Moderator:
Angesichts der Tatsache, dass dieses „Primakow-Dreieck“ hier im Zentrum steht – kannst du uns genau erklären, welche Folgen Trumps Handlungen haben? Drängt er Russland, China und Iran enger zusammen, oder ist dieser Block ohnehin bereits vereint? Und auf welche Entwicklungen sollten wir achten, wenn sich diese Eskalationen fortsetzen?

Pepe Escobar:
Sie rücken definitiv zusammen – und das schon seit geraumer Zeit.
Jetzt erleben wir eine geoökonomische und geopolitische Konvergenz. Ich nenne das: den Trump-Zoll-Tanz, Seite an Seite mit der Drohung eines heißen Krieges gegen den Iran.

In geopolitischer Hinsicht ist das der wohl explosivste Moment seit Langem.
Es ist kein Zufall, dass wir damit ein neues Kapitel des entscheidenden Zusammenstoßes im 21. Jahrhundert aufschlagen. Bis vor Kurzem nannte ich es noch „NATO-Stan“ – aber das ist es nicht mehr. Jetzt ist es das nackte Imperium, das sich ohne Tarnung gegen die eurasische Integration stellt.

Das „Primakow-Dreieck“ steht symbolisch für:

  • die Integration Eurasiens,
  • die Führungsrolle in BRICS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit,
  • Infrastrukturkorridore,
  • die Unterstützung des Globalen Südens,
  • die Orientierung nach Osten – von Westasien über Südostasien, Südasien bis Zentralasien.

Dies ist ein Krieg des nackten Imperiums gegen dieses eurasische Konglomerat. Ein Angriff auf den Iran könnte der zentrale Auslöser sein – falls er kommt.
Das Primakow-Dreieck (Russland, China, Iran) hat die Aufgabe, dem „Zirkusdirektor“ klarzumachen – und das ist niemand, der liest oder denkt, geschweige denn Geschichte oder Anthropologie versteht –, dass sein „Deal“ nicht funktionieren wird. Sie versuchen ihm zu zeigen: Schau auf die Realität. Triff rationale Entscheidungen. Sie wollen ihm nichts verkaufen – sie wollen ihn zur Vernunft bringen.

Wir befinden uns an einem Wendepunkt: ein rohes, brutales, irrationales Imperium gegen den rationalen Prozess der eurasischen Integration.

Moderator:
Wir hatten doch gehofft, mit dem Ende der vorherigen Administration würde ein neuer Kurs beginnen …

Pepe Escobar:
Genau. In meinem letzten Buch beschrieb ich die „Crash-Test-Dummy-Administration“ – das war der alte Paradigmenkonflikt: NATO-Stan gegen Eurasien. Jetzt? Kein Paradigma mehr – nur noch Chaos.

Trump ist wie eine verrückte Taube, die das Schachbrett zerstört – in jedem Bereich.
Und in weniger als drei Monaten hat er bereits einen Krieg begonnen, einen weiteren angezettelt und den vorherigen nicht beendet. Der wahre ewige Krieg ist nicht der in der Ukraine – es ist der USA/Israel-Krieg gegen den Iran seit 1979. Das ist der zentrale Konflikt, der das Potenzial zur Apokalypse hat – und genau das scheint für bestimmte Akteure sogar wünschenswert zu sein.

Moderator:
Viele dachten, Trumps Isolationismus sei eine Abkehr von Eskalation.

Pepe Escobar:
Das Gegenteil ist der Fall. Trump vertritt eine Strömung in den USA, die glaubt, Amerika könne Russland, China und Iran allein besiegen. Schau dir J.D. Vance an – wie er in Grönland zu Truppen spricht: „Russland und China brauchen unseren Schutz, damit wir sie besiegen können.“
Das ist Größenwahn.

Moderator:
Was denkst du über diese Haltung?

Pepe Escobar:
Die US-Kriege gegen Russland oder den Iran ergeben aus nationaler Sicht keinerlei Sinn. Aber aus zionistischer Sicht? Da ist es alles, worum es geht – ein messianisches, apokalyptisches Denken, das bereit ist, alles niederzubrennen.

