„Härte statt Hygge“ heißt eine Reportage, die am 1. Juni in der ARD-Mediathek eingestellt wurde. Im Folgenden zwölf Gründe, warum sie ein schlechtes Schlaglicht auf den Zustand des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wirft. Und einer, warum sie trotzdem sehenswert ist.
1. Schon der Titel ist nicht originell. Bereits 2021 überschrieb „Der Spiegel“ einen Artikel über Dänemarks Asylpolitik so. 2023 benutzte „Die Zeit“ die Überschrift.
2. In der Dokumentation sieht man den Korrespondenten für Skandinavien und das Baltikum, Christian Blenker, beim Kuchenessen, Burgerbraten und Basketballspielen. Zudem spricht er zwischen den Bildern und Interviews seine Meinung direkt in die Kamera. Zum Beispiel so: „Ich bin skeptisch.“ Das alles ist komplett überflüssig. Der Zuschauer ist mündig und will sich seine eigene Meinung bilden. Blenker ist übrigens nicht irgendwer im NDR: Vor seiner Zeit in Stockholm leitete er von 2016 bis 2020 die Intendanz.
3. Dazu kommen zweifelhafte Aussagen von Blenker. Im Handballverein behauptet er, dass nur dänische Jugendliche dort spielen könnten. Das ist falsch. Auch Menschen mit Migrationshintergrund finden im Sport eine Heimat und können sich dort integrieren.
4. Dänemark sei „früher ein sehr liberales Land“ gewesen, so die ARD. Damit suggeriere sie, dass Dänemark das nun nicht mehr sei. Der „Rechtskonservatismus“ sei „normalisiert“ worden, behauptet die dänische Politikwissenschaftlerin Marlene Wind. Und genauso hat man den Film auch beworben und so wird er verstanden. So schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Rezension: „Die ARD-Doku […] zeigt jedoch das fremdenfeindliche Gesicht Dänemarks.“ Dänemark betreibe eine „ethnische Homogenisierung“ und habe „Torschlusspanik“.
Das ist irreführend: Dänemark ist in vielerlei Hinsicht ein sehr liberales Land. Weltweit war es das erste, welches 1989 die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erlaubte. Noch immer wird das Land von homosexuellen Paaren im Ausland bevorzugt, weil die Hochzeit hier schnell und unbürokratisch abläuft. Aber auch, um sich ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen, reisen Deutsche nach Dänemark. Denn die Gesetzgebung ist hier viel liberaler, eine künstliche Befruchtung steht dort jedem ohne Einschränkungen offen. Auch Schwangerschaftsabbrüche sind in Dänemark straffrei – im Gegensatz zu Deutschland.
5. Gleich zweimal wird das sogenannte „Schmuckgesetz“ erwähnt. Es besagt, dass Flüchtlingen Bargeld und Wertgegenstände von mehr als 10.000 Kronen (1.340 Euro) abgenommen werden, um damit ihren Unterhalt zu finanzieren. Dabei wurde es innerhalb von sechs Jahren nur 17 Mal angewandt. Nicht erwähnt wird, dass auch andere Länder wie die Schweiz Flüchtlingen bei der Einreise Bargeld abnehmen und dies auch in Bayern und Baden-Württemberg bereits mehrfach vorkam, und zwar schon bei kleineren Summen.
6. In der Dokumentation wird eine deutsche Familie gezeigt, die nun nach Dänemark gezogen ist, weil sie sich in Berlin nicht mehr sicher fühlte. Da ist Autor Blenker „platt“ und bezeichnet sie als Migranten, die sich nun auch „integrieren“ müssten. Ganz so, als ob es keinen Unterschied macht, ob man aus dem Bürgerkrieg im arabischen Aleppo flieht oder im Rahmen der EU-Freizügigkeitsrichtlinie seinen Wohnort von Berlin in den Süden Dänemarks verlegt und sich dort ein Haus kauft, um ein Bed and Breakfast zu betreiben.
Ærø ist 30 Kilometer lang und 6 Kilometer breit, ein Urlaubsidyll mit rund 6.000 Einwohnern. Ist es wirklich eine Strafe, dort zu leben, wenn man vor dem Bürgerkrieg in Syrien flieht und Asyl beantragt? Weiter heißt es, Mustafa, Alaas Mann, arbeite „hart“. Dazu schneidet der Mann mit der elektrischen Heckenschere ein Gebüsch im Garten. Danach macht er vermutlich wie die meisten Dänen um 16 Uhr Feierabend. In jedem Fall passt die Behauptung in das Bild, welches die ARD von den Migranten zeichnen möchte.
