Es gibt Nachrichten, bei denen man instinktiv auf das Datum schaut, in der Hoffnung, es sei der 1. April. Leider ist es Juni, und doch geht auf X gerade ein TikTok-Video viral, das offenbar aus dem Umfeld von „Fridays for Future“ stammt. Es zeigt eine Gruppe junger Menschen in einer desolaten Halle beim kollektiven „Zähneputzen gegen rechts“. Kein Scherz. Kein Satireprojekt. Sondern ein ernstgemeinter Beitrag zum gesamtgesellschaftlichen Kampf gegen das Böse. Mit Bürste. Und Beipackzettel.
Das Video stammt zwar bereits aus dem Jahr 2024 – aber es ist zu bizarr, um es einfach unter den Tisch fallen zu lassen. Manches wird eben nicht schlechter, wenn es liegen bleibt. Und dankenswerterweise haben es jetzt die Kollegen von „Report24“ aus der virtuellen Versenkung gerettet.
Hinter der Aktion steht offenbar nicht einmal eine Organisation, sondern etwas viel Ehrlicheres: die unverblümte Selbstinszenierung eines Milieus, das seine eigene Abgehobenheit längst mit ironischer Ernsthaftigkeit verwechselt. Zähneputzen also – als Performance, als Haltung, als Beitrag zur Rettung der Welt. Man wünscht sich fast, es wäre ein Sketch von Loriot.
Zähneputzen gegen Rechts. 🤡
Was soll man dazu noch sagen? pic.twitter.com/A70RjgtBt5— Rolf 🇩🇪 🇳🇱 🇮🇹 🇪🇸 🇵🇹 🇬🇷 🇸🇪 🇩🇰 🇧🇪 (@___rolf___) May 20, 2024
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Die Vorstellung, man könne durch Zahnpflege ein politisches Zeichen setzen, wirkt wie ein Hilferuf: von Menschen, die spüren, dass ihre Parolen abgenutzt sind, aber noch einmal Bedeutung stiften wollen. Vielleicht gelingt es ja mit Pfefferminzaroma, was mit Argumenten nicht mehr klappt.
Die Szene passt aber erschreckend gut ins Zeitbild. Denn wir leben in einer Republik, in der mittlerweile alles politisiert wird – vom Gendersternchen bis zur Duschkopf-Durchflussmenge. Der „Kampf gegen rechts“ hat sich zu einem Selbstbedienungsladen für Absurditäten entwickelt, der keine Grenzen mehr kennt. Mal sind es Opern, mal Busfahrpläne, dann wieder Würstchenbuden, jetzt also Zahnpasta. Was kommt als nächstes? Spucken gegen rechts? Pinkeln für Toleranz? Oder das große „Durchfall gegen Faschismus“-Festival mit grüner Unterstützung?
Die Ironie dabei: Ausgerechnet bei jenen Milieus, die sich selbst als Speerspitze des Antifaschismus verstehen, ist Körperhygiene nicht immer erste Priorität. Wer einmal mit der Bahn zu einer Klima-Demo fuhr, kennt den Geruch des Fortschritts. Vielleicht ist die neue Zahnputzaktion also auch ein verdeckter Selbstheilungsversuch. Eine Art moralische Mundspülung mit Mehrwert.
Und was ist eigentlich mit links? Wo bleibt die Aktion „Haarewaschen gegen Stalinismus“ oder „Nagelpflege gegen Antifa-Gewalt“? Ach ja, das wäre ja Whataboutism. Ein Totschlagargument, das in genau jenen Kreisen erfunden wurde, die beim Zähneputzen jetzt Haltung zeigen wollen.
Die Verbindung von Körperpflege und politischer Gesinnung ist übrigens kein Zufall. Vor nicht allzu langer Zeit erschien eine Studie, laut der Menschen, die empfindlich auf schlechten Körpergeruch reagieren, eher „rechts“ stünden – und womöglich sogar Trump wählten. In der Logik dieser neuen Wissenschaft bedeutet das wohl: Wer sich wäscht und nicht stinkt, ist verdächtig. Oder umgekehrt: Wer sich konsequent nicht wäscht, ist links und progressiv.
Am Ende bleibt ein schaler Nachgeschmack – und der kommt nicht von der Zahnpasta, sondern von der Erkenntnis, wie sehr sich politische Debatten inzwischen in kindischen Ritualen erschöpfen. Wer meint, mit Zahnbürsten die Gesellschaft zu retten (und nicht nur die eigenen Zähne), hat entweder den Überblick verloren – oder war nie in der Lage, ihn zu gewinnen.
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Bild: Screenshot X
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