen Iran-Krieg. Mit scharfer Analyse und Insiderwissen gibt Escobar seltene Einblicke in die Denkweise der chinesischen Eliten – und warnt vor der globalen Sprengkraft einer zunehmend isolierten US-Außenpolitik.

Judge Napolitano:
Hallo zusammen, hier ist Judge Andrew Napolitano für Judging Freedom. Heute ist Mittwoch, der 30. April 2025. Pepe Escobar ist bei uns, zugeschaltet aus Shanghai. Pepe, wie immer ein Vergnügen. Ich weiß, du bist viel unterwegs. Ich möchte heute mit dir ausführlich über Chinas Abkehr von US-Technologie sprechen, aber zunächst ein paar Vorfragen: Hat Präsident Xi tatsächlich, wie Trump behauptet, bei ihm angerufen – wegen der Zölle?

Pepe Escobar:
Die kurze Antwort lautet: Nein. Leider nicht.
Das chinesische Außenministerium hat bereits öffentlich erklärt, dass der US-Präsident Falschinformationen verbreitet. Das ist eine sehr ernste Anschuldigung. In der chinesischen Kultur ist das eine schwere Beleidigung – wenn ein amerikanischer Präsident behauptet, der chinesische Präsident hätte etwas getan, was faktisch nicht stimmt. Damit unterstellt Trump den Chinesen, zu lügen, während er selbst der Lügner ist.

Escobar:
In einer meiner letzten Kolumnen habe ich einen faszinierenden Essay auf der chinesischen Plattform Guancha zitiert. Ein Analyst vergleicht Trump mit sämtlichen Figuren aus „Alice im Wunderland“ – er sei Humpty Dumpty, die Herzkönigin, der verrückte Hutmacher, das weiße Kaninchen. Weil Trump die Narrative kontrolliert – was er sagt, wird zur Realität. Ganz wie bei Lewis Carroll.

Judge Napolitano:
Zurück zur größeren Perspektive: Wie stabil ist BRICS heute?

Escobar:
Gute Frage, Judge. Diese Woche trafen sich die BRICS-Außenminister in Rio. Es gab viele Fortschritte, aber es fehlt an Zeit zur Vorbereitung auf den Gipfel im Juli. Letztes Jahr in Russland hatten sie über 200 Vorbereitungstreffen. Jetzt haben sie nur noch zwei große Treffen im Mai und Juni.
Dazu kommt: BRICS ist gewachsen – je nach Status Saudi-Arabiens nun neun oder zehn Mitglieder. Iran ist ein Vollmitglied, ebenso Indonesien. Die Türkei ist Partner, aber kein Vollmitglied. Bei Erdogan stellt sich die Frage: Kann man ihm trauen? Viele sagen: Nein.

Escobar:
Es wurden auch alternative Zahlungssysteme diskutiert. Lawrow gab zwei ausgezeichnete Interviews – eines bei CBS und eines in Brasilien – in denen er betont: Nein, wir führen nicht morgen eine BRICS-Währung ein. Erst wenn alle Modelle getestet sind, wird darüber gesprochen. Aber der Fortschritt ist sichtbar.

Judge Napolitano:
Gibt es irgendeine militärische Komponente bei BRICS?

Escobar:
Nein. Weder bei BRICS noch bei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Beide Organisationen sind wirtschaftlich orientiert – keine NATO-Äquivalente. BRICS ist ein Labor – ein Experiment zur Entwicklung multipolarer geoökonomischer Modelle.

Judge Napolitano:
Wie sehen Chinas Eliten Donald Trump?

Escobar:
Meine Gespräche in Shanghai mit Unternehmern, Diplomaten, Medien- und Hochschulvertretern waren aufschlussreich. Es herrscht ein starkes Selbstbewusstsein – man sieht sich auf der „richtigen Seite der Geschichte“, als Vorreiter des globalen Südens. Gleichzeitig begegnet man Trump mit Misstrauen und Spott – vor allem in den sozialen Medien. „Der Zölle-Kaiser“, „ein trotzendes Baby“ – das sind gängige Bilder.

Judge Napolitano:
Wie schwer wiegt Trumps Entscheidung, über 200 % Zölle zu verhängen?

