Erstmals seit den gescheiterten Friedensgesprächen im Frühjahr 2022 planen Russland und die Ukraine, direkt miteinander zu verhandeln. Trotz massiver Provokationen des Westens schickt Staatschef Wladimir Putin eine hochkarätige Delegation. Gelingt ein diplomatischer Durchbruch? Ginge es nach den EU-Eliten, würde der Krieg noch lange dauern.
von Max Hoppestedt
Es klang wie die Aufforderung zu einem Boxkampf: Der ukrainische Machthaber Wolodymyr Selenskyj polterte in Richtung Russland, dass sich Wladimir Putin am heutigen Donnerstag in der Türkei einfinden solle, um mit ihm persönlich Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand zu führen. Ein Verhalten, das allen diplomatischen Gepflogenheiten widerspricht, denn genau das ist der Job von Unterhändlern, die lange miteinander verhandeln, ehe die Staatschefs am Ende den fertigen Deal besiegeln. Aber es ist ohnehin fraglich, ob ein solcher Deal überhaupt im Interesse der Ukraine liegt oder die Hoffnung besteht, durch westliche Waffenlieferungen und Geldzahlungen nicht irgendwann doch Richtung Moskau zu marschieren.
Trotz dieser offenkundigen Provokation erteilte Putin dem Treffen in der Türkei jedoch keine Absage – möglicherweise, weil mit dem amerikanischen Außenminister Marco Rubio ein hochkarätiger Vermittler vor Ort ist, dem tatsächlich etwas an einem Ende des Krieges liegt. Die Trump-Regierung hat seit ihrem Amtsantritt keinen Zweifel daran gelassen, den Konflikt in der Ukraine schnell und dauerhaft beilegen zu wollen. Dass es überhaupt zu einem solchen Gesprächsformat kommt, dürfte maßgeblich den USA zu verdanken sein.
Putin schickt Top-Berater als Teil seiner Delegation
Russlands Delegation wird von Wladimir Medinski, einem der engsten Berater Wladimir Putins, angeführt, außerdem sind etwa Vize-Außenminister Michail Galusin, General Igor Kostjukow vom russischen Generalstab und der Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin mit dabei. Noch am Mittwochabend hatten die Delegationsteilnehmer ein vertrauliches Treffen mit Putin, um die Positionen für die Verhandlungen abzustecken. Ihnen gegenüber stehen, neben Selenskyj, der wahrscheinlich selber nicht unmittelbar an den Gespräch teilnimmt, Wassyl Maljuk, Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes, der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow und Generalstabschef Andrij Hnatow.
Widersprüchlich sind die bisherigen Angaben über den genauen Beginn der Gespräche. Ein Meldung, wonach bereits am Donnerstagnachmittag mit einem Beginn zu rechnen sei, wurde zwischenzeitlich dementiert. Viel Zeit dürfte aber nicht mehr vergehen, beide Delegationen sind bereits in der Türkei.
Seit Wladimir Putin im Sommer 1999 als weitgehend Unbekannter wie aus dem Nichts heraus auf der Weltbühne erschienen ist, rätselt man im Westen über seine wahren Absichten. Im Zuge der Ukraine-Krise erreichte das Rätselraten einen neuen Höhepunkt. In den Massenmedien wurde immer wieder von Journalisten, Osteuropa-Experten und Politikern eingestanden, dass keiner wisse, was Putin wirklich will, und dass »alle am Rätseln« seien. Dabei sagt Wladimir Putin in seinen Reden ziemlich klar, wie er die Welt sieht, was ihm an der internationalen und insbesondere an der Politik der USA missfällt, für welche Werte er steht und wo für ihn rote Linien verlaufen.
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