Marcus Klöckner zitiert die Aussage des CIA-Einsatzleiters Ralph Goff, der unter der Biden-Regierung für Europa und Eurasien zuständig war: „Wir gaben der Ukraine genug Waffen, um zu bluten, nicht um zu gewinnen“. Die zugrundeliegende US-Strategie wird in dem Kommentar Klöckners aber nicht klar. Von Werner Rügemer.
Es war von vornherein klar, dass die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann. Russland ist zum einen in der Zahl der Soldaten und Reservisten weit überlegen, während die wenigen Wehrpflichtigen der Ukraine von Anfang an zudem vom Westen (außer von Polen) und insbesondere von Deutschland animiert wurden und werden, ins Ausland zu fliehen. So blieben in der Ukraine bis heute zunehmend immer ältere und auch ärmere Soldaten aus eher bäuerlichen Regionen zur Verfügung, die zudem meist ohne Überzeugung kämpfen, oft nur aus Zwang und der Androhung immer schärferer Strafen. Gleichzeitig können die antirussisch-ideologisch gefestigten und sozial besser gestellten Wehrpflichtigen als Gutverdiener und im Staatsdienst sich vom Wehrdienst befreien lassen.
Auch in der Rüstungstechnologie ist die Ukraine unterlegen: Die russischen Militärgattungen und Militärgeräte bilden eine aufeinander abgestimmte Einheit, während die Waffen der Ukraine eine komplizierte Mixtur aus ausländischen, national verschiedenen Rüstungsproduktionen mehrerer westlicher Staaten darstellen, die von Soldaten eingesetzt werden, die daran nicht oder nur behelfsmäßig in Schnellbleiche ausgebildet wurden.
Zudem liegt die digitale Datenerfassung und Leitung des Kampfgeschehens und der Logistik auf der oberen Ebene wesentlich in US-Hand, bei US- und britischen Geheimdiensten und mithilfe der Satelliten des US-Konzerns Starlink (Elon Musk).
Für die USA und die NATO bestand und besteht deshalb die Strategie darin, 1. Russland möglichst doch zu schwächen, damit auch die größeren, globalstrategischen Kooperationen Russlands wie BRICS, wozu vor allem der Haupt- und Systemfeind China gehört; 2. mit den zum Teil veralteten westlichen Waffen die militärischen Fähigkeiten Russlands im Ernstfall zu testen, der erst für eine spätere, besser vorbreitete Situation ansteht.
Insofern ist die Ukraine ein mit aller Brutalität und Menschenverachtung benutzter Stellvertreter-Krieger, ein Versuchskaninchen, das jetzt weitgehend ausgeschlachtet ist. Hunderttausende, öffentlich ungezählte ukrainische Soldaten sind auf dem Altar der “westlichen Werte” geopfert, verbrannt worden.
Übrigens “westliche Werte”: diese Werte bestehen im wesentlichen aus Kapital-Gewinnen. Die Gewinne vor allem der US-Rüstungs- und Energiekonzerne sind enorm hoch, und zwar je länger der militärisch aussichtslose Krieg dauert. Das gehört ja zum US-Geschäftsmodell: Je länger Kriege dauern, gerade wenn sie sich wegen militärischer Nicht-Gewinnbarkeit in die Länge ziehen – umso profitabler sind sie. Bekannte solche Fälle sind die US-Kriege in Vietnam, der Stellvertreterkrieg Saddam Husseins gegen den Iran, dann der US-geführte Krieg gegen den Irak, dann in Afghanistan usw.
Auch deshalb ist es logisch, dass der größte Kapitalorganisator des US-geführten Westens, BlackRock, seit 2022 zugleich offiziell der Koordinator für den “Wiederaufbau” der Ukraine ist: je mehr vorher profitabel zerstört wird, desto mehr kann danach profitabel “wieder aufgebaut” werden. Die Ukraine soll “ein Leuchtfeuer für die Kraft des Kapitalismus werden”, so der BlackRock-Chef Laurence Fink. Und weil die völlig überschuldete Ukraine die Kredite finanziell-monetär nicht zurückzahlen kann, wird sie schon jetzt erfolgreich erpresst: Die Trump-Regierung setzte die Ausbeutung der ukrainischen Bodenschätze, darunter seltene Erden und kritische Mineralien durch – und das war schon sofort zu Beginn des Krieges durchgesetzt worden, durch den “Leih- und Pachtvertrag” der Ukraine mit den USA vom 5. September 2022, aufgrund dessen auch BlackRock als Koordinator des “Wiederaufbaus” eingesetzt wurde und seitdem mit einem Team in Kiew sitzt. (Werner Rügemer: US-“Ukraine-Hilfe” – Selbsthilfe für die USA, nachdenkseiten.de 20.06.2024)
Und da machen jetzt für die Fortsetzung die führenden US-Vasallen in Europa gern mit: unter Führung von Frankreichs Macron, Englands Starmer, Deutschlands Merz, Polens Tusk. Sie befolgen die Trump-Vorgabe: Erhöhung der Miltiärbudgets der europäischen NATO-Mitglieder auf 5 Prozent des BIP. Widerspruch gibt es nicht. Auch nicht gegen die für 2026 festgelegt Aufstellung der gegen Russland gerichteten US-Raketen in Deutschland. Trumps “Verteidigungs”minister Pete Hegseth hat das kürzlich in Brüssel bekräftigt, bevor er zu den nächsten Stellvertreter-Kriegern in Japan, Südkorea, Taiwan und Indonesien weitergereist ist, die gegen China aufgerüstet werden.
Und Friedrich Merz hat schon brav im Wahlkampf Trump ein Angebot gemacht: Deutschland kauft noch mehr Frackinggas und noch mehr Rüstungsgüter in den USA – damit Trump Deutschland nicht mit Zöllen überzieht. Nach dem Versuchskaninchen Ukraine sind jetzt Deutschland & Co. dran, um den nächsten, größeren Stellvertreter-Krieg gegen Russland vorzubereiten. Die Hauptgewinne gehen in die USA, und auch im “deutschen” Rüstungskonzern Rheinmetall sind jetzt BlackRock& Co. die führenden Aktionäre. Die Führung bleibt auch militärisch in den USA: So hat zwar die Scholz-Regierung mit “Verteidigungs”minister Pistorius ein paar Dutzend der neuesten US-Kampfjets F-35 von Lockheed bestellt, tragfähig auch für Atombomben – aber sowohl die Atombomben wie die Programmierung der Kampfjets bleiben in der Verfügung des US-Militärs.
Es war noch nie so nötig wie heute, dass sich Europa aus der die Demokratie und den Wohlstand zerstörenden, atomkriegsgefährlichen Abhängigkeit von den USA befreit.
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