Escobar:
Ein Geschenk für China, Judge. In Lateinamerika, Afrika, Zentralasien, Südostasien – PR-technisch unbezahlbar. Der weltgrößte Großmarkt in Yiwu boomt. Auch US-Käufer kommen, kaufen über Drittländer und umgehen die Zölle. Die Handelslawine rollt weiter. Xi’s Asienreisen, das Bahnprojekt durch Brasilien und Peru – alles läuft wie gehabt.

Escobar:
Auch Ökonomen in Hongkong sagen: Uns ist egal, was die USA tun. Nur 3,5 bis 5 % des Handels betreffen die USA – mit China selbst handeln wir viel mehr.

Judge Napolitano:
Ist das vergleichbar mit Bidens Sanktionen gegen Russland, die dieses ebenfalls gestärkt haben?

Escobar:
Ja, eindeutig. Beide Maßnahmen – Trumps Zölle gegen China und Bidens Sanktionen gegen Russland – haben die jeweils betroffenen Länder widerstandsfähiger gemacht, nicht geschwächt. Sie haben eigene Systeme und Allianzen gestärkt.

Judge Napolitano:
Wie unabhängig ist Chinas Hightech-Sektor heute?

Escobar:
Sehr! Ich habe darüber gerade eine Kolumne veröffentlicht. Xi Jinping besuchte kürzlich ein Hightech-Zentrum in Shanghai. Huawei kündigte an, im Mai einen neuen Monster-Chip zu testen – ein technologischer Quantensprung. Nvidia-Chef Jensen Huang war vor zwei Wochen noch in Peking, flehte um Marktzugang. Huawei wird Nvidia aus dem Markt drängen.

Escobar:
Noch vor wenigen Wochen hieß es: „In zwei bis drei Jahren holen wir die USA ein.“ Jetzt sagen sie: „Vielleicht schon bis Ende des Jahres.“ Das ist atemberaubend schnell. Huawei wird die Lieferketten in ganz Asien dominieren.

Judge Napolitano:
Versteht die US-Regierung überhaupt, was da passiert?

Escobar:
Nein. Ich habe nicht den Eindruck, dass das verstanden wird. Aber bald wird das eine globale Bombe, wenn Märkte realisieren: Huawei kann alles, was Nvidia oder AMD können – und bald sogar besser.

Judge Napolitano:
Thema Iran: Wenn Israel angreift – reagieren China und Russland?

Escobar:
China hat keine militärische Allianz mit Iran, aber eine strategische Partnerschaft. Für China ist Irans Öl und Gas ein nationaler Sicherheitsfaktor. Russland hat ebenfalls keine Allianz, aber ein strategisches Abkommen mit militärisch-technischen Komponenten. Putin könnte Trump direkt erklären: Ein Angriff auf Iran wäre ein Angriff auf das Primakow-Dreieck – Russland, China, Iran. Das wäre ein Selbstmordkommando für die USA.

Judge Napolitano:
Gibt es in China Konsens zur Ukraine und Trumps Friedensplänen?

Escobar:
Nein. Es gibt unterschiedliche Ansichten im Politbüro und unter Akademikern. Einige kritisieren Russlands Methoden, andere sagen: Wir lernen jeden Tag von Russland – wie man eine Armee entmilitarisiert.
Ein Waffenstillstand, wie Trump ihn vorschlägt, wäre sinnlos – er ignoriert die Ursachen des Krieges. Chinas Führung versteht genau, was seit 2014 – und davor – geschehen ist.

Judge Napolitano:
Du hast eine komplexe Frage sehr klar und prägnant beantwortet. Wirst du nächste Woche aus dem Iran berichten?

Escobar:
Ja. Ich reise wie ein Schüler, der von den chinesischen Meistern Schriftrollen bekommt. Ich will lernen. Ich habe Fragen vorbereitet – auch zum Vorfall in Bandar Abbas. War das ein Unfall? Oder Mossad?

Judge Napolitano:
Wenn du eine Antwort bekommst – melde dich sofort! Danke, Pepe. Und viel Glück im Iran.

Escobar:
Danke, Judge. Alles Gute!



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Von Veritatis

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