Am kommenden Donnerstag soll es in den Friedensverhandlungen zum Ukraine-Krieg endlich klare Verhältnisse geben: An dem Tag reist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Türkei, um dort mit russischen Vertretern – nach eigenem Wunsch hin sogar mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich – über den Frieden in seinem eigenen Land zu verhandeln. Selenskyj, Trump und die EU kommen nach Monaten der Streitigkeiten endlich wieder auf einen Nenner und legen ihre Karten auf den Tisch.

Noch ist unklar, ob der russische Staatschef zu den Verhandlungen nach Istanbul fliegen wird – es wäre das erste Aufeinandertreffen, sogar das erste Gespräch zwischen Putin und Selenskyj seit Jahren. Das letzte Mal, dass sich die beiden getroffen haben, war bei einem Normandie-Format-Treffen im Dezember 2019.

Ein Aufeinandertreffen zwischen Selenskyj und Putin wäre ein Novum – schon allein deshalb, weil solche Friedensverhandlungen normalerweise zwischen Unterhändlern und nicht den Präsidenten eines Landes geführt werden. Putin hat den Vorschlag bislang auch ignoriert.

Doch im Westen erfährt die Idee breite Unterstützung: US-Präsident Donald Trump befürwortete etwa Selenskyjs Entscheidung und zieht sogar in Betracht, selbst nach Istanbul anzureisen. Der Republikaner möchte einen historischen Moment erzwingen: Die Staatschefs Russlands, der Ukraine und Amerikas in einem Raum würden Fernsehbilder für die Geschichte produzieren. Auch aus der EU erfährt der ukrainische Präsident Zuspruch.

Insbesondere, weil ein solcher Vorschlag unkonventionell ist, zeigt es: Der Westen ist sich einig, Selenskyj ist nun auch für Friedensverhandlungen unter allen Umständen und ohne Vorbedingungen bereit. Putin ist derjenige, der jetzt zeigen muss, ob er an Friedensverhandlungen wirklich interessiert ist. Denn der russische Präsident hat bislang zwar immer wieder betont, an einem Frieden interessiert zu sein, konkrete Angebote aber hatte er bisher immer auf Verweis auf westliche Vorbindungen abgelehnt.

Den 30-tägigen Waffenstillstand, den Trump und Selenskyj vorgeschlagen hatten, um Friedensverhandlungen zu gewährleisten, ignorierte der russische Präsident zuvor – trotz mehrfacher Angebote vonseiten der Ukraine. Ein ursprünglich von der Bundesregierung geplantes Ultimatum, das neue Sanktionen vorsah, falls Russland das Angebot nicht bis Montag annehmen würde, wurde von Merz wieder verschoben. Die Verhandlungen in Istanbul sollen nun ungehindert weitergehen.

Seit seinem Amtsantritt hatte US-Präsident Donald Trump die Ukraine massiv unter Druck gesetzt – setzte die Militärhilfen für das Land sogar kurzzeitig vollständig aus. Lange Zeit wirkte es so, als ob Amerikas Interesse eher daran lag, massiv Druck auf die Ukraine, nicht auf Russland auszuüben. Jetzt hat der US-Präsident Selenskyj und die EU von Verhandlungen ohne Vorbedingungen überzeugt – genau das wollte Putin eigentlich.

Plötzlich zögert der aber ernsthafte Friedensverhandlungen hinaus, stellt nun selbst neue Vorbedingungen, etwa, dass die Ukraine nicht mehr mit Waffen versorgt werden darf, obwohl er sich eigentlich zu bedingungslosen Verhandlungen bereit erklärt hatte. Einen Waffenstillstand lehnte er ab und schlug stattdessen die bereits erwähnten Gespräche in Istanbul vor. Doch als Selenskyj, auf Druck von Trump, dem Vorschlag zustimmte und ein direktes Treffen anbot, begann Putin erneut zu zögern. Es ist zunehmend unwahrscheinlich, dass er überhaupt anreisen wird.

Doch Putin läuft die Zeit davon: Der Westen hat seine Karten auf den Tisch gelegt. Selenskyj ist bereit für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Wenn Putin am Donnerstag der Einladung Selenskyjs nicht folgt oder nicht zumindest eine ernsthafte Vertretung entsendet, ist klar: An Friedensverhandlungen hat das Regime kein wirkliches Interesse. Geht er auf den Verhandlungsvorschlag, wider Erwarten, doch ein, könnte in Istanbul im Eiltempo ein dauerhafter Frieden in der Region ausverhandelt werden – die Fakten, roten Linien und Probleme sind beiden Seiten nach monatelanger Vorverhandlungen bestens bekannt.

So oder so werden am Donnerstag klare Verhältnisse geschaffen: Frieden oder kein Frieden – die Entscheidung dafür liegt zunehmend allein bei Putin. Entscheidet sich der russische Präsident dagegen, ist der Weg bereits vorgegeben. Wie Europa und Amerika bereits klargestellt haben, wird der Druck auf Russland dann noch weiter erhöht werden – neue Sanktionen werden bereits vorbereitet, erste neue Militärhilfen an die Ukraine wurden von der US-Regierung bereits genehmigt.

Sie haben brisante Insider-Informationen oder Leaks? Hier können Sie uns anonyme Hinweise schicken.





Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert