Folgendes soll sich zugetragen haben im Jahre 1969 in Staate Illinois am Mississippi. Jody, der Farmer, ackert gerade auf seinem Land herum, da rauscht und knallt es und ein unbekanntes Objekt fällt vom Himmel und bohrt sich neben seinem Traktor in die Erde. Jody rennt in die Stadt und erzählt es allen. Und dann geht was los.

Die Medien-Meute kommt angestürmt. Sie nennen Jody einen Nationalhelden, wollen ihn ins TV bringen. Hollywood macht dann einen epischen Kinofilm draus. Der Vatikan erklärt das Ereignis als Gotteszeichen. Vize-Premier Spiro Agnew nutzt es, die Einführung einer Mars-Steuer zu fordern. „Ronny the popular“ (Ronald Reagan), Gouverneur von Kalifornien, vermutet die Kommunisten dahinter. Das Weiße Haus will das Ding in den „Blue Room“ bringen lassen, der Vatikan reklamiert es für Rom. Doch Farmer Jody sagt: Es gehört mir. Ihr könnt es haben – für 17 Millionen Dollar!

Diese fiktive Geschichte wird in It Came Out Of The Sky (1969) erzählt, dem Song, den John C. Fogerty für seine damalige Band Creedence Clearwater Revival (CCR) geschrieben hat. Dass er aus der Sicht eines Farmers erzählt wird, ist typisch für den Frontmann.

John Fogerty: Kein Hippie, aber Nonkonformist

In kaum mehr als einem Jahr hatte die Band vier Alben voller Ohrwürmer und Hits herausgebracht und war damit eine der erfolgreichsten Rockbands der Welt geworden. Fast alle Songs schrieb Fogerty und arrangierte und produzierte sie auch. 1972, nach nur vier Jahren, brach die Band auseinander.

John Fogerty, geboren am 28. Mai 1945 in einem Hospital in Berkeley, California. Aufgewachsen in El Cerrito, in der kalifornischen Provinz, mit vier Brüdern und einer alleinerziehenden Mutter. Ein Junge, der sich von Anfang an gegen die Geringschätzung besser gestellter Mitschüler, Lehrer und anderer Autoritäten behaupten musste. Von Natur aus Nonkonformist, der seinen Individualismus trotzig praktizierte, statt ihn zu performen.

Was verbindet ihn mit Jim Morrison? Oder Mick Jagger? Nicht viel. Und mit all den Hippies schon gar nichts. Der Kalifornier Fogerty wollte nie einer von ihnen sein. Während Hippie-Helden wie Neil Young die Zustände in den Südstaaten kritisierten (Southern Man), klangen Fogertys Songs nach den Sümpfen in Louisiana. Nach Bayou-Country. Creedence Clearwater Revival war der Roots-Tradition nahe. Einer ihrer größten Hits, Proud Mary, wurde von Tina Turner interpretiert, über die er sagte, sie könne weiße Bluessängerinnen wie Janis Joplin und Grace Slick (Jefferson Airplane) „in Grund und Boden singen“. Er trat später als Support Act für sie auf.

Der Arbeiter unter den Popmusikern

Fogerty ist ein Arbeiter unter den Popmusikern und genauso wenig geschäftstüchtig wie die meisten Proleten. Saul Zaentz, der damalige Boss seiner Plattenfirma, drängte ihm einen Vertrag auf, der ihm die Rechte an seinen eigenen Songs wegnahm. Erst 2024 bekam er sie zurück. Einem Mick Jagger wäre sowas nie passiert. Fogertys Verachtung für die Bosse kommt also auch aus eigener Erfahrung.

Figuren wie Farmer Jody treten in vielen Fogerty-Songs auf. Der Sänger und Gitarrist steht damit in der Tradition der plebejischen amerikanischen Folkmusik. Schwarze Folkmusiker wie Leadbelly und weiße Countrysänger wie Hank Williams sind seine Inspiration. Besonders aber verehrt Fogerty den kommunistischen Singersongwriter Pete Seeger. In ihm sieht er ein Vorbild darin, wie das reiche Material des „Great American Songbook“ weiterzuentwickeln war.

