Von Andreas Korybko

Putin könnte Xis Unterstützung brauchen, falls Trump im Falle eines Scheiterns der Friedensverhandlungen eine Strategie des „Eskalierens, um zu deeskalieren“ verfolgt.

Der Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Moskau vom 7. bis 10. Mai dient offiziell dem Gedenken an den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa. Höhepunkt wird seine Teilnahme an der Parade auf dem Roten Platz am Freitag sein. In der Mitteilung des Kremls hieß es zudem, Xi werde mit Putin über eine Vielzahl von Themen sprechen und mehrere zwischenstaatliche Abkommen unterzeichnen – womit klar ist, dass es um weit mehr geht als nur eine symbolische Geste. Der Kontext, in dem diese Gespräche stattfinden, deutet darauf hin, dass sie von erheblicher geopolitischer Bedeutung sein könnten.

Zunächst einmal hat Selenskyj indirekt angedeutet, dass die Ukraine möglicherweise die Parade am Freitag angreifen könnte – ein Signal, auf das Trump, obwohl er sich zu vielen anderen Themen geäußert hat, öffentlich nicht reagierte. Diese Stille könnte als stillschweigende Billigung interpretiert werden. Xi geht mit seiner Teilnahme also ein beträchtliches persönliches Risiko ein – zugleich signalisiert er aber auch sein Vertrauen in die russischen Streitkräfte, die für den Schutz aller Gäste verantwortlich sind. Diese symbolträchtigen Gesten dürften von Putin und anderen russischen Entscheidungsträgern mit Wohlwollen aufgenommen werden.

Der von den USA moderierte Friedensprozess zwischen Russland und der Ukraine steckt in einer Sackgasse – befeuert durch Trumps Behauptung, Putin wolle ihn lediglich „an der Nase herumführen“. China kann die USA in dieser Rolle realistischerweise nicht ersetzen, da es kaum Einfluss auf die Ukraine hat. Dennoch dürfte Xi von Putin ein ausführliches Briefing darüber verlangen, was zuletzt schiefgelaufen ist und warum. Dies wiederum könnte direkt in den nächsten Gesprächskomplex münden: Was Russland plant, sollte der Friedensprozess endgültig scheitern.

Neben der Beibehaltung des aktuellen militärischen Tempos könnte Russland seine Bodenoffensive auf weitere ukrainische Regionen ausdehnen, die bislang (noch) nicht offiziell beansprucht wurden. Parallel dazu könnte Trumps schleichende Einmischung in den Krieg eine Dynamik anstoßen, in der er – sei es als Bestrafung für das Scheitern der Gespräche oder als kalkulierte Eskalationsstrategie – bewusst zuspitzt. In einem solchen Szenario könnte Putin Xi um militärische Unterstützung oder zumindest um das Versprechen bitten, keine zusätzlichen Sekundärsanktionen zu verhängen.

Bislang hat China keine Waffen an Russland geliefert und hält sich informell bereits an gewisse Sanktionen, weil Xi eine direkte Konfrontation mit den USA vermeiden will. Doch angesichts von Trumps eskalierendem globalen Handelskrieg, der Chinas Aufstieg eindämmen soll, könnte Xi seine strategischen Überlegungen überdenken. Wenn er den Eindruck gewinnt, dass zunehmender wirtschaftlicher und militärischer Druck aus den USA ohnehin unvermeidlich ist, könnte er Putins hypothetischen Bitten nachgeben – aber nur dann, wenn der geopolitische Gewinn höher wäre als die Kosten einer verschärften US-Kampagne.

Im Gegenzug könnte Putin bereit sein, Xis angeblicher Forderung nach günstigeren Gaspreisen für die stockende Pipeline „Power of Siberia 2“ nachzukommen, ihm ähnliche Vorzugsbedingungen bei weiteren Rohstoffprojekten – etwa im Bereich seltener Erden – einzuräumen und auch die strategische militärisch-technische Zusammenarbeit auszuweiten. All das käme faktisch einer Vertiefung der russisch-chinesischen Partnerschaft gleich – allerdings zum Preis, dass Russland sich immer stärker in eine Juniorrolle gegenüber China begibt.

Putin würde ein solches Arrangement wohl nur in Betracht ziehen, wenn die Friedensgespräche scheitern und die USA tatsächlich „eskalieren, um zu deeskalieren“. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist das keineswegs ausgeschlossen – und genau deshalb könnten Putin und Xi in dieser Woche ein umfassendes Abkommen vorbereiten, das erst im Falle eines solchen Scheiterns in Kraft tritt.

Will Trump verhindern, dass Russland Chinas Aufstieg zur Supermacht aktiv unterstützt, müsste er die Ukraine dazu zwingen, größere Zugeständnisse zu machen – mit dem Ziel, den Krieg zu Bedingungen zu beenden, die für Putin akzeptabel sind.



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Von Veritatis

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