8. Bei einem Bericht über das sogenannte Ghetto-Gesetz am Beispiel des Viertels Gellerup in Aarhus formuliert Blenker plötzlich vorsichtig im Konjunktiv: „Sie gelten als Brennpunkte.“ „Hohe Arbeitslosigkeit und wenig Bildung“ sollen Gründe sein. „Lange sollen hier kriminelle Banden das Sagen gehabt haben“, sagt die ARD. Ein Bewohner, ein Palästinenser aus dem Libanon, beschwert sich, dass sie ausziehen sollen, auch wenn sie dafür eine Ersatzwohnung erhalten, das sei „rassistisch“.
Die Fakten: Der Ausländeranteil in Gellerup betrug 84 Prozent, als man beschloss, etwas dagegen zu unternehmen. Laut dem dänischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen „TV2“ lebten dort allein 60 Familien, in denen ein Mitglied mindestens fünfmal im Jahr wegen diverser Verbrechen angeklagt wurde. Aus den 600 Plattenbauwohnungen macht eine Privatgesellschaft nun 750 schöne neue Wohnungen.
9. Immer wieder wird die „harte“ dänische Asylpolitik beschrieben. Dazu gibt es weinende Migranten zu sehen, unter die Bilder wird sentimentale Klaviermusik gelegt. Was nicht gesagt wird: Mit dieser Politik gelang es den regierenden Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen, die nationalkonservative-rechtspopulistische Dänische Volkspartei von 21,1 Prozent bei der Wahl 2015 auf 2,6 Prozent bei der Wahl 2022 zu drücken.
Der Protagonist Farhad Rostami aus dem Iran wird begleitet. Er darf jeden Tag das Zentrum verlassen, muss nur zum Schlafen zurück. Man sieht ihn später einen Vortrag im Parlament in Kopenhagen halten. Warum der Asylantrag des Kurden abgelehnt wurde, erfährt man leider nicht. Trotzdem darf er sagen: „Wir sind hier eingeschlossen. Ohne Möglichkeiten … Du bist kein freier Mensch. Wir sind gezwungen, hierzubleiben, ohne Zukunft. Ich bin denen hier völlig egal. Ich bin nur ein Stück Fleisch, das hier rumläuft.“
Zur Einordnung: Kærshovedgård ist eines von zwei Ausreisezentren in Dänemark. Gerade einmal 408 Personen warten dort auf ihre Ausreise. Es sind Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde oder die schwere Straftaten begangen haben. Aus einer Antwort des Ausländer- und Integrationsministeriums auf eine Parlamentsanfrage ging 2021 hervor, dass 11.790 Urteile gegen die damals 138 Bewohner von Kærshovedgård vorlagen, vor allem Verstöße gegen die Aufenthalts- und Meldepflichten. Hinzu kommen 382 Urteile wegen schwerer Straftaten.
11. Falsche Übersetzung: Die Aktivistin Rikke Gomez sagt: „Und als ich von den Zuständen dort erfahren habe, war ich schockiert. Allerdings: Gomez benutzt das „overrasket“, das bedeutet „überrascht“. Schockiert würde „chokeret“ lauten – ein Unterschied.
12. Das Fazit von Blenker kommt ganz am Ende: „Lässt sich das alles auf Deutschland übertragen? Ich bin da ehrlich gesagt skeptisch.“ Angeblich seien die Unterschiede „sehr groß“. Weil Dänemark „klein“ sei und „kaum Grenzen“ habe, Deutschland liege dagegen „mitten in Europa“ und habe „mehr Grenzen“. Es gebe ohnehin „keine einfachen und schnellen Lösungen in der Migrationspolitik“, das habe ihm der Fall von Farhad gezeigt. Ein Einzelfall steht hier also für das Grundsätzliche. Beim Thema Kriminalität wird gern andersherum argumentiert.
Warum ist die Dokumentation im „Ersten“ trotzdem sehenswert? Weil das Thema so relevant ist und viele der gezeigten Bilder und Töne selten in Deutschland zu sehen sind und diskutiert werden. Denn viele Deutsche werden nach Ansicht des Films ein ganz anderes Fazit ziehen als die ARD – für sie ist die dänische Migrationspolitik sehr wohl ein Vorbild.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.