Diese Ideologie hat sich wie ein Krebs in die US-Politik und den kollektiven Westen hineingefressen.
Auf der anderen Seite stehen rationale Akteure:

  • Russland: will keine neue Imperien, sondern Stabilität.
  • China: will Handel mit der Welt, keinen Krieg.
  • Iran: will regionale Führungsrolle im Westasien – mehr nicht.
    Diese Staaten wollen frei sein von westlichen Sanktionen und ihr gewaltiges Potenzial entfalten – vor allem wirtschaftlich.

Demgegenüber steht ein irrationales, extrem manipulierbares, unsicheres US-Präsidentenamt, das von Spenderinteressen und Lobbys beherrscht wird – wir kennen ihre Namen.
Und wenn Trump den Krieg verkauft, wird er sagen: „Ich wollte ihn nicht – sie haben mich gezwungen.“ Wie ein Kind.

Moderator:
Also total irrational?

Pepe Escobar:
Ja. Europa steckt in einem irrationalen Dauerkrieg gegen Russland – das ist die Tragödie der Nach-Aufklärung und Nach-Renaissance. Auf der anderen Seite haben wir eine rationale Ordnung, die aus Fehlern lernt – wie China.
Es ist nicht nur ein geopolitischer Konflikt – es ist ein Kampf zwischen Vernunft und Wahnsinn.

Doch was ist die westliche Reaktion auf die Lage in Gaza?
Nichts. Absolute Normalisierung des Genozids. Und das ist der wahre Zustand des kollektiven Westens – das ist die Krankheit des Postmodernismus.

Moderator:
Ist das also einfach das Ende eines Systems?

Pepe Escobar:
Ja. Diese Geopolitik der Verzweiflung – das alles sind Verzweiflungsakte. Und wenn der große Krieg gegen den Iran kommt, wird es der letzte Beweis sein:
Die USA zerstören das Schachbrett, weil sie merken, dass sie ihre globale Vormachtstellung nicht mehr zurückbekommen – und ihr Flugzeugträger Israel in Westasien nicht mehr zu halten ist.
Eine weltweite Welle der Empörung wird folgen – und sie wird historisch sein.

Moderator:
Einige sagen, Russland, China und Iran würden gerade kapitulieren. Was sagst du?

Pepe Escobar:
Das ist Unsinn. Diese drei Mächte bringen Vernunft in ein entfesseltes System. Sie sind erfahrene Diplomatiemächte – ein echtes Gegengewicht.

Russland hat selbst in drei Jahren Ukraine-Krieg nie die Tür zur Diplomatie geschlossen – im Gegensatz zu Kiew, der EU und der letzten US-Regierung.

Doch nun ist es extrem schwierig:
Das Primakow-Dreieck versucht, dem irrationalen „Zirkusdirektor“ in Washington klarzumachen:
„Die Spiele von früher funktionieren nicht mehr.“

Trump wird es instinktiv vielleicht spüren – denken kann er nicht. Aber er könnte erkennen, dass der Preis zu hoch ist. Und vielleicht kann Putin ihn daran erinnern, warum man sich besser nicht mit Persien anlegt – 2.500 Jahre Geschichte lassen grüßen.

Es gibt noch einen Funken Hoffnung, dass die Vernunft sich durchsetzt.

Moderator:
Letzter Punkt: Diese Rationalität – sie ist auch in der Welt zu sehen, oder?

Pepe Escobar:
Absolut.
Wir sehen echte Veränderungen: Saudi-Arabien weigert sich, US-Kampfjets für Jemen zu betanken – dank der von China vermittelten Aussöhnung mit dem Iran.
Das ist ein gigantischer Wandel.

Doch wenn die USA diesen Block in einen Krieg zwingen, ist das Ergebnis klar: Atomwaffen, totale Zerstörung des Spiels. Das ist die Realität, in der wir stehen.

Moderator:
Letzte Frage: Zerstören sie das Schachbrett?

Pepe Escobar:
Ich glaube ja. Sie wissen, dass ihre Vormachtstellung verloren ist. Und bald wird es weltweiten Widerstand gegen den Genozid geben – die Rechnung kommt.
Wenn dieser Krieg kommt, ist es der letzte, verzweifelte Akt eines Systems, das weiß, dass es zu Ende geht.

Und es wird katastrophal. Das hier ist nicht Irak. Nicht Afghanistan. Nicht 2001. Nicht 1991.

Das ist 2025. Eine völlig neue Welt.



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Von Veritatis

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