Leonore Gewessler hat mit ihrem Alleingang in Sachen Renaturierungsgesetz für einigen Unmut beim Koalitionspartner ÖVP gesorgt. Dort gab man offen zu, der damaligen grünen “Klimaministerin” nicht mehr zu vertrauen, zeigte sie sogar an – beließ sie aber trotzdem im Amt. Dann kamen noch mehrere gesetzlich festgelegte Straßenbauprojekte dazu, die Gewessler in ihrer Amtszeit als Ministerin einfach gestrichen hat, worin einige Juristen einen klaren Verstoß gegen das Bundesstraßengesetz sehen.

ÖVP will von Ministeranklage nichts mehr wissen

Den FPÖ-Antrag, Gewessler vor dem Verfassungsgerichtshof wegen der nicht weitergeführten Projekte anzuklagen, will man nicht unterstützen: Eine Ministeranklage werde man bei der Volkspartei nach jetzigem Stand nicht unterstützen, sagte ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti gegenüber der Kronen Zeitung. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker zeigte sich empört und sprach davon, dass eine “Systempartei” der anderen “die Mauer machen würde”, wenn es gegen die eigene Bevölkerung gehe.

Lange war die FPÖ mit dem Versuch, eine Ministeranklage gegen Gewessler zu erreichen, gescheitert. Dann sprach sich jedoch plötzlich Wolfgang Gerstl, Verfassungssprecher der ÖVP, dafür aus, dass man die Unterstützung des Antrags zumindest überlegen würde – jetzt ist klar: Daraus wird nichts. Marchetti meinte dazu, es wäre schlechter Stil, “Politik via Anklagen” zu machen.

Warum am Ende beide profitieren konnten

Aufmerksame Beobachter dürfte das kaum überraschen: Bereits im Juni 2024 erklärte Info-Direkt-Chefredakteur Michael Scharfmüller, warum sowohl ÖVP als auch Grüne von Gewesslers Verhalten in Sachen Renaturierung sogar profitieren würden.

Glaubwürdigkeitsgewinn für beide Seiten

So könnten die Grünen – damals wegen der Vorwürfe gegen die EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling schwer unter Beschuss – beweisen, dass sie den (vermeintlichen) Umweltschutz nicht nur über den Koalitionsfrieden, sondern auch noch über den Rechtsstaat stellen würden. Die ÖVP hingegen könnte durch einen klaren Bruch mit den Grünen ein Stück von der Glaubwürdigkeit zurückerlangen, die sie durch ihre langjährige “Wählertäuschung” verloren habe.

Schwarzer Peter für die Grünen

Zudem könnte man die Verantwortung für das besonders bei der bäuerlichen Wählerschaft unbeliebte Renaturierungsgesetz dem grünen Koalitionspartner zuschieben. So könne “Österreich dem Wunsch der EU nachkommen, ohne dass die ÖVP ihren Bauern direkt ins Gesicht spucken muss”. Vorteil für beide: Die Grünen könnten sich mit ihrem Kernthema in den Medien inszenieren, die ÖVP hätte davon zumindest eine “rhetorische Profilschärfung”.

Den Grünen hat der Renaturierungs-Zwist am Ende also nicht sehr geschadet, die mutmaßlichen Verstöße gegen das Bundesstraßengesetz wohl auch nicht – bei der ÖVP, damals noch unter Bundeskanzler Karl Nehammer, wäre ein vorzeitiges Ende möglicherweise die bessere Option gewesen.



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Von Veritatis

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