Mit dem “tiefen Staat” wollte sich die FPÖ beschäftigen, dazu hatte sie eine Sondersitzung im Nationalrat beantragt. Heute, Mittwoch, fand diese Sitzung statt, und wie angekündigt war Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) nirgends zu sehen. Er befindet sich im EU-Ausland – wo genau er ist, und was er dort tut, wollte er nicht verraten.
Pilnacek-Tod und Corona-Politik im Fokus
Inhalt des Untersuchungsausschusses sind unter anderem die Todesumstände von Christian Pilnacek und das diesbezügliche Verhalten der Polizei. Auch der Umgang mit Bürgern in Zeiten der Corona-Pandemie ist ein Schwerpunkt des Ausschusses. Zudem sollte der Bundeskanzler heute zum Thema Asyl- und Familiennachzug Stellung nehmen.
Was ist Kanzler wichtiger: seine Partei oder der Staat?
“ÖVP-Machtmissbrauch: Partei oder Staat, was steht bei Ihnen an erster Stelle, Herr Bundeskanzler?” heißt die dringliche Anfrage von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker an den Kanzler. Und darin geht es um einiges: Der wirtschaftlich und finanziell schlechte Zustand des Landes nach fünf Jahren schwarz-grüner Regierung soll ebenso beleuchtet werden wie die gesellschaftlichen Schäden durch den mutmaßlichen Machtmissbrauch der ÖVP. Auch die Spaltung der Gesellschaft durch das Vorgehen der Behörden gegen Kritiker der Corona-Maßnahmen wird hinterfragt. Außerdem soll im Untersuchungsausschuss geklärt werden, inwiefern die Versammlungsbehörden auf die Corona-Demonstrationen eingewirkt haben, wie regierungskritische Personen und Gruppen überwacht wurden und ob es Einfluss auf vorgeblich unabhängige Medien gab.
Hat ÖVP im Fall Pilnacek Einfluss genommen?
Bei den mehr als merkwürdigen Umständen des Todes von Christian Pilnacek, ehemaliger Sektionschef im Justizministerium, am 23. Oktober 2023 in einem Donau-Altarm bei Krems geht es unter anderem um die mangelhaften Ermittlungen zum angeblichen Suizid des mächtigen Juristen, die Kritik der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Vorgehen der Polizei und den weiterhin im Raum stehenden Verdacht, dass die ÖVP hier Einfluss genommen haben könnte.
Medienpolitik wird hinterfragt
Auch die Medienpolitik steht zur Diskussion: finanzielle Steuerung, Desinformation und die mögliche Einschüchterung von Journalisten sollen untersucht werden. Dass Österreich im internationalen Pressefreiheitsindex von “Reporter ohne Grenzen” in den letzten Jahren von Platz 16 auf Platz 34 abgerutscht ist, ist ja nicht ohne Grund passiert.
ÖVP beharrt auf Innenministerium, um Bürger zu überwachen
Die ÖVP will – wie sich bei den blau-schwarzen Regierungsverhandlungen klar gezeigt hat – das Innenministerium um jeden Preis behalten, dabei ist gerade dieses zentral für die Asyl- und Migrationspolitik verantwortlich. Anstatt endlich effektiv gegen illegale Massenmigration vorzugehen, plant man dort jedoch lieber die massenhafte Messenger-Überwachung der Österreicher. Zudem geht es um die finanzielle Förderung regierungsnaher Medien trotz angeblichem Sparzwang angesichts der katastrophalen Budgetlage.
Postenschacher bei der Volkspartei
Dann gibt es natürlich noch bekannte Fälle von ÖVP-Postenschacher: Magnus Brunner (ÖVP) wurde vom kläglich gescheiterten Minus-Finanzminister zum EU-Kommissar weggelobt, der abgewählte Ex-Kanzler Karl Nehammer wurde – ohne jede Qualifikation – für den Posten des Vize-Präsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) befördert, wobei sich diese Nominierung ohnehin als potentiell rechtswidrig erwies. Kurz darauf wurde der ehemalige ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll, verantwortlich für das Hypo-Alpe-Adria-Finanzdesaster im Jahr 2009, zum Präsidenten des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB) gemacht, zur gleichen Zeit ernannte man Sohn Alexander Pröll zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Ein Schelm, wem dazu der Begriff Nepotismus einfällt.
Die offengelegten Vorgänge sollen nach dem Willen der Freiheitlichen “transparent und objektiv” aufgearbeitet werden. Die zentrale Frage an den Bundeskanzler und ÖVP-Obmann: Dient die Politik der ÖVP dem Staat und seinen Bürgern oder den Interessen der Partei und ihrer Funktionäre?
