Noch vor der Sommerpause will die Bundesregierung mit einem „Investitionsbooster“ die lahmende Wirtschaft ankurbeln. Das Problem: Er und weitere geplante Maßnahmen werden zu milliardenschweren Steuerausfällen bei Ländern und Kommunen führen. Die fordern einen Ausgleich.

Vor dem Treffen der Länder-Ministerpräsidenten mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch ist jedoch noch keine Lösung in Sicht.

Klingbeil rechnet für Mittwoch nicht mit Einigung

Im Streit zwischen Bund und Ländern um einen Ausgleich für geplante Steuerentlastungen rechnet Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch in Berlin noch nicht mit einer gemeinsamen Lösung.

„Wir werden das in dieser Woche noch nicht abschließend klären“, sagte Klingbeil am Montagabend bei einer Veranstaltung der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf. „Aber es ist klar, dass wir ein milliardenschweres Programm auf den Weg bringen.“

Was plant die Bundesregierung?

Auf Vorschlag der Bundesregierung haben die Regierungsfraktionen Union und SPD Anfang Juni einen Gesetzentwurf „für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ in den Bundestag eingebracht.

Ein Kernpunkt ist ein zeitlich begrenzter „Investitionsbooster“ für Unternehmensinvestitionen. In den Jahren 2025, 2026 und 2027 können Firmen demnach bewegliche Wirtschaftsgüter mit jeweils bis zu 30 Prozent von der Steuer absetzen.

Danach soll ab 2028 schrittweise die Körperschaftssteuer von derzeit 15 auf zehn Prozent gesenkt werden. Sie soll dabei bis 2032 um jährlich einen Prozentpunkt verringert werden. Hinzu kommen noch eine erweiterte steuerliche Begünstigung von Elektro-Dienstwagen sowie die Erhöhung der steuerlichen Forschungsförderung.

Wie hoch sind die Steuerausfälle?

Insgesamt ergeben sich laut Gesetzentwurf zwischen 2025 und 2029 für Bund, Länder und Gemeinden Steuerausfälle von mehr als 48 Milliarden Euro. Länder und Kommunen müssten davon zusammen gut 30 Milliarden Euro tragen, die Kommunen alleine 13,5 Milliarden.

Was fordern die Länder?

Sie begrüßen grundsätzlich die Pläne zur Wirtschaftsförderung. In einer Stellungnahme vom Freitag warnen sie aber, „dass der Gesetzentwurf eine andauernde Beeinträchtigung bei der Finanzierung der notwendigen Aufgaben von Ländern und Kommunen bewirkt“.

In vielen Kommunen drohten „Einschränkungen bei der kommunalen Daseinsvorsorge und notwendige öffentliche Investitionen werden erschwert“. Die Länderkammer verlangt nach dem Motto „Wer bestellt, bezahlt“ deshalb vom Bund „eine Verständigung über einen Ausgleich dieser Mindereinnahmen“.

Wie hoch sind die Einigungschancen?

Am Mittwoch wird kein Durchbruch erwartet. Die Positionen liegen noch zu weit auseinander. Während von Länderseite vielfach eine höhere Beteiligung an den Einnahmen aus der Umsatzsteuer verlangt wird, zielen Vorschläge des Bundes eher darauf, Kommunen befristet und direkt mit Hilfen in bestimmten Bereichen unter die Arme zu greifen – etwa bei Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels oder bei der Sanierung von Sport- und Kultureinrichtungen.

Diskutiert wird auch über eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Unterkunft bei Beziehern von Grundsicherung, dem bisherigen Bürgergeld.

Bis wann muss die Einigung stehen?

Die Bundesregierung will das Gesetz noch vor der Sommerpause in Kraft setzen. Zieldatum ist dabei die Bundesratssitzung am 11. Juli, wo das Vorhaben abschließend verabschiedet werden soll.

Gibt es bis dahin keine Einigung, könnte die Länderkammer den Vermittlungsausschuss anrufen. Dann läge der von der Regierung versprochene Wachstumsbooster vorerst auf Eis.

Das von Merz und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) angekündigte Aufbruchssignal an die Wirtschaft würde damit auf sich warten lassen.

Wie sieht es mit weiteren Maßnahmen der Bundesregierung aus?

Im Koalitionsvertrag sind weitere Maßnahmen geplant, die gleichfalls Auswirkungen auf die Finanzen von Ländern und Kommen haben würden. Dazu gehört etwa die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie, die höhere Pendlerpauschale und die Wiedereinführung der vollständigen Agrardiesel-Rückvergütung für Landwirte. Diese Maßnahmen sollen am 1. Januar 2026 greifen.

Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU) verlangte, dass solche Beschlüsse des Bundes künftig automatisch kompensiert werden. Der Grundsatz, „Wer bestellt, zahlt“ müsse stärker gelten als bislang, sagte er der „Rheinischen Post“ vom Montag. „Dazu brauchen wir am nächsten Mittwoch erste konkrete Vorschläge.“

Ähnlich äußern sich die Länder in ihrer Stellungnahme. Der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ – im Fachjargon „Veranlassungskonnexität“ – müsse „bei allen Gesetzesvorhaben des Bundes konsequent angewendet“ werden. (afp/red)



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Von Veritatis

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