„Trotzige Hymne der Arbeiterklasse“

Und wie es für den Widerstand der 99 Prozent gegen die Zumutungen des 1 Prozent der herrschenden Eliten in Politik, Militär und Wirtschaft genutzt werden kann. Bruce Springsteen, der immer mal wieder mit Fogerty zusammen auftritt, ließ sich davon zu seinem 2006er Album We Shall Overcome: The Seeger Sessions inspirieren.

Sein Song Fortunate Son könnte, wenn nicht schon 1968 geschrieben und aufgenommen, der Soundtrack der Occupy-Bewegung 2011 gewesen sein. Fogerty hatte ihn mit Dave Grohl (Ex-Nirvana) und seinen Foo-Fighters 2013 neu aufgenommen. Der Occupy-Unterstützer Tom Morello (Rage Against The Machine) nannte das Stück später „eine wütende, trotzige Hymne der Arbeiterklasse“.

Zur Vietnamkriegszeit singt Fogerty It aint me über die privilegierten Söhne von Millionären, Politikern, Generälen und anderen Bossen, die alle nicht in die Gefahr gerieten, nach Vietnam gehen zu müssen. Er selber hatte sich allerdings auch mit Tricks und Glück daran vorbeigemogelt. Vielleicht war ja das der Grund dafür, dass ein Georg Bush junior so ein großer Fan von CCR-Songs wurde. Auch dem wurde vorgeworfen, sich vor dem Kriegseinsatz gedrückt zu haben. Was ihn als US-Präsident nicht hinderte, seine Soldaten in den Irakkrieg zu schicken.

Ohne Silberlöffel in den Krieg

Fogerty schrieb darüber den Song Deja Vu (All Over Again) von 2004 und zog darin Parallelen zum Vietnamkrieg. Für den Sänger stand fest: Die Bosse schicken amerikanische Jungs, die eben nicht „mit einem Silberlöffel in der Hand“ geboren sind, für ihre Interessen in die Kriege weltweit. Gegenüber den GI’s, die dort die Köpfe hinhielten, äußerte sich Fogerty niemals abfällig.

Es ist eine Art plebejischer Patriotismus von unten, der sich hier zeigt. Das hat in Amerika Tradition, nach dem Motto: Wir sind ein tolles Land, wir müssen es schützen, gegen die da oben. John Fogerty steht damit in der Tradition von Woodie Guthrie (This land is your land) und von Bruce Springsteen (Born in the USA), auch wenn ihm zum konsequenten Klassenbewusstsein eines Pete Seeger noch ein Stück fehlt.

Diese Tradition des Patriotismus von unten wird gern auch demagogisch benutzt. Die US-Republikaner im Wahlkampf gegen Barack Obama hatten ihren „Joe the Plumber“, den sie vor den Zumutungen der Eliten schützen zu wollen vorgaben. Trump stellt sich erfolgreich als Freund der Arbeiterklasse dar. Und alle zusammen wähnen sich im freiesten Land der Welt, das zur Not auch mit Blut verteidigt werden muss und das Recht hat, die ganze Welt mit dieser Freiheit zu beglücken.

Solidarität für die 99 Prozent

Im Video zu Traveling Band (1970) sieht man Fogerty, in ein Battle Jacket der US-Army gewandet, mit seinen Bandmates an der Berliner Mauer herumhampeln. Rund 20 Jahre später stand „Ronny the popular“ – Ronald Reagan als Gegenspieler von Farmer Jody im anfangs beschriebenen Song It Came Out Of The Sky – als US-Präsident an derselben Stelle, um auszurufen: „Mr Gorbatchov, tear down this wall!“

Reagan war schon als Gouverneur von Kalifornien in den 1960er sehr populär, was auch an seiner aggressiven Polemik gegen die aufmüpfigen Studierenden von Berkeley lag. Der Gouverneur schickte die Nationalgarde gegen sie. Diese Aggressivität gegen missliebige intellektuelle Bewegungen an Unis – Déjà-vu.

Wem seine Solidarität in diesem Oben-gegen-unten gehört, das hat John Fogerty in vielen Songs und Statements ausgedrückt.

Zu seinem 80. geht der Mann nun wieder weltweit auf Tour. Die 99 Prozent werden ihm zujubeln. Happy Birthday!



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Von Veritatis

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