Wegen der Beleidigung als „Schwachkopf“ stellte Robert Habeck im vergangenen Jahr Strafanzeige – nach Paragraf 188 des Strafgesetzbuches, dem sogenannten „Politikerbeleidigungsparagraf“. Er stellte zahlreiche Anzeigen wegen Äußerungsdelikten – teils in absurden Beispielen. Jetzt sollte er selbst von so einem Verfahren getroffen werden, ihn schützt allerdings seine Immunität.
Der Süddeutschen Zeitung zufolge hatte Habeck im sächsischen Landtagswahlkampf in Dresden gesagt: „Sich (…) für seine Meinung bezahlen zu lassen, im Internet Stimmen zu kaufen, Troll-Armeen aufzubauen, eine Meinung gekauft zu bekommen: Das ist widerlich, und das gehört sich nicht, und wir wissen, dass AfD und BSW genauso bezahlt werden.“ Dafür musste er bereits eine Unterlassungserklärung unterzeichnen – jetzt sollte ein Ermittlungsverfahren folgen.
Am Donnerstag lehnte der Bundestag die für weiterführende Ermittlungen notwendige Aufhebung der Immunität von Habeck jedoch ab. Die Hintergründe blieben zunächst unklar, der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hatte lediglich empfohlen, „die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen das Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. Robert Habeck“ solle nicht erteilt werden.
Worum es in diesem angestrebten Strafverfahren geht, wollte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage nicht mitteilen. Nach Informationen von Apollo News hat die Staatsanwaltschaft Dresden den Fall übernommen. Welche Vergehen dem Grünen-Politiker konkret vorgeworfen werden, bleibt weiter unklar. Weder das BSW, noch Habeck oder die Staatsanwaltschaft antworteten gegenüber Apollo News auf eine entsprechende Anfrage.
Für das angestrebte Ermittlungsverfahren kommt vor allem die üble Nachrede nach Paragraf 186 des Strafgesetzbuches in Frage. Hier wäre eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren die Folge. Bei gegen Personen des politischen Lebens gerichteten Fällen kann üble Nachrede aber auch in Verbindung mit Paragraf 188 gebracht werden. Das ist der „Schwachkopf“-Paragraf, der das Strafmaß von Äußerungsdelikten erhöht, wenn sich diese gegen Politiker richten.
Für dieses Vergehen sieht das Strafgesetzbuch als Mindeststrafe sogar eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor – das kann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn eine Person nicht vorbestraft ist. Das wäre ein echter Hammer, denn bei einer Verurteilung wegen übler Nachrede wäre eine Bewährungsstrafe zwingend.Es ist allerdings nicht klar, ob Paragraf 188 auch wegen der Beleidigung einer ganzen Gruppe statt einer Einzelperson angewendet werden kann. Die Fachliteratur geht eher davon aus, dass man hier nicht von einer Gruppe auf eine Einzelperson rückschließen kann – insofern wäre eine Verurteilung nach Paragraf 188 eher unwahrscheinlich.
Vor einem weiteren Ermittlungsverfahren ist Habeck aber zunächst durch seine Immunität als Bundestagsabgeordneter geschützt. Nach Informationen von Apollo News hatte der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die dafür gegebene Empfehlung auch aus dem Grundsatz der Indemnität der Abgeordneten abgeleitet.
Auf der Seite des Bundestages heißt es dazu allgemein: „Indemnität bedeutet, dass Abgeordnete zu keiner Zeit wegen Abstimmungen oder Äußerungen im Bundestag, in der Fraktion oder in einem Ausschuss gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Parlaments zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Davon ausgenommen sind verleumderische Beleidigungen.“ Bei Äußerungen außerhalb des Bundestages kommt es rechtlich immer zu einer Einzelfallentscheidung über die Indemnität – es handelt sich also lediglich um einen unverbindlichen Grundsatz, den sich der Bundestag selbst gegeben hat.
Die Aufhebung der Immunität von Bundestagsabgeordneten ist in der Geschäftsordnung und dem Grundgesetz geregelt – und es ist auch in der Regel reine Formsache, die Immunität bei einem Antrag einer Ermittlungsbehörde anzunehmen. Andernfalls könnte der Eindruck entstehen, dass sich die Bundestagsabgeordneten willkürlich über das Gesetz stellen könnten.
Deswegen gibt es ein geregeltes Verfahren im Bundestag: Beantragen Ermittlungsbehörden oder Gerichte die Aufhebung, wird der Antrag an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung weitergeleitet, der dann eine Beschlussempfehlung an den Bundestag richtet.
Grundsätzlich sind Mitglieder des Bundestags nach Artikel 46 des Grundgesetzes für die Dauer ihres Wirkens immun. Aufgehoben werden kann das in gerechtfertigten Fällen. Die Staatsanwaltschaft Dresden sah einen solchen Fall offenbar vorliegen.
Die diesem Vorgang zugrunde liegende Aussage von Habeck war im Rahmen des Landtagswahlkampfes gefallen. Der Grünen-Politiker soll damit auf die Finanzierung des BSW abgezielt haben, weil die Partei „nicht die versprochene Transparenz hergestellt hat, woher die Gelder eigentlich kommen“, teilte damals eine Grünen-Sprecherin mit. Für russische Zahlungen an die Partei gibt es bislang aber keine Belege.
Sahra Wagenknecht hatte sich nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen über die Äußerung echauffiert und angekündigt, zu prüfen, ob die Partei juristisch gegen Habeck vorgehen könnte. Das BSW forderte daraufhin eine Unterlassungserklärung – Habeck lenkte ein und versprach, sich nicht erneut diesbezüglich äußern zu wollen.
Eine Anfrage von Apollo News ließ Habeck jetzt im Kontext der neuen Entwicklungen unbeantwortet.