Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Ist der Deutsche Bundestag, die Versammlung der frei gewählten Repräsentanten des Volkes, da, wo das Hochamt der Demokratie zelebriert werden sollte, geeignet als Tummelplatz für mäßig begabte Polit-Darsteller, die statt ihren Job ordentlich zu betreiben, Effekthascherei veranstalten?
Das mit den mäßig begabten Polit-Darstellern lassen wir hier jetzt mal beiseite, denn – was gern vergessen wird – diese Leute sind gewählt. Von uns allen. Und wer millionenfach Grüne und SED wählt, der sollte sich anschließend nicht beschweren, dass er Grüne und SED bekommt!
Mit Frau Reichinnek und ihrem erfolgreichen TikTok-Wahlkampf haben wir uns hier bereits beschäftigt. Ob sie wohl immer noch Migräne hat und plant, die staatlich zu 100% im Besitz des Bundes befindliche Deutsche Bahn endlich zu verstaatlichen?
Nur die Besten überall
Oder erinnern Sie sich an das Tanzvideo von einer Handvoll junger FDP-Abgeordneter auf dem Weg zur Abstimmung über die Abschaffung des § 219a Strafgesetzbuch – wo es um Werbung für Abtreibungen geht. Ausgerechnet zu diesem Anlass tanzen fünf junge Liberale mit Masken und Sonnenbrillen zu dem Song »Short Dick Man« durch einen Gang des Hohen Hauses.
„What in the world is that fucking thing?
Do you need some fucking tweezers to put that little thing away
That has got to be the smallest dick
I have ever seen in my whole life
Get the fuck outta here:“
So sind sie, manche unserer Volksvertreter, die über Krieg und Frieden entscheiden, über Wohlstand und soziale Absicherung. Wie gewählt, so geliefert…
Es dauerte zähe 14 Stunden, bis sich die FDP-Fraktionsführung entscheiden konnte, den Clip wieder zu löschen. Wenigstens korrigierte der Wähler mit seiner Entscheidung Anfang dieses Jahres, die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern zu lassen, die parlamentarische Existenz im Bundestag vorerst.
Nun kommt Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) mit einem neuen Thema.
Dazu muss man sagen, dass Frau Klöckner, Tochter eines Winzers aus Bad Kreuznach und auch schon mal Bundeslandwirtschaftsministerin, im neuen Amt an der Spitze des Parlaments bisher einen vorzüglichen Job macht. Jedenfalls bringt sie frischen Wind ins Präsidium.
Und sie sorgt sich zurecht um die Würde des Hauses.
„Das Parlament ist kein Laufsteg“, sagte Klöckner dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Und: „Wenn wir vom Hohen Haus und seiner Würde sprechen, dann muss man nicht so angezogen kommen, als wolle man zum Sport oder das Zimmer tapezieren. Dass wir über so etwas überhaupt sprechen müssen, zeigt doch, wie die Institution Bundestag ausgetestet wird.“
Das ist wahr, wenn man sich in dem, was man tut, selbst nicht ernst zu nehmen scheint, dann darf man auch nicht erwarten, dass das Publikum draußen das macht. Das Tragen einer Baskenmütze bei einem Abgeordneten der Linkspartei im Plenarsaal hatte Klöckner zuletzt gerügt: „Wenn ich diese Mütze durchgehen lasse, kommt der nächste mit einer Golfkappe und der dritte mit einem Stahlhelm. Das gehört sich schlichtweg nicht!“
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal the-germanz.de erschienen.
Bild: Screenshot X
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