Auch in Polen tobt der Kulturkampf. 2024, als die rechte Regierungspartei PiS die Wahl verloren hatte, wurde ein erster Gesetzentwurf für die Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe vorgelegt. Nun der nächste Schritt: Die polnische Regierung will sogenannte Hassreden verbieten, also Meinungsäußerungen, die zwar nicht strafrechtlich relevant sind, aber der Regierung nicht passen.

Verfassungsgericht angerufen

Präsident Andrzej Duda hat jedoch den Gesetzesentwurf im April nicht unterzeichnet, sondern dem Verfassungsgericht in einem präventiven Prüfverfahren vorgelegt. Damit verzögert sich das Inkrafttreten der im März vom Parlament, dem Sejm, beschlossenen Neuregelung.

Geht es nach der Präsidialkanzlei sei das Gesetz unpräzise und betreffe eine sehr delikate Materie. Der Staatspräsident habe keine andere Wahl gehabt. Andrzej Śliwka (PiS) lobte die Entscheidung des Präsidenten. Denn das Gesetz könne zu „präventiver Zensur“ führen und sei möglicherweise ein Werkzeug politischer Instrumentalisierung.

Linke empört

Empört reagierten die Linken. Das Gesetz sei notwendig, um gezielt gegen Hetze – insbesondere im Internet – vorzugehen. „Es geht um reale menschliche Tragödien. Wer absichtlich diffamiert, muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Dariusz Wieczorek von der Linken. Duda wiederum sagte, dass die bestehenden Gesetze bereits ausreichenden Schutz böten. Doch den Linken geht es darum, legale, aber sie störende Meinungen zu verbieten und zu verfolgen.

Unabhängige Justiz nur bei nicht linker Regierung

Die Pro-EU- und damit gesellschaftspolitisch links ausgerichtete Regierung von Donald Tusk ist vor allem deshalb empört, weil das Verfassungsgericht noch aus Richtern zusammengesetzt ist, die während der Regierungszeit der PiS-Partei ernannt worden waren. Die Wahrscheinlichkeit ist damit hoch, dass der Gesetzentwurf nicht gebilligt wird.

Anders als die Vorgängerregierung erkennt die Tusk-Regierung aber die Legitimität des Gerichts nicht an. Dass das Verfassungsgericht von der Regierung unabhängig sein sollte, interessiert sie nicht und geht sogar so weit, die Urteile des Verfassungsgerichtshofs nicht zu veröffentlichen.

Bestehende Rechtslage und aktuelle Rechtsprechung

In Polen gelten Hassverbrechen bereits als Straftaten, wenn sie aus Hass aufgrund von nationaler, ethnischer, rassischer, politischer oder religiöser Zugehörigkeit begangen werden. Diese werden mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet. Im Vorjahr hatte ein Gericht Mitglieder einer Lebensschutzgruppe wegen Verleumdung verurteilt, da sie LGBT+-Personen mit Pädophilie in Verbindung gebracht hatten – für viele ein Beleg für den Schutz bestehender Gesetze.

Ausweitung des Schutzes geplant

Das nun links geführte Justizministerium vertritt die Auffassung, dass die derzeitigen Gesetze nicht alle gefährdeten Minderheitengruppen ausreichend schützten. Es schlug vor, die geschützten Kategorien auf Geschlecht, Alter und Behinderung auszuweiten. Zudem werden bestehende Definitionen im Strafrecht – etwa zu Diskriminierung, totalitärer Propaganda und Hassaufrufen – überarbeitet.

Die Einbeziehung der sexuellen Orientierung und des Geschlechts war Teil des Koalitionsvertrags zwischen Tusks Bürgerkoalition und dem Bündnis Dritter Weg.

Politische und gesellschaftliche Hintergründe

Die Änderungen waren eine Forderung von LGBT-Gruppen, die sich während der PiS-Regierung (2015–2023) stigmatisiert sahen. Sie warfen der Partei sowie Duda vor, LGBT- und Gender-Ideologien als unvereinbar mit polnischen Traditionen dargestellt zu haben.

Zukunft des Gesetzentwurfs ungewiss

Justizminister Adam Bodnar kündigte an, das Gesetzesvorhaben weiterzuverfolgen: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“.

Das Gesetz könnte nach dem Amtsantritt eines neuen Präsidenten erneut ins Parlament eingebracht werden. Duda kann laut Verfassung nicht erneut kandidieren. Favorit bei den kommenden Präsidentschaftswahlen ist laut Umfragen der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski, Kandidat der Bürgerkoalition. Sein Vorsprung vor dem PiS-Kandidaten Karol Nawrocki ist jedoch zuletzt geschrumpft.



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Von Veritatis

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